Jahresbericht  2011 (Januar 2012)

Ehrenamtliche Verantwortung

Im Herbst wurde in der Mitgliederversammlung als neue Vorsitzende Inge Schnittker aus Hagen gewählt. Erika Denker (Siegen), Superintendent Klaus Majoress (Lüdenscheid) und Jeane Otto-Bairaktaris (Wattenscheid) - als weitere Vorstandsmitglieder - sowie die Schatzmeisterin Dagmar Gravert aus Dortmund erhielten das Vertrauen der Delegierten. Christel Schmidt (Ahaus) stellte sich nach acht Jahren Vorsitz aus privaten Gründen nicht mehr zur Wahl. Pfarrerin Ulla August war bereits im letzten Jahr aus dem Vorstand ausgeschieden aus beruflichen Gründen. Am 1. Advent wurde in einer bewegenden Feier Christel Schmidt verabschiedet und der neue Vorstand in einem Gottesdienst eingeführt.

Der Vorstand - bestehend aus Vertreterinnen der Bezirks-, Stadt- und Synodalverbände, die diese Funktion ehrenamtlich ausüben, - kam zu sechs Sitzungen zusammen. In allen Sitzungen wurden die Tagesordnungspunkte Berichte, Berichte aus der Geschäftsstelle und Aktueller Soll-Ist-Vergleich, Stand der Baumaßnahmen im Lina-Oberbäumer-Haus und die Entwicklung der SIGA beraten und entsprechende Beschlüsse gefasst. Zudem genehmigte der Vorstand auf Antrag Satzungen bzw. Satzungsänderungen der Bezirks-, Stadt- und Synodalverbände.

Entsprechend ihrer Beauftragungen und Berufungen nahmen die Mitglieder des Vorstandes unterschiedliche Aufgaben wahr und arbeiteten in Arbeitsgruppen, Gremien und Ausschüssen mit.
Der Vorstand berief einen Ausschuss für Schöpfungsverantwortung. Diesem Ausschuss, der für vier Jahre berufen wurde und zugleich verantwortlich ist für die Kooperation mit dem „Ökumenischen Netzwerk Frauen für Klimagerechtigkeit“, gehören an: Jeane Otto-Bairaktaris, Erika Denker, Anne Jaene, Katja Jochum (als Geschäftsführerin), Ursel Leibold, Bernhardine Sobottka, Christel Schmidt und Blazenka Weber-Lorenz.
Der Ausschuss konstituierte sich am 15.12.2011. Die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V. gehörte am 21.03.2011 zu den Gründungsmitgliedern des landeskirchenweiten ökumenischen Netzwerkes „Frauen für Klimagerechtigkeit“. Zentrale Anliegen des Zusammenschlusses sollen die gegenseitige Information über Arbeitsschwerpunkte im Bereich Klimagerechtigkeit, die Betonung von Frauenperspektiven in der Energie- und Nachhaltigkeitsdebatte und gemeinsame Aktionen zum Klimaschutz sein.

Die Frühjahrskonferenz 2011 fand Mitte März 2011 unter dem Titel „Frauenhilfe mit/in Zukunft - Visionen, Ziele, Maßnahmen“ statt. Leider konnten nicht alle Mitglieder des Vorstands daran teilnehmen, und es beteiligten sich leider auch nicht - wie erhofft und durch besondere Einladung erbeten - alle Mitgliedsverbände an dieser Konferenz. Mehr als 70 Teilnehmerinnen nahmen an der Herbstkonferenz zum Thema „Mehr als Kopftuch und Baklava: Islam und muslimische Menschen in Deutschland“ im November 2011 in Soest teil. Die Auffrischung der Grundlagenkenntnisse über den Islam war Ziel der Veranstaltung. Eine Stellungnahme zu den rassistisch motivierten Mordanschlägen in Deutschland wurde einstimmig verabschiedet.

Mit großem Erfolg fanden mit mehr als 600 Gästen vom 30.06. bis 03.07.2011 Oasentage statt - die Impulsreferate zu Beginn, die Moderation in den nachmittäglichen Erzählcafés und die Mitwirkung in den Schlussgottesdiensten teilten sich die Vorsitzende und ihre Stellvertreterin untereinander auf. Über ein vergleichbares Angebot für Leiterinnen wird im Team und im Vorstand nachgedacht.

Im Juli und September wurden - wie in den Vorjahren - sechs Regionale Workshops durchgeführt. Ein Austausch über die Finanzen in der Frauenhilfe bildete den Schwerpunkt der Workshops 2011.

Im Oktober kamen mehr als 20 Gruppenleiterinnen bzw. Leitungsteams, die seit Mitte 2009 ihr Amt übernommen hatten, zu einem Tag des Ehrenamts in der Tagungsstätte in Soest zusammen. Die Vorsitzende und die Mitarbeiterinnen des Teams gestalten den Tag gemeinsam. Die Struktur der Frauenhilfearbeit, ihr Aufbau und ihre Geschichte werden ebenso vorgestellt wie die Angebote des Landesverbandes zur Unterstützung der Arbeit in den Gruppen. Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch der ehrenamtlich Leitenden miteinander wird Raum gegeben. Neue Leiterinnen von Frauenhilfe-Gruppen werden bereits mit dem Begrüßungs- und Dankeschönschreiben zu einer eintägigen Veranstaltung in Soest eingeladen. Das Nachdenken über die Bedeutung des Ehrenamtes und der Austausch untereinander sind den Teilnehmerinnen wichtig. Das Angebot wird auch im kommenden Jahr wiederholt für neue Gruppenleitungen.

Lernen für’s Leben

Die Tagungsstätte Soest und das 3-Sterne-Hotel Erika-Stratmann in Bad Driburg sind zwar von ihren räumlichen Standards sehr unterschiedlich - aber in vielen haben sie in 2011 ähnliches zu verzeichnen: Baumaßnahmen (Soest durch die Tätigkeiten am Altenheim, das Hotel durch Brandschutzauflagen) waren erträglich für die Gäste zu gestalten; und hohe Zufriedenheit der Gäste führt zu weiteren Verbesserungen.
Der Zuspruch durch Frauenhilfen, Einzelreisenden und Freizeitgruppen ist in beiden Häusern (zwar auf unterschiedlichem Niveau), aber durchaus steigend.

Internatsveranstaltungen und Seminarreihen unter dem Motto „Frauen schulen Frauen rund um den PC“ sind weiterhin fester Bestandteil des Angebotes. Die Altersstreuung ist sehr breit (25 bis 75 Jahre).

„Begleitung - Betreuung - Pflege“ umfasst die Angebotspalette der beruflichen Weiterbildung wie Palliative Care, Qualifizierung von Betreuungskräften in Pflegeeinrichtungen, Betreuung demenziell erkrankter Menschen, Burnout-Prävention usw. Dieser Bereich wurde im Jahr 2011 weiter differenziert. Die Vernetzung von Mitarbeiterinnen in Altenheimen, im Fachseminar für Altenpflege und der Erwachsenenbildung der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. wurde für dieses Angebot intensiviert.

Die Tagungen zum Jahresthema bilden nach wie vor das Herzstück der verbandlichen Bildungsarbeit. 2011 wurden unter dem Titel „Wisst ihr noch…? - Bedeutung der Erinnerung in persönlichen und gesellschaftlichen Zusammenhängen“ Veranstaltungen durchgeführt und fanden eine stabile Teilnehmerinnenzahl.
Steigende Teilnehmerinnenzahl an eintägigen Studientagen zu verschiedenen literarischen Themen bestätigte, dass der Themenbereich Literatur erweitert werden kann.

Die Fortbildung für Presbyterinnen in Zusammenarbeit mit dem Frauenreferat der EKvW ist seit Jahren ein gut angenommenes Bildungsangebot.

Die Familienbildung der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen konnte 30 Seminare mit 394 Erwachsenen und 96 Kindern und Jugendlichen 2010 verzeichnen. Das Durchschnittsalter der Teilnehmenden beträgt 50 Jahre. Das Gros der Teilnehmenden, nämlich 60 %, ist zwischen 36 und 55 Jahren alt. Ein Drittel der Teilnehmenden ist in 2010 neu zur Familienbildung gekommen und hat zum ersten Mal teilgenommen. Die Elternkompetenzkurse nach dem Konzept „Starke Eltern - Starke Kinder“ (Kinderschutzbund) kamen drei Mal zustande. Ein weiterer Kurs „Kochen aus Tüten“ konnte in Zusammenarbeit mit der AWO in deren Bewohnerzentrum im Soester Süden mit acht Teilnehmerinnen durchgeführt werden. Das Projekt „Familienpaten“ wurde mit acht Frauen begonnen, die später als ehrenamtliche Unterstützerinnen in junge Familien mit Kindern von 0 bis 3 Jahren gehen werden. Nach Abschluss der Schulung werden die Frauen ein Zertifikat erhalten und weiterhin an regelmäßigen Austausch- und Supervisionstreffen teilnehmen.

Nach wie vor erfreut sich der evangelische Landfrauentag, der in zehn Verbänden, - meistens unter Beteiligung der Landfrauenbeauftragten des Landesverbandes, Birgit Reiche -, stattfindet, großer Beliebtheit. Zwischen 50 und 250 Frauen nehmen an den Veranstaltungen teil.

Das Reiseprogramm hat einen stabilen ständig wachsenden Interessentinnen- und Teilnehmerinnenkreis. Auch im Jahr 2011 gab es wieder ein Pilger-Angebot, diesmal in Erfurt: 16 Frauen nahmen unter der Leitung von Hildegard Blanke ein Angebot des Augustiner-Klosters wahr und pilgerten innerhalb der Stadt Erfurt und in den folgenden Tagen ein Stück des ökumenischen Pilgerweges der starken Frauen. Mit den Sommerlichen Soesttagen, dem Pilgerangebot, den „Märchen und mehr am Meer“, die 2011 zweimal stattgefunden haben, sowie der Tagung in Weimar ergänzen wir unser Reiseprogramm um Angebote für Frauen, die unsere Fernreisen nicht wahrnehmen können oder wollen. Auch am Kirchentag im Dresden 2011 haben 48 Menschen teilgenommen, für die die Frauenhilfe die Reise organisiert hat.

Im Bereich Weltgebetstag fand neben den fünf vom Landesverband verantworteten regionalen Nachmittags- und Tagesveranstaltungen eine zweitägige und vier dreitägige Vorbereitungstagungen in der Tagungsstätte in Soest statt. Erstmalig nahmen Teilnehmerinnen in diesem Jahr den neu angebotenen Studientag „Sprechen und Handeln in Weltgebetstagsgottesdiensten“ in Anspruch.

Sozial und diakonisch arbeiten

Differenziertes Angebot im Frauenhaus Soest
Das Frauenhaus Soest hat sich vom klassischen Frauenhaus als Zufluchtsort zu einem Haus mit angegliederter Beratungsstelle und mit einer Zufluchtswohnung für Frauen mit besonderen Problemlagen entwickelt. Den multiplen Problemlagen der Frauen begegnet unser Frauenhaus durch ein differenziertes Angebot des multi-professionellen Teams. Außerdem ist die Kooperation mit anderen Beratungsstellen, den Jugendämtern und vielen anderen notwendig.

„Hilfe zur Selbsthilfe“ - eine häufig genutzte Zielbeschreibung der Frauenhausarbeit - trifft im Blick auf viele Frauen nicht mehr zu, z. B. auf psychisch kranke Frauen, auf suchtkranke Frauen, auf Frauen die durch organisierte Kriminalität bedroht werden.
Die Frauenhilfen - und das ist auch Ihr Verdienst- sind hoch identifiziert mit der Soester Frauenhausarbeit und ermöglichen eine finanzielle Absicherung durch den Verband.
Das Frauenhaus Soest hat seit Anfang Oktober einen eigenen Internetauftritt (siehe www.frauenhaus-soest.de).

Anstieg der Klientinnen bei NADESCHDA
Die Zahl der Klientinnen ist in der Frauenberatungsstelle für Opfer von Menschenhandel, NADESCHDA, in den letzten Jahren ständig gestiegen. 2010 wurden 46 Klientinnen betreut, obwohl eine halbe Stelle weniger als zuvor in der Beratungsstelle für die Opfer von Menschenhandel zur Verfügung stand.
Den Kirchenkreisen, Gemeinden und landeskirchlichen Einrichtungen in OWL sowie den Frauenhilfen sind wir dankbar für die regelmäßige Berücksichtigung bei Spenden und Kollekten und den Kauf unserer Schokolade „Hoffnung ist teilbar!“.

Guter Anfang bei THEODORA
Seit dem 01.03.2011 arbeitet Theodora, Prostituierten- und Ausstiegsberatung für Mädchen und junge Frauen in Ostwestfalen-Lippe (OWL), als „kleine Schwester“ der Beratungsstelle Nadeschda in den gleichen Räumen in Herford. Theodora ist nach der gleichnamigen byzantinischen Kaiserin (ca. 497 - 548 nach Christus) benannt, die selbst im „Rotlichtmilieu“ ihrer Zeit aufgewachsen ist und sich als Kaiserin für die Rechte von Prostituierten eingesetzt hat.

Dank einer Förderung durch Aktion Mensch für zunächst drei Jahre haben wir als Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V. die Möglichkeit, die wichtige Arbeit adäquat aufzubauen, die wir bereits ohne staatliche Förderung in 2010 angefangen hatten. Drei Mitarbeiterinnen auf 1,75 Personalstellen  knüpfen seitdem Kontakte zu Behörden und ins Milieu. Von Anfang an verzeichnet Theodora eine stabile Zahl von Klientinnen, von denen viele die Beratung beim Ausstieg aus der Prostitution wünschen. Leiterin ist - wie bei der Beratungsstelle Nadeschda - Pfarrerin Birgit Reiche.

In den ersten Wochen der Beratungsstelle ist neues Material für die Öffentlichkeitsarbeit von Theodora erstellt worden. Am 08.04.2011 wurden die Eröffnung der Beratungsstelle und die Einführung des Teams mit einem Gottesdienst und anschließendem Empfang gefeiert. Der Gottesdienst, der bewegende Festvortrag der Leiterin der Dortmunder Mitternachtsmission, Jutta Geißler-Hehlke, sowie die Grußworte und viele Fotos vom Tag sind auf der Homepage der Frauenhilfe dokumentiert.
Neben der Förderung durch Aktion Mensch sind wir für die Arbeit von Theodora auf weitere Förderungen und Spenden dringend angewiesen.

Lebensnahe Arbeit durch den „Sozialen Dienst Frauenhilfe“
Der „Soziale Dienst Frauenhilfe“ (SDF) ist ein westfälisches Netz, bestehend aus drei Kontaktstellen in Siegen, Soest und Bochum-Wattenscheid. Die Kontaktstelle in Gelsenkirchen verfügt über telefonische Sprechzeiten und Anrufbeantworter. Der SDF versteht sich als „Anlaufstelle“ für ein erstes Gespräch, hilft bei praktischen Fragen und vermittelt Kontakte zu Behörden und öffentlichen / kirchlichen Beratungsstellen. Hemmschwellen, weiterführende Beratungen in Anspruch zu nehmen, sollen abgebaut werden. Dabei können ratsuchende Frauen auch über einen längeren Zeitraum begleitet werden. Informationen, Fort- und Weiterbildung für ihre Tätigkeit erhalten die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen in regelmäßigen Zusammenkünften bei der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. in Soest.

In Bochum-Wattenscheid und Siegen arbeiteten sich die neuen Mitarbeiterinnen gut in den Kontaktstellen ein und wurden zu einer erfreulichen Verstärkung der Teams. Die bewährte Kombination von Kleiderkammer und Gesprächsangebot blieb unverändert bestehen. Die neu renovierte Siegener Kontaktstelle erhielt einen Computer mit Internet-Zugang.

Die SDF-Arbeit in Soest ist durch die Mitarbeiterin dort eng mit der Mütterkurarbeit verknüpft. Es ergaben sich verschiedene Anlässe zur Zusammenarbeit z.B. mit dem Frauenhaus, der Soester Tafel, der Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle und einem begleiteten Treff- und Kontaktangebot für junge, alleinerziehende Mütter und ihre Kinder. Zudem koordiniert die Mitarbeiterin die Einsätze der Familienpatinnen (ein Projekt der Familienbildung des Landesverbandes).

Ca. 160 Menschen suchten 2010 beim SDF persönlichen oder telefonischen Kontakt, Rat oder Hilfe. Die Begleitung und Koordination des SDF liegt bei der Verbands- und Bildungsreferentin des Landesverbandes, Regina Sybert-Goldstein.

Sich differenzierende Wohnangebote im Frauenheim Wengern
Auf dem Weg zum Ziel „selbstbestimmtes selbständiges Leben“ begleitet das Frauenheim Wengern mittlerweile 81 Personen mit einer psychischen Erkrankung und 83 Personen mit geistigen Behinderungen. Aus dem „Frauenheim Wengern“ - einer Einrichtung für Menschen mit geistigen Behinderungen - ist ein Anbieter von Wohnangeboten für Menschen mit geistigen Behinderungen und im gleichen Maße für Menschen mit psychischen Erkrankungen (Störungen/ Beeinträchtigungen) geworden.
Diese Veränderung und die Begleitung zahlreicher Männer mit psychischen Erkrankungen lassen uns über eine Namensänderung für das „Frauenheim Wengern“ nachdenken. Eine Arbeitsgruppe ist derzeit dabei, Vorschläge zu erarbeiten.

Die Begleitung der Menschen mit psychischen Behinderungen stellt uns in besonderer Weise vor zwei Herausforderungen:
Eine Herausforderung ist die Deckung des zusätzlichen pflegerischen bzw. des sehr differenzierten Hilfebedarfs. Bereits in einem Alter ab 40 Jahren können Personen mit psychischen Erkrankungen unterstützende pflegerische Hilfen, barrierefreie Sanitär- und Wohnräume und eine Tagesstruktur außerhalb der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen (WfbM) benötigen. Der körperliche Abbauprozess (Hüft-, Knie-OPs etc.) ist bei Menschen mit psychischen Störungen früher zu beobachten als im Durchschnitt der Gesamtbevölkerung.

Eine weitere Herausforderung ist die Deckung des intensiven engmaschigen Hilfebedarfs. Immer häufiger begleiten wir junge Menschen mit Bindungsproblematiken, die zwischen 18 und 23 Jahre alt sind. Sie benötigen eine enge vertrauenschaffende Anbindung an eine Bezugsperson sowie einen klar strukturierten und überschaubaren Tages- und Wochenablauf, um die vorhandenen Ressourcen zu erkennen und dementsprechend zu fördern. Reizarme, suchtmittelfreie Umgebungen sind dabei wünschenswert, stehen aber nicht im Trend der „modernen“, quartiersbezogenen, „mittendrin“ Behindertenpädagogik. Kostenträger dieser Hilfen sind die Jugendämter. Der Weg in Richtung Jugendhilfe ist somit beschritten.

Um diesen Herausforderungen gerecht werden zu können, muss Fachpersonal gewonnen, weiter- und fortgebildet werden. Im baulichen Bereich müssen weitere wettbewerbsfähige und barrierefreie sowie den Auflagen entsprechende Räumlichkeiten geschaffen werden. Beratungen haben ergeben, dass wir den baulichen Notwendigkeiten am ehesten nachkommen, indem wir neu bauen. Derzeit werden 24 stationäre Plätze, 2 - 3 Kurzzeitpflegeplätze und 24 Plätze für die Tagesstruktur zur internen und externen Nutzung geplant. Ob die Planungen umgesetzt werden können, wird nicht zuletzt davon abhängen, ob die Finanzierung durch öffentliche Mittel gesichert wird. Für die Übergangszeit müssen auf dem Gelände des Frauenheims in Wengern Zimmer so renoviert werden, dass wesentliche Auflagen erfüllt werden.

Größere Angebotspalette der Werkstatt für Menschen mit Behinderten in Wengern
Insgesamt arbeiten in der Werkstatt für Menschen mit Behinderten (WfbM) in Wengern mittlerweile 70 der 170 Werkstattbeschäftigten in den Montagebereichen. Dadurch ist die WfbM Wengern als Dienstleister für Industriebetriebe noch interessanter geworden. Das gestiegene Interesse bildet sich an der guten Auftragslage und den steigenden Umsätzen in den Jahren 2010 und 2011 ab.

Darüber hinaus konnte die WfbM mehrere Praktikums- und Außenarbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen einrichten. Beispiele dafür sind Praktika in verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben der Umgebung, einen Außenarbeitsplatz im hauswirtschaftlichen Bereich eines Kindergartens der Evangelischen Kirchengemeinde Wengern sowie einen Platz in der hauseigenen Großküche. Die Beschäftigten können während der Praktika ihre bisher erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse unter Arbeitsmarktbedingungen testen, um auch beruflich mehr Selbständigkeit zu erlangen. Auf diese Weise versucht die Werkstatt, Menschen mit Behinderungen Inklusion in die allgemeine Arbeitswelt zu bieten. Vorteilhaft ist, dass die WfbM seit über einem Jahr einen Integrationsassistenten (IA) eingestellt hat, der die Weiterentwicklung der Beschäftigten in Richtung auf den ersten Arbeitsmarkt begleiten kann und Außenarbeitsplätze akquiriert. Für einzelne Werkstattbeschäftigte ist dies der Schritt nach außen nach erfolgreicher Förderung innerhalb der unterschiedlichen Arbeitsbereiche der WfbM.
Auch der Berufsbildungsbereich (BBB) ist so angelegt, dass in den ersten zwei Jahren der Tätigkeit in der WfbM die betreuten Menschen mit Behinderungen in verschiedenen Einzelmodulen und Praktika auf ihre zukünftige Tätigkeit in der Werkstatt oder außerhalb geschult werden. Das neue Fachkonzept für den BBB wurde von der Agentur für Arbeit ohne Änderungswünsche genehmigt.

Verändertes Leistungspaket der SIGA
Die Angebote und Arbeitsbereiche der SIGA in Werdohl sind in 2011 deutlich reduziert worden. Die SIGA konzentriert sich auf tagesstrukturierende Maßnahmen, Zuverdienstangebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen und derzeit noch auf die Kooperation mit dem Diakonischen Werk des Kirchenkreises und der ARGE. Diese Kooperationen sollen nach dem Ende der Laufzeiten nicht verlängert bzw. neue Projekte aufgelegt werden. Die SIGA wird in Zukunft ein Angebot sein für Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses Wegwende, für Klientinnen und Klienten des Betreuten Wohnens Frauenhilfe und für Menschen, die die SIGA als niedrigschwellige Zuverdienstmöglichkeit nutzen möchten.

Wachsende Nachfrage in den Fachseminaren für Altenpflege
An beiden Fachseminaren - in Hamm und in Soest - ist eine wachsende Zahl von Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern sowohl in der dreijährigen Ausbildung wie auch in der einjährigen Altenpflegehilfeausbildung zu verzeichnen. Da ab Mitte 2012 eine Umlagefinanzierung eingeführt werden wird, werden weitere Ausbildungsplätze in Unternehmen geschaffen werden, die sich bisher nicht an der Ausbildung beteiligt haben. Diese Veränderung trägt dazu bei, einerseits den Bestand und den wirtschaftlichen Erfolg der Fachseminare zu sichern; andererseits dem Fachkräftemangel zu begegnen. Wir freuen uns sehr, dass alle Absolventinnen und Absolventen der Ausbildungsgänge direkt im Anschluss an ihre Ausbildung eine Anstellung finden. Die Bedingungen, unter denen die Arbeitsverträge geschlossen werden, haben sich zudem auf Grund des Fachkräftemangels verbessert: Es werden nicht mehr ausschließlich Teilzeitverträge geschlossen und das Niveau der Bezahlung ist durchschnittlich gestiegen.

Verbesserungen der Lebensqualität in unseren Alten- und Pflegeheimen
Unsere beiden Alten- und Pflegeheime - Haus Phöbe in Rimbeck und Lina-Oberbäumer-Haus in Soest - haben in diesem Jahr gute Noten vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen erhalten: Haus Phöbe 1,8 und das Soester Haus 1,2. Nach längeren Baumaßnahmen in Soest und nach einer Eröffnungsfeier sind nun die 80 Betten belegt. Baumaßnahmen in Haus Phöbe wurden durch Brandschutzbestimmungen verursacht. Beide Häuser wurden von Fachleuten der Bundesinteressenvertretung der Nutzerinnen und Nutzer von Wohn- und Betreuungsangeboten im Alter und bei Behinderung (BIVA) begutachtet und erneut ein hervorragendes Verbraucher-Gutachten ausgestellt. Die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V. wird zum Ende des nächsten Jahr ein weiteres Alten- und Pflegezentrum „Lübecker Ring“ in Soest betreiben, das 80 Plätze für Frauen und Männer vorhalten wird.

Manuela Schunk, Dezember 2011

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