Eingliederung in den Arbeitsalltag. (Mai 2004)

In hellen Räumen im Gewerbehof sitzen Frauen an Nähmaschinen und schneidern Kleider oder andere Dinge aus Textilien. In einem anderen Raum ist die Buchbinderei untergebracht; daneben werden Teile für die Industrie montiert, andere eingetütet.

Bei der SIGA sind allerdings keine Arbeitnehmer, wie sonst üblich, eingestellt. Die Selbsthilfe-Initiative für gestaltende Arbeiten hat das Ziel, Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen wieder fit zu machen für die Eingliederung in die normale Arbeitswelt. Das geschieht durch ein festgelegtes Programm auch mit medizinischer Begleitung und je nach Art der Maßnahme in einem Zeitraum bis zu zwölf Monaten, mit Verlängerung auch 18 Monaten.

Träger der SIGA ist die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.. Die Einrichtung in Werdohl besteht nun 15 Jahre. 
Das nahmen am 11. Mai 2004 Axel Bäcker, Leiter der Einrichtung, Pastor Rüdiger Schmale vom Kuratorium und Manuela Schunk, Öffentlichkeitsreferentin der Frauenhilfe, zum Anlass, Werkstätten und die angegliederte ergotherapeutische Praxis vorzustellen. 

Im vergangenen Jahr war das Unternehmen der Frauenhilfe von Plettenberg nach Werdohl umgezogen, da hier die geeigneteren Räume zu bekommen waren. Auch die bessere Verkehrsanbindung hat dabei eine Rolle gespielt. Die Keimzelle ist das Haus Wegwende am Haselweg auf dem Paulstück. Das Haus, zuerst ein Heim für Müttergenesungsmaßnahmen, dann von den Landfrauen genutzt, wurde 1985 für die Betreuung psychisch kranker Menschen genutzt. Zunehmend wurden diese auch sinnvollen Betätigungen zugeführt bis man sich entschloss, daraus ein eigenes Unternehmen zu bilden.

Die Selbsthilfe-Initiative (SIGA) entstand am 13. September 1989. Zuvor unterhielt die Frauenhilfe 1987 mit der ambulanten Wiedereingliederungshilfe (Betreutes Wohnen) in Werdohl zwei Einrichtungen (Werkstatt an der Brüderstraße) mit dem Ziel der sozialen Wiedereingliederung psychisch Kranker.
Der Mangel an interessanten und angemessenen Angeboten für Praktika, Arbeitserprobung, Trainingsmaßnahmen und Arbeits- und Ausbildungsplätzen war Basis für die Idee zur Gründung der SIGA als ,,Selbsthilfe-Firma“. Dabei stellt sie sich dem Wettbewerb. Aufträge aus der Industrie werden mit Endkontrolle und auch termingerecht nach Kundenwunsch erledigt, denn das Unternehmen benötigt zur Finanzierung neben den Zuschüssen der Frauenhilfe auch eigene Einnahmen.

Die Buchbinderei erledigt Fremdaufträge, aber auch eigene Ideen werden in Erzeugnisse umgesetzt. Ähnlich verhält es sich in der Schneiderei mit zehn Nähmaschinen-Arbeitsplätzen.
Eigene Modelle und Textilarbeiten werden über Internet in einem Katalog angeboten.
Derzeit gehen täglich 40 Männer und Frauen ihrer Arbeit im Gewerbehof nach.

Die SIGA bietet Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit psychischen Erkrankungen, aber auch für Behinderte. Sie sollen je nach Belastbarkeit tätig werden. Geholfen wird Männern und Frauen, die aufgrund ihrer Erkrankung in den ersten Arbeitsmarkt nicht, noch nicht oder noch nicht wieder dauerhaft integriert oder re-integriert werden können. Dazu auch jene, die durch längerfristige Klinikaufenthalte oder durch allgemeine psychische Dispositionen nicht in der Lage sind oder in der Lage waren, erwerbstätig zu sein und ihre Belastbarkeit erproben oder erhöhen. Andere benötigen aufgrund ihrer Erkrankungen berufliche Neu- oder Umorientierungen und dazu kurzzeitliche Maßnahmen zum Kennen lernen ihrer Fähigkeiten und Interessen.

Zu den von der SIGA angebotenen Beschäftigungsmöglichkeiten zählen ebenso durch Zuverdienst sozial-versicherungspflichtige Arbeitsplätze, Arbeitstrainings- und Beschäftigungsmaßnahmen, Praktika und Ausbildungsplätze.
aus: Westfälische Rundschau, 12.05.2004

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