Arbeitgeberin für 150 Menschen feiert 30jähriges Bestehen

(August 2019)

Arbeitgeberin für 150 Menschen feiert 30jähriges Bestehen (August 2019)

Werkstattleiter Thomas Schiebille und Gärtnermeister Fritz Tolksdorf (von links) freuen sich über das 30jährige Bestehen der Werkstatt.

Seit 1917 gibt es das FRAUENHEIM WENGERN, doch die Werkstatt für Menschen mit Behinderungen ist wesentlich jünger. Sie feiert 30. Geburtstag. Grund genug nicht nur zu feiern, sondern auch einen kleinen Rück- und Ausblick zu wagen. Seit 30 Jahren für sinnvolle Beschäftigung, individuelle Betreuung und Anleitung von Menschen mit Behinderungen sorgen – darauf blickt die Werkstatt des FRAUENHEIM WENGERN in diesem Jahr zurück. Das FRAUENHEIM WENGERN unterstützt seit vielen Jahrzehnten rund 200 Menschen mit Behinderungen in der Region Wetter und Umgebung auf ihrem Weg. Weitere rund 150 Arbeitsplätze erhalten Schwerbehinderte in der „Werkstatt für Menschen mit Behinderungen“ (WfbM) des FRAUENHEIM WENGERN, zudem berufliche Bildung und sozialversicherungspflichtige Arbeit. Sinnvolle und produktive Arbeit finden diese unter Anleitung und ständiger Begleitung im Grünen Bereich mit Gartenbaubetrieb, in der Landwirtschaft, im Bio-Laden oder im Hauswirtschaftlichen oder Montage-Bereich. Zur Zeit betreuen 24 Fachkräfte rund 150 Menschen mit Behinderungen.

„Es ist ein Irrglauben, dass es jeder auf den ersten Arbeitsbereich schaffen kann“, sagt Werkstattleiter Thomas Schiebille. „Es gibt Menschen mit Unterstützungsbedarf. Für sie können wir als Werkstatt kleine Strukturen schaffen, in denen auch sie eine Leistung erbringen können.“ Sei ein Betrieb allein auf Gewinn orientiert, würde es schwierig, solche Nischen zu bieten. Fähigkeiten Ausdauer und Geschwindigkeit, gehören auch zu den Dingen, die in der Werkstatt trainiert werden; Qualitäten, die auch in der freien Wirtschaft gefordert werden. „Früher hatte beinahe jedes Unternehmen einen Arbeitsplatz für Menschen mit geringeren Fähigkeiten“, sagt Thomas Schiebille. Doch Rationalisierung und Spezialisierung haben dafür gesorgt, dass niemand mehr nur den Hof fegt oder die Post von Büro zu Büro trägt. Werkstätten müssen fester Bestandteil des allgemeinen Arbeitsmarktes bleiben, ist sich Schiebille sicher. Sie seien die Fachbetriebe in der Begleitung vom Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen im Arbeitsleben und deren Betreuung müsse finanziell gesichert bleiben. „Durch intensive Zusammenarbeit von Wirtschaft und Werkstätten mit ihrem jeweiligen besonderen Know-How, können beide gemeinsam durch qualifizierte Arbeit für Menschen mit Behinderung, diese näher an den 1. Arbeitsmarkt heranbringen.“

14 Beschäftigte feiern 30jähriges Dienstjubiläum
Die dauerhafte Beschäftigung von Menschen mit Behinderung in Werkstätten hatten die Vereinten Nationen im Rahmen der Staatenprüfung Deutschlands als nicht inklusiv kritisiert. Trotzdem ist die Zahl der Werkstattbeschäftigten zwischen den Jahren 2006 und 2017 von 250.000 auf rund 310.000 gestiegen. Nur etwa einem Prozent von ihnen gelingt bisher ein Wechsel von der Werkstatt in den
ersten Arbeitsmarkt. „In 2017 haben zwei Beschäftigte den Sprung auf den ersten Arbeitsmarkt in ein Integrationsunternehmen geschafft“, so der in Bochum lebende Leiter. „Überwiegend haben die betreuten Beschäftigten in der Werkstatt ihren Dauerarbeitsplatz für ihr ganzes Arbeitsleben gefunden“, stellt der Werkstattleiter richtig. Der 54jährige Betriebswirt leitet die Werkstatt bereits seit 23 Jahren. „Dementsprechend feiern dieses Jahr 14 Beschäftigte ihr 30jähriges Dienstjubiläum!“ Ein großes Fest für die Beschäftigten steht am 30. August auf dem Plan.

Die Angebotspalette heute
Die WfbM bietet zwei geschützte und unterstützte Angebote im Bereich Arbeit an: berufliche Rehabilitation im Rahmen des Berufsbildungsbereiches (BBB) einerseits und fördernde und fordernde Dauerarbeitsplätze in den unterschiedlichen Werkstattbereichen andererseits. Beides erfolgt gegen Entgelt und ist renten- und krankenversicherungspflichtig. „Beides kann ein Sprungbrett zum allgemeinen Arbeitsmarkt sein, unterstützt durch Praktika und Außenarbeitsplätze außerhalb der Werkstatt“, betont der Leiter der WfbM. Menschen, die nicht oder zeitweise nicht in der WfbM am Arbeitsleben teilhaben können, benötigen - so Schiebille - Angebote, die sozialer Isolation und Vereinsamung entgegenwirken. Der Einstieg in die WfbM erfolgt durch ein 3 monatiges Eingangsverfahren und 24 Monate im Berufsbildungsbereich. Räume dafür sind in der Außenstelle Werkstatt Schöntal, in der z.Zt. 3 Mitarbeitende 15 Teilnehmende betreuen. „Dies sind überwiegend Menschen mit geistiger Behinderung im Alter zwischen 19 und 25 Jahren, die teilweise zusätzlich eine Verhaltensauffälligkeit aufweisen. Einzelne haben psychische Behinderungen“, erläutert Schiebille.

„Grüner Bereich“ nennen es die Frauenheim-Mitarbeitenden, wenn sie von Landwirtschaft, Gartenbau sowie der Direktvermarktung sprechen. 34 Männer und Frauen mit überwiegend geistiger Behinderung im Alter zwischen 22 und 62 Jahren sind hier in der Regel beschäftigt, jeder dort, wo er nach seinen Fähigkeiten eingesetzt werden kann. Seit 2004 wird auch die mit 30 ha relativ kleine Landwirtschaft nach Bioland geführt, so dass  alle Produkte des Grünen Bereiches als Bioprodukte gemeinsam vermarktet werden können. Fast ausschließlich Dienstleistungen für den stationären Wohnbereich erbringt der Hauswirtschaftliche Bereich. 2 Mitarbeitende leiten dabei 14 Menschen mit Behinderungen im Alter von 25 bis 60 Jahren in der Hausreinigung an und 2 Mitarbeitende 16 Menschen mit Behinderungen, die zwischen 22 und 63 Jahre sind, in der Wäscherei. Verpackungs-, Etikettier-, und Kommissionierarbeiten termingerecht mit Qualitätskontrolle der Produkte für 8 bis 10 mittelständische Industrieunternehmen aus der näheren Umgebung - das sind die Aufgaben für 71 Menschen mit Behinderungen aller Art im Bereich der Montage. Sie gibt es in 4 Arbeitsgruppen und im Förderbereich für Menschen mit Mehrfachbehinderung, in der 13 Frauen und Männer tätig sind. Am Böllberg sind die Räume für 2 Arbeitsgruppen sowie für den Förderbereich und in der Werkstatt-Außenstelle Schöntal die zweier weiterer. Die Beschäftigen im Alter von 20 bis 65 Jahren werden von insgesamt 13 Mitarbeitenden angeleitet.

Ortsnahes Angebot in Wetter-Schöntal
Die Werkstatt-Außenstelle Schöntal ist eine Filiale der Werkstatt, deren Zentrale weiterhin mit ca. 100 Arbeitsplätzen auf dem Gelände „Am Böllberg“ ist. Seit 2017 arbeiten nun 35 Menschen mit Behinderungen in der Wasserstraße in Alt-Wetter. „Es ist ein ortsnahes Angebot und betont die Selbständigkeit“, verweist Schiebille. „Durch die Außenstelle im Gewerbegebiet ist ein wichtiger Schritt in Richtung Inklusion in der Arbeitswelt gelungen“, stellt der WfbM-Leiter fest.

Fenster schließen

 

Impressum  |  Datenschutz