Heiner Minzel
Erster Kriminalhauptkommissar a.D.
zuletzt Leiter KK 12 im PP Dortmund

Grußwort zum fünfjährigen Bestehen der Beratungsstelle „Theodora“ und zum Start des Projekts „Hilfe-Lotsinnen“

Sehr geehrte Frau Schnittker, Frau Weigt-Blätgen,  Frau Reiche,
geschätztes Theodora-Team,
werte Ehrengäste,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

nun, vor einigen Wochen war ich mit Pfarrerin Reiche bei einer Podiumsdiskussion. Nach der Veranstaltung fragte sie mich, ob ich anlässlich des fünfjährigen Bestehens der Beratungsstelle „Theodora“ ein Grußwort sprechen könnte.
Spontan und ohne Zögern habe ich zugesagt.
Ich freue mich, heute hier zu sein.
Als Kriminalbeamter, der fast 40 Dienstjahre mit dem „Rotlichtmilieu“ zu tun hatte, schätze ich die Arbeit der Beratungsstellen in hohem Maße.
Während meiner Zeit hatte ich mehr als ausreichend Gelegenheit mich davon zu überzeugen und auch davon zu profitieren.
Beratungsstellen können nicht ohne Polizei und Polizei nicht ohne Beratungsstellen leben.
Sie sind wie siamesische Zwillinge unzertrennlich.

Nun kann man nicht gerade behaupten, dass sich zwischen Sozialarbeiterinnen und Polizeibeamten von Beginn an eine innige Beziehung entwickelt hätte.
Oder sie gar vom ersten Tag der Zusammenarbeit ein „Traumpaar“ gewesen wären.
Nein, aber nach anfänglichem Beschnuppern und einem Blick über den „Tellerrand“ hinaus gab es nur ein gemeinsames Ziel.
Nämlich Straftäter, die von der Prostitutionsausübung profitieren, einer gerechten Bestrafung zuzuführen und Geschädigte bzw. Opfer zu erkennen, sie aus ihrer misslichen Lage zu befreien und zu schützen.
Heute bin ich stolz, über viele Jahre ihr Wegbegleiter gewesen zu sein.

 

Lassen Sie mich zur Thematik Prostitution einige Feststellungen machen:

Es gilt deshalb, die bestehende Situation der Sexarbeiter/innen zu verbessern, sie muss im Vordergrund politischer Auseinandersetzungen stehen.
Ob da das neue Prostitutionsschutzgesetz ausreichen wird, wird erst die Umsetzung beweisen.
Ich denke, es wären bis zum Inkrafttreten noch einige Nachbesserungen angebracht, aber, das neue Gesetz ist eine Fortentwicklung, ja, eine Verbesserung zum bisherigen Gesetz.
Unabhängig davon gilt, wer bei der Prostituierten- und Ausstiegsberatung oder im Bereich der Betreuung der Opfer von Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung erfolgreich tätig sein will, egal ob als Mitarbeiter/in von Beratungsstellen oder als Polizeibeamter, muss Vertrauen schaffen. Dabei ist von besonderer Bedeutung, muttersprachliche Kräfte einzusetzen.    

Seit mehr als 15 Jahren engagiert sich die Evangelische Frauenhilfe Westfalen in nationalen und internationalen Netzwerken gegen Menschenhandel. Gleichfalls tritt sie als Trägerin der Beratungsstellen „Nadeschda“, „Tamar“ und der Jubilarin „Theodora“ auf. Während „Nadeschda“ die Opfer von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung betreut, bieten „Tamar“ und „Theodora“ Prostituierten- und Ausstiegsberatung an.

Die Mitarbeiterinnen leisten hier eine herausragende Arbeit.
Bei ihrer zumeist aufsuchenden Tätigkeit sind neben

erforderlich, um einen Zugang zum Klientel zu bekommen. All diese Attribute vereint, garantieren das notwendige Vertrauen.

Wenn Prostituierte aussteigen wollen, befinden sie sich häufig in Problemsituationen. Oftmals sind finanzielle oder familiäre Probleme der Grund. Einige haben gesundheitliche Belastungen, die durch Gewalterlebnisse entstanden sind. Aber auch fehlende schulische Bildung oder mangelhafte berufliche Qualifizierungen erzeugen Ängste, es nicht zu schaffen. 

Hier nehmen sich die Mitarbeiterinnen der Beratungsstellen die Zeit, intensive Gespräche zu führen. In den seltensten Fällen öffnen sich  dabei die Gesprächspartner beim ersten Besuch. Oftmals ist es die Scham über Erlebtes zu sprechen.
Hier kann nur Einfühlungsvermögen helfen, Hemmnisse abzubauen.
Es geht darum, den Klientinnen den Ausstieg zu erleichtern, in den Übergangsphasen Unterstützung anzubieten, die Fähigkeit zur Verantwortung zu stärken und Hilfe zu leisten bei den Problemen des Alltags.
Aber auch den Frauen, die weiterhin in der Prostitution arbeiten wollen, muss man beratend und helfend zur Seite zu stehen.
Mitarbeiterinnen der Beratungsstellen „Nadeschda“, „Tamar“ und „Theodora“ arbeiten professionell, sie sind Seelentröster und Mut Macher.

Für all diejenigen, die sich dieser Aufgabe und Hilfeleistung verschrieben haben und mit enormen persönlichen Engagement für die Sache eintreten, ist es äußerst wichtig, finanzielle Sicherheit zu  haben.

Sicherlich tragen Spenden dazu bei, können bei Weitem aber den Bedarf nicht decken.
Zudem wurden in den letzten Jahren vielfach die Förderungen zurückgefahren.
Hier ist Politik in der Verantwortung, von den Kommunen über das Land bis hin zum Bund und auch zur Europäischen Union.
Wer durch Erlasse, Gesetze und Richtlinien die Arbeit von Beratungsstellen fordert, muss auch für ausreichende Mittel sorgen.
Eine gesicherte Finanzierung der Beratungsstellen ist zugleich auch eine Wertschätzung ihrer mit Herzblut geleisteten Arbeit.

Ich wünsche Ihnen, dass es Ihnen wie Ihrer Namensgeberin gelingt, das „Vermögen“ durch Förderungen und Spenden zu vermehren.
Bei Wikipedia ist dazu zu lesen:
„Theodora“ war engste Beraterin ihres Mannes und verstand es, ihr Privatvermögen zu vermehren“.

Ich wünsche Ihnen für Ihre weitere Tätigkeit als Beraterinnen und für das Projekt Hilfe-Lotsinnen:

Ich bin froh, in meiner Dienstzeit über den „Tellerrand“ hinausgeschaut und  so wundervolle Menschen wie die Mitarbeiterinnen der Beratungsstellen getroffen zu haben.
Möge Ihr Bankkonto immer genügend Deckung aufweisen und für die Zukunft rufe ich Ihnen zu:
„Glück auf“.