Erklärung der Teilnehmenden der 5. Internationalen Fachtagung
„Gemeinsam gegen Menschenhandel - Menschenhandel mit Minderheiten aus Bulgarien und Rumänien“ vom 10.11.2010 bis 11.11.2010 in Soest

Wir, 40 Frauen und Männer aus Europa, - aus Bulgarien, Moldawien, Rumänien, der Ukraine, Ungarn und Deutschland -, aus Beratungsstellen für Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution, aus Beratungsstellen gegen sexualisierte Gewalt und Frauenhäusern, aus anderen Nichtregierungsorganisationen, aus Polizeibehörden, Ausländerbehörden und Gesundheitsämtern, Netzwerken, Frauenhilfe und Diakonie haben uns vom 10. - 11. November 2010 zur 5. Internationalen Fachtagung „Gemeinsam gegen Menschenhandel“ in Soest getroffen.

Wir stellen fest:

  • Menschenhandel in die Prostitution ist sexuelle Gewalt und ein Straftatbestand im Sinne des Strafgesetzbuches. Von diesem Verbrechen sind insbesondere Frauen betroffen.
  • Migrantinnen, die aufgrund von eklatanter Armut und Perspektivlosigkeit in den Herkunftsländern nach Deutschland kommen, sind in allen Phasen des Migrationsprozesses gefährdet, als Opfer des Frauenhandels zur Prostitution gezwungen zu werden.
  • Aus Sicht der Fachberatungsstellen für Opfer von Menschenhandel ist die gesundheitliche Situation der Opfer des Menschenhandels in den letzten Jahren deutlich schlechter und sichtbarer geworden.
  • Die Anzahl von Frauen aus Bulgarien und Rumänien ist in den Beratungsstellen für Opfer von Menschenhandel in Deutschland drastisch gestiegen.
  • Der Menschenhandel zur Ausbeutung der Arbeitskraft, zur Zwangsbettelei, zur Adoption und zum Organhandel wird zunehmend als Problem wahrgenommen.
  • Besonders verwerflich ist die sexuelle Ausbeutung von Minderjährigen.
  • Es gibt gute Präventionsprojekte in vielen Ländern Mittel- und Osteuropas, die aufgrund fehlender Finanzmittel nicht flächendeckend arbeiten können. Zudem werden gerade ländliche Regionen außerhalb der Ballungsräume nur selten erreicht. In vielen Ländern ist die finanzielle Situation der Beratungsstellen nach dem EU-Beitritt der Länder schwieriger geworden.

Wir erklären:

  • Wir bauen unser internationales Netzwerk aus, um die Präventionsarbeit im Blick auf Menschenhandel in den Herkunftsländern zu stärken.
  • Wir setzen uns für Prävention und Armutsbekämpfung in den Herkunftsländern ein.
  • Die konsequente Täterverfolgung in Deutschland und den Herkunftsländern erfordert internationale Zusammenarbeit zwischen Polizeibehörden und Nichtregierungsorganisationen.
  • Wir setzen uns ein für notwendige rechtliche Verbesserungen für Opfer von Menschenhandel bezogen auf Schutz- und Aufenthaltsregelungen in Deutschland.

Wir fordern bundesweit:

  • Den Zugang von Opfern von Menschenhandel zu psychosozialer Betreuung, Therapie und Sprachkursen;
  • die finanzielle und personelle Absicherung der Arbeit der spezialisierten Beratungsstellen für Opfer von Menschenhandelinklusive geplanter Kampagnen;
  • angemessene Ressourcen für polizeiliche Ermittlungs- und Vernetzungsarbeit;
  • eine einheitliche Anwendung bestehender Gesetze und Richtlinien;
  • einen sicheren Aufenthalts-Status für von Menschenhandel betroffene Frauen für zunächst drei Monate und die Option eines gesicherten Aufenthalts in Deutschland;
  • die konsequente Anwendung der strafrechtlichen Möglichkeiten zum Schutz der von Menschenhandel betroffenen Frauen vor sexueller Gewalt, sowie effektive Entschädigungsmechanismen für Opfer des Menschenhandels;
  • eine bundeseinheitliche Erlaubnispflicht für Prostitutionsstätten in Deutschland;
  • die Bundesregierung auf, sich europaweit für eine Eu-Politik einzusetzen, die den Schutz der Opfer stärkt.

Wir fordern europaweit:

  • die Annahme des Richtlinienvorschlages der Europäischen Kommission zum Menschenhandel mit klaren und verbindlichen Regelungen zum Schutz der Opfer unabhängig von ihrer Aussagebereitschaft;
  • eine europäische Integrationspolitik, die Minderheiten eines Landes gleiche Rechte und soziale Teilhabe zusichert und damit u. a. die Forderung nach einem besseren Zugang zur Schulbildung für Minderheiten in Bulgarien und Rumänien umsetzt;
  • eine gezielte Armutsbekämpfung in mittel- und osteuropäischen Ländern, u. a. in Bulgarien und Rumänien, als einen wesentlichen Schritt, um Perspektiven für Menschen in ihren Heimatländern zu schaffen;
  • die Förderung der grenzübergreifenden Netzwerkarbeit. Diese ist für die Beratungsstellen für Opfer von Menschenhandel außerordentlich wichtig. Wissenstransfer, Dialog und Voneinander lernen müssen einem isolierten Arbeiten entgegenwirken;
  • von den Kirchen, sich intensiver mit der Thematik auseinanderzusetzen, sowie Fachberatungsstellen zur Prävention von Menschenhandel und für Opfer von Menschenhandel einzurichten.