Grußwort von Superintendent Michael Krause, Kirchenkreis Herford

Sehr geehrte Frau Schnittker,
sehr geehrte Frau Weigt-Blätgen,
liebe Birgit Reiche,
liebe Mitarbeiterinnen von Nadeschda!

Ich freue mich, mit Ihnen das 20jährige Bestehen von Nadeschda feiern zu dürfen und Ihnen einen kurzen Gruß für den Evangelischen Kirchenkreis Herford und die anderen ostwestfälischen Kirchenkreise sagen zu können.

In der Runde heute wird das große Netz von Verantwortlichen, von in der Beratung Tätigen, von Unterstützenden, von Expertinnen, von geschwisterlich verbundenen Menschen deutlich, das sich mit Nadeschda verbindet.

Ein Hoffnungsnetz ist es, das sich in den zurückliegenden 20 Jahren gebildet hat, fest geknüpft und tragfähig. Angestoßen besonders von der Frauenhilfe in Westfalen.

Der Name Nadeschda weist auf die Herkunftsländer der Frauen hin, die man vor 20 Jahren im Blick hatte. Die Zeit, nachdem der Eiserne Vorhang sich geöffnet hatte und die Grenzen von Ost nach West durchlässig geworden waren.

Die Lage der Welt hat sich in den zwei Jahrzehnten tiefgreifend verändert. Neue Wanderungsbewegungen sind hinzugekommen. Damit aber gilt die Beratung nun auch Frauen aus ganz anderen Regionen und kulturellen Kontexten dieser Welt.
Die Herkunft mag sich ändern, die Not aber bleibt gleich für jene, die von Menschenhandel betroffen sind.

 

Beharrlich sein, nicht nachlassen, sich den veränderten Bedingungen stellen – vor allem: die einzelne im Blick behalten, die Sicherheit und Schutz braucht, die Unterstützung benötigt, Beratung und Begleitung.
Das erfordert den Einsatz von ganz viel Kraft. Und solche Kraft wächst, glaube ich, aus der Hoffnung.
Hoffnung, dass die Lebenssituation von Menschen auch nach der Erfahrung von Gewalt  sich zum Guten wandeln kann.
Zuversicht, dass Menschen gestärkt aus Bedrängnis hervorgehen können.
Hoffnung, dass Dinge nicht so bleiben müssen, wie sie sind.

Manche unserer Zeitgenossen können mit so einer Rede von Hoffnung nichts anfangen. Es hört sich für sie realitätsfern an. Sie unterstellen, hier seien Träumerinnen und Träumer am Werk, wie man sie nun mal besonders in der Kirche zuhauf finden könne. Kirche, Frauenhilfe – das ist ein Reservoir an Gutmenschen, so denken einige in abfälliger Weise.

Die Dinge verhalten sich aber ganz anders. Hoffnung macht klarsichtig.
Sie erkennt, dass die Dinge anders sein können, sie spürt den Schmerz, der jetzt da ist, sie motiviert zum Handeln.
Während andere sich von einem trägen Dunst eintrüben lassen oder gar damit beschäftigt sind, selbst Nebelkerzen zu werfen, haben Hoffnungsmenschen Durchblick – und halten das auch aus, was sie sehen.

Von George Orwell stammt die Einsicht: „Zu sehen, was vor Augen ist, bedarf einer ständigen Anstrengung, eines ständigen Kampfes.“

 

Ich glaube, ja, die Arbeit von Nadeschda ist eine ständige Anstrengung. Die Situation von Frauen, die von Menschenhandel betroffen sind, fordert heraus.
Nicht wegschauen und sich mit der angenehm scheinenden bürgerlichen Oberfläche zufrieden geben, wo alles nach dem Motto läuft: ist doch eigentlich alles ganz gut.
Man muss schon darum ringen und kämpfen, um zu sehen, was ist. Hinschauen und die Not der Frauen wahrnehmen.

Damit stehen Sie als die Mitarbeiterinnen von Nadeschda und als die Verantwortlichen für diese Einrichtung – Gott sei Dank – nicht allein.
Hoffnung hat eine Tendenz, in Netzwerken zu wachsen.
Ich bin froh, dass sich dies in der Jubiläumsversammlung heute auch zeigen kann.

Aus meiner Perspektive kann ich sagen: die Frauenhilfe im Kirchenkreis, die Gemeinden und Einrichtungen wissen sich ihrer Arbeit bleibend verbunden.
Sie helfen uns, dass wir uns auch trauen zu sehen, was vor Augen ist – und erleben im Gegenzug, wie ich hoffe, unsere Unterstützung und Ermutigung für ihre Beratungs- und Betreuungsarbeit.

 

In dem Netz, das kirchliche Verknüpfungspunkte hat, aber auch zugleich Punkte, die weit darüber hinausreichen, begegnen wir Ihnen als den Mitarbeitenden und Verantwortlichen für Nadeschda. Wir begegnen in Ihnen Menschen mit großer Leidenschaft. Sie setzen sich ein für Frauen in einer Notlage, in der es keine gute Aussicht zu geben scheint. Sie haben aber langen Atem, von Gottes Geisteshauch geschenkt. Und die Hoffnung: es kann sich etwas ändern.

Ich danke Ihnen herzlich.
Und wünsche Ihnen, dass Sie stets die Hoffnung in sich haben, die Sie darin stärkt, zu sehen, was vor Augen ist.