60 Gäste zur Feier von 60 Monaten der Beratung für Prostituierte THEODORA

(April 2016)

60 Gäste zur Feier von 60 Monaten der Beratung für Prostituierte THEODORA (April 2016)

Inge Schnittker, Pfarrerin Birgit Reiche, Naile Tanis (v.l.n.r.) und Pfarrerin Angelika Weigt-Blätgen (r.) nehmen die Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle Theodora in ihre Mitte.

„Wer hätte zwischendurch gedacht, dass wir es schaffen werden…“
Die Prostituierten- und Ausstiegsberatung THEODORA mit Sitz in Herford feierte Ende April mit einer Festveranstaltung ihr fünfjähriges Bestehen und den Start des Projektes der Hilfe-Lotsinnen in Herford. 60 Gäste aus Politik, Kirche, Behörden und sozialen Organisationen aus Bielefeld, Bünde, Gütersloh, Herford, Lage, Löhne und Paderborn sowie Vertreterinnen der Mitgliedsverbände, anderer Einrichtungen und der Verwaltung der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. waren der Einladung gefolgt. Musikalisch gerahmt wurde der Empfang von dem Ensemble Triogawa mit Cello, Akkordeon und Kontrabass und moderiert von der Leiterin von Theodora, Pfarrerin Birgit Reiche.

„Theodora heißt Gottesgeschenk. Jedes Gottesgeschenk bildet zugleich Gottes gute Absichten und Gottes Zerbrechlichkeit ab.“ In ihrer Begrüßung würdigte die leitende Pfarrerin der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen, Angelika Weigt-Blätgen, die Arbeit der Mitarbeiterinnen als „fünf Jahre unter dem Segen Gottes“. „Ein „nein“ aber erscheint mir notwendig zur individuellen Anmeldepflicht bei einer Behörde und zur Beratungspflicht beim öffentlichen Gesundheitsdienst!“ - so heißt es in dem Grußwort von Claudia Zimmermann-Schwartz, das verlesen wurde. Sie ist  Abteilungsleiterin Emanzipation im Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen. „Viele Prostituierte sind aus gutem Grund auf Anonymität angewiesen und müssen ein Zwangsouting befürchten. Bei einem Abwandern in die Illegalität sind sie aber besonderen Gefahren ausgesetzt und für Hilfen noch schwerer zugänglich.“

Die Gleichstellungsbeauftragte Ella Kraft sprach in ihrem Grußwort für den Kreis Herford, wie wichtig die Arbeit von Theodora in Ostwestfalen-Lippe sei, da diese „Hoffnung auf ein besseres Leben“ schenke. Synodalassessor Pfarrer Holger Kasfeld für den Kirchenkreis Herford betonte, dass Leid auf dieser Welt nicht gottgegeben sei. „Menschen sollen sich dem Leid im Tun entgegenstellen, so wie es die Mitarbeiterinnen von Theodora in ihrer Arbeit tun.“ Die Vorsitzende der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V., Inge Schnittker (Hagen), wünschte den Mitarbeiterinnen Visionen und den Mut, sie umzusetzen sowie ein nie endendes Gottvertrauen. „Wer Beratungsstellen fordert, muss auch für die finanzielle Absicherung sorgen“, stellte der ehemalige Dortmunder Kriminalbeamte Heiner Minzel an die Politik gerichtet fest. „Die Mitarbeiterinnen leisten herausragende Arbeit. Sie sind Seelentröster und Mutmacher.“ Er zeigte sich aufgrund seiner jahrzehntelangen Erfahrungen überzeugt, dass es eine Welt ohne Prostitution nicht geben wird.

Die Geschäftsführerin des bundesweiten Koordinierungskreises gegen Menschenhandel (KOK), Naile Tanis (Berlin), beleuchtete in einem Vortrag die Arbeitsbedingungen von Prostituierten in Deutschland und das von der Bundesregierung geplante Gesetz zum Schutz der Betroffenen. Sie machte auch deutlich, „Theodora ist sowohl aus Sicht der Praxis als auch aus Sicht der Wissenschaft ein notwendiges Instrument, um Prostituierte zu unterstützen.“

In dem 2011 gestarteten THEODORA beraten drei Mitarbeiterinnen Frauen in der Region Ostwestfalen-Lippe, die in Clubs, Bars, Appartements oder Wohnwagen sexuelle Dienstleistungen anbieten. Neben der Möglichkeit zum Ausstieg unterstützen sie die Prostituierten auch bei Problemen mit Partnern und Kindern, bei Suchtmittelabhängigkeit, Schuldenregulierung sowie Behördengängen oder einer Wohnungssuche. 
Für die Jahre 2016 bis 2018 ist der Fortbestand der Beratungsstelle THEODORA durch eine Projektförderung des Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (EHAP) gesichert.

Der Name THEODORA bezieht sich auf die byzantinischen Kaiserin (497-548 nach Christus), die selbst im "Rotlichtmilieu" ihrer Zeit aufwuchs und sich als Kaiserin für die Rechte von Prostituierten einsetzte. Eine Übersetzung für den Namen lautet „Gottesgeschenk“. Weiteres unter www.theodora-owl.de. Seit 2014 ist die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen auch Trägerin der Beratungsstelle für Prostituierte in Südwestfalen, TAMAR.

 

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