100 Tage Vorsitzende des Landesverbandes (Februar 2004)

„Frauenhilfe, das kann ich“, beginnt Christel Schmidt mit einem Lächeln das Gespräch über die neue Aufgabe, die sie im Oktober 2003 in der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. übernommen hat. Das Wahl-Ehrenamt als Vorsitzende des Landesverbands der westfälischen Frauenhilfe nimmt sie gemeinsam mit einem 14 Personen umfassenden ehrenamtlichen Vorstand und der leitenden Pfarrerin Angelika Weigt-Blätgen wahr. Es gelte die Weichen für die Zukunft in Westfalen so zu stellen, dass die Frauenhilfe auch über ihr hundertjähriges Bestehen im Jahr 2006 hinaus der Kirche Impulse gebe.

Die Mutter dreier erwachsener Kinder, die mit ihrem Ehemann seit neun Jahren in Ahaus lebt, hat in Münster und Bethel Theologie studiert. Sie ist seit 1977 Mitglied der Evangelischen Frauenhilfe, jenem in Kirchengemeinden, Kirchenkreisen und in der Landeskirche wertgeschätzten Verband von Frauen. Christel Schmidt war seit 2001 zunächst die Stellvertreterin von Ingeborg Beer (Münster). Im Oktober 2003 wurde sie mit überwältigender Mehrheit durch die Mitgliederversammlung in das Amt der Vorsitzenden des Landesverbands gewählt.

Die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen hat zwei wichtige Säulen. Zum einen die örtliche und an die Kirchengemeinde gebundene Frauenhilfe. Rund zweitausend Frauenhilfegruppen in Westfalen stellen eine große Herausforderung für die neue Vorsitzende dar. Die gemeindliche Frauenhilfearbeit wird durch den Landesverband gefördert und unterstützt zum Beispiel in Form von Langzeitfortbildungen für ehrenamtlich Mitarbeitende oder durch Bildungsangebote des eigenen Familienbildungswerks. 

Zum anderen ist die sozialdiakonische Arbeit für Frauen und Männer in besonderen Notlagen zu nennen. Sei es in der Einrichtung für Menschen mit Behinderungen „Frauenheim Wengern“, in der Beratungsstelle „Nadeschda“ für von Menschenhandel betroffene Frauen und Mädchen in Herford oder im Märkischen Institut für Rehabilitation von Menschen mit psychischen Erkrankungen in Plettenberg. In insgesamt zwölf Einrichtungen des Landesverbands der Evangelischen Frauenhilfe wird westfalenweit die diakonische Dimension der Arbeit von Frauen deutlich.

Die kritische Frage nach der Altersstruktur von Frauenhilfegruppen wehrt Christel Schmidt mit dem Hinweis auf gelungene zeitlich befristete und generationenübergreifende Projekte ab. Dies führe zur Auflösung der nur scheinbar starren Grenzen zwischen den Frauengenerationen. Zwar sehe sie auch, dass Frauenhilfe oft mit traditionellen Frauenbildern in Zusammenhang gebracht werde. Tradierte Klischees schreckten junge Frauen häufig ab, sich mit den vielschichtigen Formen der Frauenarbeit in der Frauenhilfe zu beschäftigen. Doch am Beispiel des Frauenkreises in Vreden, an der Grenze zu den Niederlanden, zeige sich, dass traditionelle Formen der Frauenarbeit sich mit Themen und Aufgaben befassen, die auch jüngere Frauen mit ins Boot der verbandlichen Frauenarbeit holen.

,,Ich möchte in Westfalen deutlich machen, dass die Frauenhilfe eine starke Gruppe in den evangelischen Kirchengemeinden darstellt. Sie leistet für die Kirchengemeinde vor Ort eine wichtige Hilfe für Menschen“, so Christel Schmidt. „Und ich möchte die Zusammenarbeit zwischen Pfarrerinnen und Pfarrern mit der Frauenhilfe intensivieren helfen“, fügt sie hinzu. Dies auch deshalb, weil sie in Gesprächen mit Theologinnen und Theologen immer wieder höre, wie die Frauenhilfe in den Gemeinden geschätzt werde.
In Bildungsangeboten und Langzeitfortbildungen für Ehrenamtliche, zum Teil in Zusammenarbeit mit dem landeskirchlichen Frauenreferat, trägt die Frauenhilfe zur Stärkung („empowerment“) von Frauen bei. Wenn es auch in den 80er Jahren eine Auseinanderentwicklung der Arbeit der Frauenhilfe und der der kreiskirchlichen Frauenreferate gegeben habe, beobachte sie doch, dass beide Zweige der kirchlichen Arbeit für Frauen gut miteinander kooperieren und sich zu bestimmten Themen miteinander abstimmen, beantwortet Christel Schmidt die Frage zum Selbstverständnis der Frauenhilfe im Verhältnis zu den Frauenreferaten.

Der Landesverband der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen will zudem helfen, die drohende Isolation einzelner Frauen in bestimmten Lebenssituationen aufzubrechen. Neue Formen müssten etabliert werden, damit auch junge und erwerbstätige Frauen sich zeitlich und projektorientiert in die Arbeit einbringen können. Nur so könne das Ehrenamt aktiv gestärkt und gefördert werden.

„Die Gruppen in den Kirchengemeinden werden auch in Zukunft mit und für Frauen arbeiten, selbst wenn die Frauenhilfe bestimmte diakonische Aufgaben nicht mehr wahrnehmen kann,“ fasst Christel Schmidt ihre feste Überzeugung zusammen.
Frank Weyen, Unsere Kirche, Nr. 8, 15.02.2004

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