Nachrichten aus 20 Jahren Frauenhausarbeit im Kreis Soest

1990
Am 1. Mai, eröffnet die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen das erste Frauenhaus in Soest. Schon am gleichen Tag flüchten drei Frauen mit ihren Kindern in das Schutzhaus. „Seit Monaten warten wir auf diesen Augenblick“, so berichten sie.

„40 Jahre Schläge sind genug“, auffallend viele Frauen über 60 flüchten aus langen Gewaltbeziehungen ins Frauenhaus. Die Mitarbeiterinnen sprechen von einem Merkmal der ländlichen Struktur, die die Ideologie der heilen Familie hochhält.

1991
„Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt“, so schildert eine neue Bewohnerin ihre Flucht ins Frauenhaus. Sie hoffe, so die 32jährige Berlinerin, dass der Aufenthalt im Frauenhaus zu einem biografischen Wendepunkt würde.

1992
„Die bei uns lebenden Kinder sind immer selbst von Gewalt betroffen“, so die Erzieherin des Frauenhauses. „Die Arbeit mit den Kindern hat bei uns einen wesentlichen Schwerpunkt im aktiven Kinderschutz.“

1993
„Die Angst bleibt“ auch nach Wochen im sicheren Frauenhaus leben die Frauen in Furcht vor dem Misshandler. Die Mitarbeiterinnen begleiten zu Gerichten und Vernehmungen.

1994
Steigender Anteil von Frauen mit Behinderungen im Frauenhaus! Gewalt geht häufig von den Eltern aus. Obwohl nicht behindertengerecht, bietet das Frauenhaus den ersten Schutz und die erste Hilfe.

1995
startet eine Selbsthilfegruppe für Frauen mit Gewalterfahrungen. Mit Begleitung einer Mitarbeiterin des Frauenhauses tauschen sich betroffene Frauen aus und unterstützen sich. „Es tut mir gut, ich fühle mich nicht mehr so allein und hilflos“, berichtet eine Frau aus der Gruppe.

1996
Deutschkurs als erster Schritt in die Selbständigkeit. „Ohne den Sprachkurs im Frauenhaus, wäre ich nicht so weit gekommen. Es hat mir gezeigt, dass ich noch etwas leisten kann, ich mache im Moment sogar eine Ausbildung“, so eine Teilnehmerin.

1997
„Ohne Rechte, ohne Geld, ohne Sprache“, Migrantinnen sind nicht mehr gezwungen bei dem gewalttätigen Ehemann zu bleiben. Die Änderung des §19 Ausländergesetz sichert ein eigenes Aufenthaltrecht zu.

1998
„Der Beratungsbedarf von Gewaltbetroffenen steigt unaufhörlich.“ Die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses stellen den neuen Arbeitsbereich „Ambulanz bei häuslicher Gewalt“ vor. Frauen, die nicht im Frauenhaus wohnen, können die Dienstleistungen des Hauses in Anspruch nehmen.

1999
Junge Muslima konnte sich aus Zwangsehe befreien! „Mit 14 wurde ich von meinen Eltern verheiratet, im Frauenhaus kann ich zum ersten Mal über mich selbst bestimmen, aber die Angst bleibt!“, so berichtet die junge Türkin.

2000
„Mit meinem Auszug aus dem Frauenhaus fingen die Probleme erst an!“, so die Aussage eines Stalkingopfers. Die Mitarbeiterinnen bieten nachgehende Beratung für ehemalige Bewohnerinnen, Unterstützung und Begleitung zu Polizeivernehmungen und Gerichtsverfahren.

2001
„Wir stellen nur die Spitze des Eisberges dar, alle Mitarbeitenden im öffentlichen Raum haben mit Gewaltopfern zu tun.“ Auf Initiative des Frauenhauses werden im Kreis Soest die ersten Kooperationsrunden gegen häusliche Gewalt gegründet.

2002
Das Gewaltschutzgesetz tritt in Kraft! Die Frauenhausmitarbeiterinnen informieren betroffene Frauen in der ambulanten Beratung über Möglichkeiten des GSG!

2003
Gewalt hat viele Gesichter! In einem der reichsten Länder leben ca. 1,9 Millionen Kinder unterhalb der Armutsgrenze!

2004
Eine wissenschaftliche Studie der Bundesregierung gibt den Frauenhäusern recht: häusliche Gewalt ist das häufigste und schwerste Gewaltdelikt; jede 4. Frau und jedes 3. Kind ist von häuslicher Gewalt betroffen!

2005
Die Hartz IV-Reform tritt in Kraft! Die Mitarbeiterinnen unterstützen und begleiten bei der Antragstellung von SGB II - Leistungen. „Viel Geld ist es nicht, aber zum ersten Mal seit Jahren kann ich es mir selbst einteilen!“, so die Aussage vieler Frauen.

„Zerstörung von Leben - Kinder in familiären Gewaltverhältnissen.“ Zur 15-Jahr-Feier setzt das Frauenhaus den Schwerpunkt auf Prävention im Kinder- und Jugendbereich.

2006
Landesregierung beschließt Kürzung von Personalzuschüssen in Frauenhäusern um 30%. Proteste verliefen ohne Erfolg. Personalabbau in vielen Häusern ist die bittere Folge.

2007
„Als ich 18 wurde, konnte ich gehen.“ - Immer mehr junge Frauen suchen vor der erlebten Elterngewalt den Schutz des Frauenhauses. Maßnahmen der Jugendhilfe werden von ihnen nicht angewendet.

2008
Die Ausstellung zur häuslichen Gewalt, Rosenstraße 76, kommt im Frühjahr durch die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen nach Soest. Über 50 Verbände, Gruppen und Institutionen beteiligen sich an den Aktionswochen gegen häusliche Gewalt.

2009
„Schwere Wege leicht machen“
Von Gewalt betroffene Frauen und Kinder dürfen nicht länger durch unzureichende Finanzierung von Frauenhäusern zusätzlich gefährdet und belastet werden. Die NRW-Frauenhäuser starten eine Kampagne gegen die Tagessatzfinanzierung.

2010
„In der Bewegung bleiben“
Unter diesem Motto begeht das Frauenhaus Soest sein 20 jähriges Bestehen. Durch Kontinuität und Flexibilität hat sich das Frauenhaus als frauenspezifische Einrichtung etabliert.

Das Frauenhaus ist flexibel und passt sich gesellschaftlichen Veränderungen an. Trotzdem bleiben wir ein Krisenhaus; Tag und Nacht können Sie uns unter der Nummer 17585 erreichen!