10 Jahre Synodenbeschlüsse „Gemeinschaft von Frauen und Männern in der Kirche“. (April 2004)

Mehr als 70 Vertreterinnen der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. haben eine 5seitige Stellungnahme zu den Themen Ehrenamt, sexuelle Gewalt und zur feministischen Theologie beschlossen, die eine Bestandsaufnahme der Umsetzung von landeskirchlichen Beschlüssen aus den Jahren 1993/1994 darstellt.

1993/1994 wurde ein zweijähriger landeskirchlicher Prozess zur „Gemeinschaft von Frauen und Männern in der Kirche“ durchgeführt, an dem die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V. intensiv beteiligt war.

Grundsätzlich sei festzustellen - nach Meinung der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V.-, dass in Zeiten knapper werdender finanzieller Mittel Entwicklungen der letzten Jahre zurückgenommen oder nicht weiter vorangetrieben werden.
So lautet ein Beschluss der Synode 1994, die Kirchenkreise zu bitten, „Frauenreferate und Frauenarbeitsstellen stärker zu verankern ... und personell und finanziell abzusichern“ und um eine „dauerhafte Institutionalisierung dieser Stellen“ zu bitten. Die Kirchenkreise seien dieser Bitte zum Teil gar nicht, zum Teil durch zeitlich befristete Regelungen mit Pfarrerinnen im Entsendungsdienst unzureichend nachgekommen.

Frauenarbeitsbereiche in der dreifachen Bedeutung des Wortes - mit Frauen als haupt- und ehrenamtlich Tätigen, mit Frauen als Zielgruppen oder Klientinnen und zu frauenspezifischen Themen bzw. Problemfeldern - werden aufgegeben, eingeschränkt oder als „Luxus“ betrachtet, auf den sich ohne Not verzichten lasse.
Der Begriff der „Gemeinschaft“ sei damals ebenso wie heute dazu angetan, vorschnell zu harmonisieren und die Forderungen nach Gerechtigkeit und Teilhabe als notwendige Voraussetzungen für Gemeinschaft zurückzustellen.

Zum Ehrenamt sei festzuhalten, dass insgesamt ehrenamtliche Arbeit mehr denn je auf dem Engagement von Frauen fuße. Die Bereitschaft, unter den gegebenen Bedingungen ehrenamtlich mitzuarbeiten, sinke jedoch weiter trotz zahlreicher formeller und struktureller Empfehlungen der Landeskirche. In den Gemeinden und Kirchenkreisen wachse die Unzufriedenheit vieler Ehrenamtlicher, die kein Funktionsamt bekleiden, überproportional an: Arbeitsverdichtung, Verknappung von Ressourcen, mangelnde Begleitung und Fortbildungsmöglichkeiten, unklare Zuständigkeiten und Einbindungen seien Gründe für diesen Unmut. Wertschätzungen durch Einführungsgottesdienst und einmal jährlich gesellige Treffen mindern diesen Unmut nicht ausreichend.

Zum Thema „sexuelle Gewalt“ sei festzustellen, dass immer noch Opfer und Täter von (sexueller) Gewalt in der Familie auch im Bewusstsein der kirchlichen Öffentlichkeit „die anderen“ seien. Wenn die Statistiken ernst genommen werden würden, dass weltweit jede dritte Frau Opfer von (sexueller) Gewalt wird, müsse Kirche sich mit der Tatsache auseinandersetzen, dass viele Frauen in den Gemeinden zu diesen Opfern (und viele Männer zu den Tätern) gehören.
In Gottesdienst und Verkündigung, in der Konfirmanden- und Jugendarbeit und in der Bildungsarbeit mit Frauen und Männern werde die Problematik nach wie vor zu wenig berücksichtigt.
Die Bitte der Synode 1994, „die Einbeziehung der Themen „Sexualität“ und „sexuelle Gewalt“ in Aus-, Fort- und Weiterbildung zu verwirklichen“, sei nicht ausreichend umgesetzt.

Zum Thema „feministische Theologie“ müsse nach Meinung der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. konstatiert werden, dass es an institutionalisierten Strukturen mangele, die sich z.B. im Zusammenhang von Curricula und tatsächlich gestellten Prüfungsaufgaben abbilden.
Die Aufnahme gerechter Sprache in den Gottesdienst und das Gemeindeleben sei zudem weitgehend abhängig von den Stelleninhabern und -inhaberinnen.
Frauen und Männer an Universitäten und in Gemeinden haben weiterhin das Gefühl, sich von dieser Art, Theologie zu treiben, absetzen zu müssen.
Die Arbeitsweisen und Methoden Feministischer Theologie werden in die eigene Arbeit zwar aufgenommen und von der jeweiligen Zielgruppe angenommen, nicht aber als solche etikettiert.

Nach Meinung der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. bleibe es eine Herausforderung für die Kirche, die Differenzen zwischen Frauen und Männern zu benennen und die erkennbare Besonderheit der anderen Position zu achten.

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