Begrüßung durch Angelika Weigt-Blätgen,
leitende Pfarrerin der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Schon fünf Jahre – wie die Zeit vergeht – das mögen die einen oder anderen unter Ihnen gedacht haben, als Sie die Einladung zum heutigen Jubiläums-Sommerfest erhalten haben. Erst fünf Jahre - mögen wiederum andere überlegt haben. Mit dem Hanse-Zentrum ist es so, als würde es immer schon hierher gehören. Uns in der Frauenhilfe geht es ähnlich.

"Unsere Hanses" sind ein fester Bestandteil unseres Verbandes – so, als hätten sie schon immer zu uns gehört. "Unsere Hanses" – das sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier im Haus, ohne deren Engagement, Ideenreichtum, Fachlichkeit, Bereitschaft zur Innovation und Weiterbildung das Hanse-Zentrum nicht zu denken wäre. "Unsere Hanses" sind selbstverständlich auch die Bewohnerinnen und Bewohner, die zum Teil schon fast fünf Jahre hier leben und die sich noch an die Zeiten erinnern, als sie hier 2 oder 3 Mitarbeitende nur für sich hatten und mit Blumen begrüßt wurden. Die Herzlichkeit hat sich seither nicht geändert… Als wir am 9. Februar 2012 Richtfest gefeiert haben und am 6. Oktober 2012 die Einweihung, da haben wir formuliert, was uns wichtig ist und was wir jeden Tag umzusetzen versuchen.

"... Eure Alten sollen Träume haben" – so heißt es in einem prophetischen Buch der Bibel über die Zeit, wenn der Geist Gottes zu den Menschen kommt. Träume, Visionen, Wünsche sollen alle haben: Alte und Junge, ganz unabhängig von sozialem Status, Bildung und Verdienst. Und die Alten sollen Träume haben, die sonst eher den Jungen zugestanden werden. Wenn also Menschen hierher kommen "zu guter Letzt", dann wünschen wir sehr und tun viel dafür, dass für "Träume" Zeit und Raum bleibt, dass es eine gute Zeit ist – unabhängig davon, wie lange sie dauert.

Wir wünschen und tun viel dafür, dass die Blicke nach vorne und nach oben gehen, nicht nur nach rückwärts. Jede und jeder hier bringt ihre und seine Geschichte mit. Diese Geschichte möchten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so gut wie möglich verstehen, aber dann geht es um die Gestaltung der Gegenwart und der Zukunft, dann geht es um die Träume und darum, "den Himmel offen zu halten" für Neues, für Überraschendes.

Mir fallen dazu immer wieder zwei Geschichten ein und ich bin sicher, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnten mit solchen Geschichten ganze Buchbände füllen. Eine sehr alt gewordene Schwester unserer Schwesternschaft nahm an einer Andacht teil. Die Vikarin hatte auf jeden Platz in der Kapelle ein Röhrchen mit Seifenblasen gelegt. Es ging um schöne Momente, Farben im Sonnenlicht, Freude auch am kurzen Glück. Aber als sie dann die ersten Seifenblasen erfolgreich in die Luft pustete, war sie gerührt und begeistert: "Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich noch einmal so etwas Schönes mache."

Die andere Geschichte: Eine Bewohnerin saß vor einer ausgerollten Tapete, die sie alleine oder mit anderen zusammen gestalten konnte. Zur Auswahl standen Wachsmalstifte, Buntstifte, Wasser- und Fingerfarben. Sie war unschlüssig, ob sie überhaupt malen sollte und wenn ja, womit. Schließlich entschied sie sich für Fingerfarben und war irgendwann beinahe bis zu den Ellbogen voller Farbe. "Wie sehr hätte ich mir als Kind gewünscht, mal so rumschmottkern zu können. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich das noch einmal mache."

"... Eure Alten sollen Träume haben" – Sie sollen hier ein Heim haben, eine Heimat, Zu-Hause-Sein, hier, mit ihren Ängsten und Sorgen, mit ihrer Trauer um Vergangenes, aber eben auch mit den vielen "das hätte ich nie gedacht". Jede und jeder soll hier ihre und seine Lieblingsecke finden, hier soll sich zusammenfügen, was ein Leben bis zum "guten Schluss" ausmacht.