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Interview mit Paul LinnemannGeschichte Fachseminar AltenpflegeRückblick Empfang 06.09.06

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20 Jahre Fachseminar für Altenpflege in Soest - Interview mit Paul Linnemann

Das Fachseminar für Altenpflege in Soest blickt im Jahr 2009 auf sein 20jähriges Bestehen zurück. Aus diesem Anlass führte Manuela Schunk, Öffentlichkeitsreferentin der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V., ein Interview mit dem Leiter der Einrichtung, Paul Linnemann.

2009 blicken wir zurück auf über 150 Jahre moderner Pflegegeschichte, in denen immer genauer erfasst und verstanden wurde, was pflegedürftige Menschen brauchen und wie sie diese bekommen können.
Die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V. hat bereits eine über 100jährige Tradition in der Pflege-Ausbildung und trägt seit 25 Jahren auch Verantwortung in der stationären Altenhilfe - zunächst in Soest, seit diesem Jahr auch in Warburg.
Der Tod einer über 110jährigen wird künftig nicht mehr dieselbe Aufmerksamkeit erregen wie heute. Pflege hat auch damit zu tun, dass mit wachsendem Alter auch neue Krankheitsbilder an Bedeutung gewinnen; die größer werdende Zahl von Menschen mit dementiellen Erkrankungen weist in diese Richtung.
Wie sollte sich, Herr Linnemann, Ihrer Meinung nach das gesellschaftliche Bild von Pflege und Alter künftig wandeln und welche Hilfen sollte es geben?

Zuerst muss ich sagen, dass Alter und Pflege nicht zwangsläufig zusammengehören. Die meisten Menschen werden alt und sterben, ohne jemals von einem Pflegedienst betreut worden zu sein oder im Altenheim gelebt zu haben. Natürlich steigt das Risiko pflegebedürftig oder dement zu werden, je älter ein Mensch wird. Und es stimmt auch, dass ein alter Mensch verletzlicher ist und eher Hilfen und Unterstützung in Anspruch nehmen muss als ein junger.

Aber das Alter wird heute zu einem Gespenst gemacht, zu einer Bedrohung.
Altwerden wird mit Inkontinenz, Demenz und Pflegebedürftigkeit und dem Ausgeliefertsein an andere Menschen gleichgesetzt. Schon wegen des immer schneller wachsenden Anteils alter Menschen an der Gesamtbevölkerung werden wir nicht umhin kommen, die Tatsache des Alters und des Alterns zu akzeptieren.
Alter ist zu einem gesellschaftlichen Problem geworden, das sich nicht länger auf der Ebene der Spezialisten abhandeln lässt. Die demografische Entwicklung verändert unser Zusammenleben bis in die kleinsten Bereiche hinein. Wir sind dabei, unsere Gesellschaft gezwungener Maßen umzubauen, um mit dem Problem Alter fertig zu werden.

Dabei ist es besonders wichtig, dass die jetzt lebende Gruppe der „jungen Alten“ individuell und gesellschaftlich bedeutsame Rollen für sich selbst entwickelt, mit denen sie zumindest einen Teil der ihnen vielleicht noch bleibenden 20 bis 30 Lebensjahre ausfüllen kann. Wir brauchen dafür eine neue Kultur des Alters und des Alterns.
Diese Arbeit ist vorhergehenden Generationen erspart geblieben. Alter war noch kein Massenphänomen und es gab traditionelle Rollen, die den Alten vorbehalten waren. Die neuen Altersrollen könnten z.B. im Engagement für hilfebedürftige alte Menschen bestehen oder auch in der Schulaufgabenhilfe für Migrantenkinder. Der Fantasie ist keine Grenze gesetzt. Es ist wichtig, dass die Leistungen der alten Menschen in Ehrenämtern und ihr Engagement auch anerkannt und in irgendeiner Form honoriert werden. Nur so lässt sich das Bild des Alters in der Öffentlichkeit korrigieren. Wer aus dem Erwerbsleben ausgegrenzt ist, wie ältere Menschen, kann - dennoch und gerade deswegen - wesentliche Aufgaben in unserer Gesellschaft übernehmen. Das ist die Botschaft.

Haben sich die Älteren erst neue gesellschaftlich wichtige Aufgaben erobert, wird sich auch das Bild der Altenpflege ändern. Wir müssen erkennen, dass „die Alten“ zu uns gehören, in die Mitte der Gesellschaft. Nur so werden wir akzeptieren, dass die Hilfe, Unterstützung und Pflege alter Menschen nicht nur die Aufgabe bestimmter Institutionen und Spezialisten ist. Wir sind als Familien, als Freunde, als Nachbarn, als Kirchengemeinden oder Kommunen gefordert, uns um die hilfe- und pflegebedürftigen Menschen in unserer Umgebung zu kümmern. Wir werden erleben, dass, wenn wir unsere Scheu, etwas von uns abzugeben, ablegen, wir auch etwas zurückbekommen.

Ein kranker oder alter Mensch braucht Pflege: Betten machen, Essen zubereiten und anreichen, die Wunde versorgen, das Zimmer aufräumen, beim Waschen helfen und beim Toilettengang. Für dies und vieles mehr ist Pflege notwendig und ist noch nicht einmal genug. Pflegebedürftige Menschen brauchen Kontakte und Berührung, auch die gute Gewohnheit des Kirchgangs, Gelegenheiten, andere Menschen zu treffen und sich gemeinsam mit ihnen zu erinnern. Und sie brauchen Unterstützer und Fürsprecher, wenn ihr geistiges Leben zerbrechlich und verwirrt wird.
Wie kann eine Ausbildung in der Altenpflege diesem gerecht werden?

Natürlich ist die praktische und theoretische pflegerische Ausbildung nach wie vor ein wesentlicher Schwerpunkt der Ausbildung. Doch auch andere Bereiche müssen in der Ausbildung einen wichtigen Platz einnehmen. Das Berufsbild der Pflege ist aufgrund steigender und veränderter Anforderungen einem rasanten Wandel ausgesetzt.
Dem wollen wir in der Ausbildung Rechnung tragen.

Die Betreuung von Schwerstpflegebedürftigen, der Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen oder die Pflege Sterbender erfordern nicht nur ein solides praktisches Handwerkszeug. Die Bereiche der Anleitung und der Beratung von pflegebedürftigen Menschen und Ihren Angehörigen erfordern Wissen und weitgehende kommunikative Kompetenzen. Diese werden den Auszubildenden durch intensive Schulung und Möglichkeiten zur Selbsterfahrung sowie der Gelegenheit zur Reflexion ihrer praktischen Erfahrungen vermittelt werden müssen.

Doch allem Wissen, allen praktischen Fähigkeiten fehlt etwas Wesentliches, wenn das Handeln ohne ethische Orientierung bleibt. Die tägliche Routine des Essenanreichens, der Toilettengänge oder der Grundpflege können unter dem in den meisten Einrichtungen herrschenden Arbeitsdruck, den engen ökonomischen Vorgaben und dem wachsenden bürokratischen Aufwand schnell in die Resignation oder zur Aufgabe des Berufs führen, weil die Pflegekräfte nicht mehr wissen, warum sie ihre Arbeit tun. Ihnen können Sinn und Orientierung abhanden kommen. Auf diese Situation müssen wir die Auszubildenden durch unseren Unterricht vorbereiten. Ethische, weltanschauliche Fragestellungen zu erörtern, ist in diesem Zusammenhang genauso wichtig wie Elemente der Gesundheitsförderung von Anfang an in die Ausbildung mit einzubeziehen.

Pflege ist mehr als die Summe der notwendigsten Verrichtungen. Pflege ist ein Beziehungsgeschehen, ist Beziehungsarbeit. „Arbeit“ deswegen, weil Pflege eine oft schwere und komplexe Aufgabe ist, an der jeweils ganz unterschiedliche Personengruppen beteiligt sind.
Wie passt in dieses Beziehungsgeflecht die Ausbildung zur Altenpflegehelferin?

Pflege und gerade die Altenpflege ist immer vor allem auch Beziehungsarbeit. Um diese Arbeit zum Wohle der anvertrauten alten Menschen ausführen zu können, ist ein hohes Maß an Professionalität erforderlich. In der Altenpflege sind zwei Tendenzen zu beobachten: einerseits eine Höherqualifizierung, um den wachsenden und immer komplexeren Aufgaben des Berufs gerecht werden zu können und andererseits der Einsatz einer immer größer werdenden Zahl gering qualifizierter und damit eben auch niedrig entlohnter Mitarbeiterinnen. Die Altenpflegehelferinnen und Altenpflegehelfer nehmen in dieser sich auftuenden Qualifizierungsschere einen mittleren Platz ein. Durch eine solide einjährige Ausbildung werden Grundlagen gelegt, die zukünftigen Mitarbeiter/innen der Altenpflege für ihre schwierige Aufgabe zu qualifizieren.

Den Schwerpunkt des Lehrplans bildet die Betreuung und Pflege von an Demenz erkrankten alten Menschen. Aber die zukünftigen Altenpflegehelferinnen und Altenpflegehelfer werden auch in allen anderen für die Pflege relevanten Bereichen ausgebildet. Viele der von uns in den Kursen qualifizierten Altenpfleghelferinnen und Altenpflegehelfer verfügen zudem über langjährige Erfahrungen in der Altenpflege, sodass wir an diese Erfahrungen anknüpfen können.

Hilfskräfte aus ökonomischen Gründen gezielt aus gesellschaftlich benachteiligten Gruppen zu rekrutieren, um sie nach Schnellkursen in der Altenpflege einzusetzen, ist ein Irrweg und moralisch nicht zu verantworten. Dieses Symptom der Deprofessionalisierung ist nicht nur gefährlich für die alten Menschen, die versorgt werden müssen, sondern es schadet auch dem Ansehen der Altenpflege insgesamt.

In den Gründen für die Berufswahl spiegelt sich das Bild der Pflege als eines Beziehungsgeschehens. Viele wählen diesen Beruf, weil er sie in Beziehung zu anderen Menschen bringt. Stimmt das - ist dies die häufigste Motivation von Pflegeausbildungswilligen?

Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass in den letzten Jahren viele Frauen und Männer die Ausbildung in der Altenpflege begonnen haben, weil sie in besser angesehenen Berufen keine Chance hatten oder auch in der Krankenpflegeausbildung keinen Platz bekommen haben. Es sind vielleicht 20 % eines Jahrgangs, die eine besondere Nähe zu alten Menschen verspüren, denen der Umgang mit alten Menschen Spaß macht, weil sie z.B. in der Familie oder während eines Praktikums mit diesem Bereich in Berührung gekommen sind.

Natürlich mischt sich in die Motivation, eine Pflegeausbildung zu beginnen, auch immer der mehr oder weniger diffuse Wunsch „helfen zu wollen“. Gerade diese Motivation stellt sich im Laufe der Ausbildung doch oft als problematisch heraus. Spätestens dann, wenn die Auszubildenden merken, wie beschränkt ihre Möglichkeiten sind, wie wenig Zeit ihnen für den einzelnen alten Menschen zur Verfügung steht und angesichts des oft großen Leids vieler alter Menschen, geraten Motivation und berufliche Realität in einen oft unauflöslichen Konflikt.

Um die Schwierigkeiten des Berufsalltags bewältigen zu können, ist die Motivation, einen krisenfesten Beruf erlernen zu wollen, oft hilfreicher, als ein allzu großer Idealismus.

Es besteht die Gefahr, dass eine verzerrte Pflegepraxis die Bereitschaft zur Pflege in der Gesellschaft sinken lässt. Dies ist eine fatale Entwicklung in einer Gesellschaft, die aufgrund ihrer Altersstruktur künftig mehr professionelle Pflege, aber auch mehr freiwilliges Engagement, mehr Nachbarschaftshilfe usw. benötigt als bisher.
Was muss in diesem System reformiert werden?

Der Altenpflegeberuf ist immer weniger attraktiv. Skandalöse Berichterstattungen, tatsächliche Missstände in der Pflege, die zunehmende Ökonomisierung, die geringe Bezahlung von Pflegekräften, die Sonderrolle der beruflichen und schulischen Ausbildung, aber vor allem die Verdrängung von Alter und Älterwerden in unserer Leistungsgesellschaft haben die Altenpflege an den Rand gedrängt. Wir wollen als Gesellschaft, als Gemeinschaft nichts mit Alter und Pflegebedürftigkeit zu tun haben. Alte Menschen scheinen den reibungslosen Ablauf unserer vorwiegend an Leistung orientierten Gesellschaft zu behindern.

Deshalb wurden spezielle Institutionen geschaffen, die die alten Menschen versorgen sollen. Das muss sich ändern! Paradoxer Weise vor allem aus ökonomischen Gründen. Ich hoffe, wir sind endlich wach geworden und können einsehen, dass sich auch aus sozialen Gründen etwas ändern muss. Alte Menschen müssen in die Gesellschaft integriert werden. Das wird nicht nur für alte Menschen das Leben lebenswerter machen, sondern auch für das Zusammenleben insgesamt von Vorteil sein. Das Leben kann humaner, kann lebenswerter werden - für alle Altersgruppen. Das heißt nicht, dass wir die Altenheime abschaffen sollten. Das heißt nur, dass sich die Heime öffnen müssen. Die Heime müssen neben ambulanten Diensten, neben den Angehörigen, neben Nachbarn und ehrenamtlichen Kräften in Konzepte der Altenhilfe auf Quartiersebene einbezogen werden. Wir müssen lernen, dass es „unsere Alten“ sind, mit denen wir in unserem Stadtteil, unserer Siedlung und unserer Gemeinde zusammenleben. Und warum sollte man sich nicht im Altenheim in seiner Nachbarschaft engagieren?

Herr Linnemann, damit sprechen Sie sich für ein Umdenken in der Kultur des Alters und des Alterns aus…

Für alle Bereiche des Lebens haben wir irgendwelche Institutionen geschaffen: für die Kinder haben wir Schulen, für die alte Menschen Pflegeheime; wenn jemand materielle Not leidet, ist das Sozialamt zuständig… Dieses System hat lange Zeit funktioniert.
Es stößt jetzt aber an Grenzen, in erster Linie, weil es zu teuer geworden ist.
Außerdem scheinen die Auswirkungen dieses Systems zunehmend fragwürdig.
Es scheint, als würden alle unsere „Anstalten“ nicht gerade zur Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen beitragen. Zudem sind im Laufe dieser Entwicklung der Zusammenhalt und die Unterstützungsbereitschaft in Familien, Nachbarschaften, Gemeinden und Kommunen weitgehend reduziert oder zerstört worden. Abgrenzung, Konkurrenz, Abstiegs- und andere Ängste bestimmen unser soziales Leben in weiten Bereichen. Um „das Soziale“ scheinen wir uns nicht mehr aktiv zu kümmern, dafür zahlen wir Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Wir haben anscheinend alle genug damit zu tun, in unseren Jobs zu bestehen, um zu verhindern, dass wir an den Rand gedrängt werden oder aus dem System herausfallen.

So kann es nicht weitergehen, wir können uns dieses System nicht mehr leisten und, was außerdem immer deutlicher wird, wir möchten diesem Klima der sozialen Kälte entkommen.

Es bedarf mutiger, idealistischer und einsatzbereiter Menschen, um eine wünschenswerte und notwendige Wende herbeizuführen. Wir haben uns an die eingefahrenen Strukturen gewöhnt und mit den Gegebenheiten arrangiert. Neue Sozialräume fallen nicht vom Himmel. Es braucht dazu wirkliche Räume, in denen Menschen zusammenkommen können, es braucht Ansprechpartnerinnen, die diese Projekte vorantreiben und in ihrer Umgebung für die neuen Ideen werben. Es braucht Partnerinnen, - wie Kirchengemeinden, Wohnungsbaugesellschaften, Vereine, - aber auch bestehende Einrichtungen der Altenhilfe, wie Pflegedienste oder Heime, die einbezogen werden müssen, die solche Projekte mit finanziellem und personellem Engagement unterstützen. Die jeweiligen Kommunen sind gefragt, die Infrastruktur im Sinne der alten Menschen in ihren Wohnquartieren zu verbessern. Ärzte, Angehörige verschiedener anderer Gesundheitsberufe, aber auch Geschäftsleute und Handwerksbetriebe müssen zur Mitarbeit in solchen Projekten bewegt werden. Durch ehrenamtliches Engagement können sich die Generationen in einem Wohnquartier gegenseitig unterstützen.

Es gilt das Soziale neu zu denken und neue Wege zu beschreiten, die allen Betroffenen besser gerecht werden. Diese Aufgabe funktioniert nicht, wenn wir sie wieder nur den Profis überlassen. Wir alle sind gefordert, daran mit zu arbeiten. Wir sollten die Chance erkennen und unser Zusammenleben so gestalten, dass wir uns in den neu zu schaffenden sozialen Räumen wohl fühlen.

Es ist eine Tatsache, dass die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland von heute 1,9 Millionen bis 2030 schätzungsweise auf 3,1 Millionen wachsen wird. Die Anforderungen an die Pflege wachsen nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ. Wie reagiert das Fachseminar für Altenpflege in Soest?

In den kommenden Entlassjahrgängen werden rein zahlenmäßig immer weniger Schülerinnen und Schüler sein. Das bedeutet automatisch, dass die Zahl der lnteressenten für die Pflegeausbildung kleiner wird. Außerdem verschärft sich die Konkurrenz zwischen den verschiedenen Branchen, die anders als in den letzten Jahren, ebenfalls Nachwuchssorgen haben und dringend Auszubildende suchen.

Das Ansehen des Berufs der Altenpflege ist aufgrund des niedrigen Sozialstatus und der geringen Bezahlung sehr schlecht. Wir merken seit einigen Jahren einen Rückgang an Bewerberinnen für die Ausbildung. Gleichzeitig ist bei den Einrichtungen der Altenpflege aus ökonomischen Gründen immer noch keine ausreichende Bereitschaft, in dem Maße praktische Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, wie es der Fachkräftebedarf - aktuell - schon erfordern würde. Besonders die ambulanten Dienste beteiligen sich nicht in ausreichendem Maße an der Ausbildung. In den nächsten Jahren erreichen viele Mitarbeiterinnen in der Altenpflege die Altersgrenze und werden aus dem Berufsleben ausscheiden. Im Bereich Soest und Umgebung wird man in einem oder zwei Jahren einen akuten Fachkräftemangel spüren und die Einrichtungen wissen das. Da kann ich nur warnen: nur wer sich heute seinen eigenen Fachkräftenachwuchs heranbildet, wird im Wettbewerb auf Dauer bestehen können.

Aus diesen Gründen haben wir im vergangenen Jahr durch unsere Aktion „Zukunft sichern - Altenpflegeausbildung jetzt!“ versucht, auf diese Situation aufmerksam zu machen. Uns ist es auf diesem Wege immerhin gelungen, drei neue kooperierende Einrichtungen für die Ausbildung zu gewinnen. Das ist kein Grund sich jetzt zurück zu lehnen. Wir müssen an diesem Thema dranbleiben. Im Februar hat eine breit angekündigte Informationsveranstaltung zur Altenpflegehilfeausbildung stattgefunden. Im März hatten wir zu einem Treffen aller kooperierenden Einrichtungen eingeladen, bei dem Strategien zur Verbesserung des Ansehens des Altenpflegeberufs erörtert und konkrete Schritte zur Gewinnung neuer Auszubildender geplant wurden. Ende März fand noch einmal eine Informationsveranstaltung zur dreijährigen Altenpflegeausbildung statt, auf der wir zeigten, dass nicht nur unsere renovierten Schulräume attraktiv sind, sondern auch die Inhalte, die wir während der Ausbildung vermitteln.

Was wünschen Sie sich für die nächsten 10 Jahre - für die Pflege und für die Ausbildung?

Für die Pflege wünsche ich mir, dass sich die Einstellung zum Alter und zur Pflegebedürftigkeit ändern wird. Die mit der Pflege zusammenhängenden Probleme werden sich nur unter der Voraussetzung eines deutlichen sozialen und kulturellen Wandels lösen lassen.

Wir brauchen eine integrierte Pflegeausbildung aller Pflegeberufe, in der die Pflege alter Menschen weiterhin einen wichtigen Stellenwert einnehmen muss. Auf der einen Seite sind die Kliniken mit einem wachsenden Anteil alter und hochaltriger Patienten konfrontiert und in der Altenpflege haben wir es immer häufiger mit schwerstpflegebedürftigen alten Menschen zu tun, so dass der Bedarf an hoch spezialisierter Behandlungspflege wächst.

Die Ausbildung muss sich in das internationale Gefüge der Pflegeausbildungen einpassen, um die berufliche Mobilität der Absolventinnen und Absolventen zu erhöhen und auch so das Ansehen des Pflegeberufs zu verbessern. Mit dem Abschluss der Pflegeausbildung muss gleichzeitig die Fachhochschulzugangsberechtigung erworben werden können.
 

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