Antwort des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf die Stellungnahme der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. zu Arbeitsmarktreformen und Geschlechterverhältnis (Dezember 2005)

„Eine wichtige Rolle der gesellschaftlichen Wahrnehmung der neuen Regelung zur Grundsicherung von erwerbsfähigen hilfebedürftigen Menschen kommt in der Tat dem Ombudsrat zu. Ich begrüße es daher, dass sich die Koalitionspartner der neuen Bundesregierung darauf verständigt haben, die Arbeit des Ombudsrates um ein halbes Jahr zu verlängern“.

So endet das mehrseitige Antwortschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das zur Oktober-Erklärung der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. zu Arbeitsmarktreformen und Geschlechterverhältnis Stellung bezieht. Es versichert: „Ein zentrales Element der Arbeitsmarktreformen war die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (…). Denn vorrangiges Ziel muss - gerade auch im Interesse der Betroffenen - sein, ihre Hilfebedürftigkeit zu beseitigen bzw. zu verringern. Ein allgemeiner Verdacht des Leistungsmissbrauchs ist damit nicht verbunden.

Ein Fürsorgesystem wie die Grundsicherung für Arbeitssuchende basiert jedoch auf dem gesellschaftlichen Konsens, dass von der Allgemeinheit die erforderlichen Mittel nur aufgebracht werden können, um hilfebedürftige Menschen durch angemessene Leistungen vor sozialer Ausgrenzung zu schützen und sie bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu unterstützen. In allen anderen Fällen müssen sich die Betroffenen zunächst selbst helfen.“

Im Folgenden wird ausgeführt, dass arbeitsmarktpolitische Maßnahmen nur bedingt neue Arbeitsplätze schaffen können und wirtschaftliches Wachstum für mehr Beschäftigung in Deutschland nötig sei. Reformen am Arbeitsmarkt können dazu beitragen, das Entstehen von Arbeitslosigkeit zu vermeiden bzw. die Dauer von Arbeitslosigkeit zu verringern.

„Die Verpflichtung zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der aktiven Arbeitsförderung sowie zur Beseitigung bestehender geschlechtsspezifischer Nachteile durch die besondere Förderung von Frauen ist gesetzlich verankert. Mit der Überwachung der Einhaltung dieser Vorschriften sind die Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt in den Agenturen für Arbeit beauftragt. Wir haben eine Vielzahl von Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf ergriffen, (…) Unabhängig davon begrüße ich sehr, dass im Zusammenhang mit der umfassenden wissenschaftlichen Evaluierung der Reformen am Arbeitsmarkt, (…) auch die Auswirkungen der Maßnahmen auf Frauen und Männer untersucht werden. Erste Ergebnisse werden dem Bundestag Anfang 2006 in einem Bericht vorgelegt.“

Hintergrund
Das Antwortschreiben des Bundesministeriums ist von Staatssekretär Rudolf Anzinger.

In der Herbstkonferenz der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. haben sich 70 Teilnehmerinnen Ende Oktober 2005 intensiv mit den Arbeitsmarktreformen in Deutschland auseinandergesetzt und eine Erklärung verabschiedet. In 14 Punkten stellen sie Fehlannahmen der Arbeitsmarktreformen heraus und arbeiten 16 Forderungen zur Nachbesserung heraus.

Die Mitglieder der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen fordern die Politikerinnen und Politiker aller Parteien auf, grundsätzlich bei Arbeitsmarktreformen die Geschlechtergerechtigkeit zu berücksichtigen. Die Arbeitsmarktreformen fördern ihrer Ansicht nach eine sog. „Versorger-Ehe“ durch die derzeitige Auslegung von „Bedarfsgemeinschaften“. Frauen würden vermehrt in Abhängigkeit von Partnern und Familie gedrängt. Eine weitere Grundsatzkritik bezieht sich auf die irrige Annahme, es gäbe genügend Arbeitsplätze, aber nicht genügend Arbeitswillige. Die Statistiken hätten gezeigt, - so die Teilnehmerinnen -, dass die Kluft zwischen offenen Stellen und Arbeitslosen immer weiter wachse. Eine weitere Grundkritik: Gesetze und deren Umsetzungen würden gekennzeichnet vom permanenten Missbrauchsverdacht.

Neben Grundsatzkritiken an den Arbeitsmarktreformen haben die Teilnehmerinnen einen Katalog von Forderungen zur Nachbesserungen der Arbeitsmarktreformen aufgestellt. Neben der Sicherung einer eigenständigen Absicherung von Frauen und der Existenzsicherung außerhalb von Erwerbsarbeit solle der „Ombudsrat - Grundsicherung für Arbeitssuchende“ nicht zum Ende dieses Jahres seine Arbeit beenden, sondern seine Beauftragung um ein Jahr verlängert werden.

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