Jahresbericht 2020

(Januar 2021)

Jahresbericht 2020 (Januar 2021)

Frauenhilfearbeit - Bildungsorientiert. Gemeindebezogen. Sozialdiakonisch.

Corona, Pandemie, Shut-down, Lockdown - diese Begriffe ziehen sich durch das Jahr hindurch. Allen Planungen und Überlegungen standen und stehen unter dem Vorbehalt „wenn …“ - Mut- und Tatenlosigkeit könnten sich breitmachen.
Bei allen Beteiligten liegt die ganz persönliche Lebenssituation vor - mit der Sorge um altgewordene Eltern, kranke Angehörige, eigene Vorerkrankungen. Furcht vor Ansteckung beschleicht manche geradezu wellenförmig, macht dünnhäutig und nervös.
Bei allen Beteiligten kommt zu allem hinzu die Verantwortung und Verantwortlichkeit für andere Menschen - jene in der Nachbarschaft, in den Gruppen, in den Gemeinden, in den Einrichtungen und Diensten.
Wenn wir nicht an die uns anvertrauten Menschen und an jene, die in unseren Einrichtungen wohnen, betreut, begleitet, gepflegt werden, weiterhin betreuen, begleiten, pflegen wollten, wenn sie nicht weiterhin Heimat brauchten und auch bei uns finden sollten, könnte sich Mut- und Tatenlosigkeit breitmachen.
Die Mitarbeiter*innen der Frauenhilfe dürfen Gesundheit und Arbeitsplatz nicht verlieren; sie müssen aber auch darin unterstützt werden, ihre Motivation und Tatkraft, ihre Identifikation mit ihren Arbeitsbereichen und ihre Fürsorglichkeit zu erhalten oder - nach kleinen Pausen - wieder herzustellen.

Und dann gibt es all die anderen Themen, Herausforderungen, Ereignisse, die unsere Aufmerksamkeit fordern; all die Menschen, die wenigstens von uns ins Gebet genommen werden sollten; all die Zukunftsfragen in Kirche und Gesellschaft, die jenseits der Entwicklung eines Impfstoffes bedacht und beraten werden müssen.
Die Menschen in Moria haben nicht einmal mehr ihre Planen im Dreck. Sie können sich nicht schützen, weil Enge und fehlende Sanitärversorgung sie schutzlos dem Virus ausliefern. Ihnen fehlt jede Perspektive, weil die sogenannte Staatengemeinschaft ihr politisches Spiel mit ihnen treibt.
Die in unserem Wald, in Kalifornien, in der Arktis, in Sibirien, in Brasilien täglich sichtbaren Folgen des Klimawandels rücken zwar in den Nachrichten nach hinten, sind aber - und das ist gut so - präsent. Die Menschen im globalen Süden hungern, weil ihnen die Pandemie ihre Lebensgrundlage, ihre Erwerbsmöglichkeit nimmt, weil die Menschen im Norden zum Beispiel zu wenig Kleidung kaufen oder das Virus sie einsperrt in ihren Dörfern.

Manche lässt sich das Herz einschnüren. Mancher schafft es nicht, auch noch auf andere zu sehen, für andere zu beten. Manche öffnet das Herz weit, fast zu weit, und überfordert sich. Mancher bleibt ganz bei sich, blendet alles aus, was von außen kommt.
Zeit nach Kraftquellen zu suchen, nach den eigenen, denen der Gemeinschaft der Frauenhilfe, denen der Gemeinschaft der Christ*innen.

Eine gute Voraussetzung, nicht kraft- und mutlos zu werden, war in den letzten Monaten die Zusammengehörigkeit innerhalb unseres Verbandes - menschlich und strukturell.
Wie wohltuend und not-wendend war es dann auch z.B., dass ehrenamtliche Näherinnen und hauptamtlich in Siegen und Soest Beschäftigte zunächst für den „eigenen Bedarf“ der Bewohner*innen in Wengern und später für die Menschen im Lager Moria mehrere Tausend Masken nähten.
Die Einrichtungsleitungen waren im intensiven Austausch untereinander und mit der Leitenden Pfarrerin. Es ging um geteilte Sorgen, aber auch die Vergewisserung, dass Entscheidungen gemeinsam getragen werden; manchmal auch um Klage und wenn es sein musste, auch um Jammern. Wir lassen uns nicht zermürben, wir denken weiter in die Zukunft und achten dabei aufeinander, dass wir uns im Blick behalten und nicht überfordern - so lässt sich die Stimmung vielleicht beschreiben, zu der Vorstand und Verwaltung ebenso beigetragen haben wie die Einrichtungsleitungen.

Die Mitarbeiter*innen in den Altenheimen, in den Einrichtungen der Behindertenhilfe, der Pflegeschulen, des Frauenhauses und der Beratungsstellen haben in den letzten Monaten Großes geleistet. Trotz eigener häuslicher Belastungen durch gefährdete Angehörige, Homeschooling usw. gab es kaum Krankmeldungen oder Urlaubsanträge während der Zeit der Lockdowns. Als die ersten Lockerungen möglich wurden, war allerdings auch deutlich Erschöpfung festzustellen.
Schwierig war im Mai die kurzfristige Entscheidung des NRW-Ministeriums, am Muttertag Einrichtungen für Besucher*innen zu öffnen. Die Umsetzung innerhalb von zwei Tagen hat erheblichen Kraftaufwand gefordert, noch mehr Personaleinsatz, zum großen Teil von Frauen, die auch Mütter sind und/oder Mütter haben. Den meisten Menschen in unseren Häusern jedoch ging es den Umständen entsprechend gut. Die meisten Angehörigen waren verständig, teilweise fühlten sie sich entlastet, weil sie sich auf ihre eigene Situation konzentrieren konnten. Außerdem: nicht alle Bewohner*innen haben Angehörige und nicht alle Angehörigen kommen regelmäßig zu Besuch - ob in Zeiten mit oder ohne Corona.
Unsere Mitarbeiter*innen fühlten sich zeitweise unter Rechtfertigungsdruck gegenüber der Heimaufsicht, den Gesundheitsbehörden, den Angehörigen, den Bewohner*innen und dann auch noch gegenüber einer emotional aufgeladenen Öffentlichkeit.
Zum Schutz der Gesundheit der Bewohner*innen und der Mitarbeiter*innen war es erforderlich, die Hygiene- und Besuchskonzepte auf der Basis der verbindlich durchzuführenden Richtlinien des Gesundheitsamtes und des Robert-Koch-Instituts (RKI) kontinuierlich zu ergänzen oder sogar neu auszurichten, um auf alle Erfordernisse gesetzeskonform zu reagieren.

Die Zusammengehörigkeit, die Gemeinschaft in den Gemeinden, die den Frauenhilfeschwestern so wichtig ist, erwies sich auch in der verbandlichen, gemeindebezogenen Frauenhilfearbeit als tragfähig. Schnell fiel mit den pädagogischen und theologischen Mitarbeiterinnen im Team die Entscheidung, Andachten zu schreiben, die jede für sich halten kann, die am Telefon geteilt werden können, die kopiert werden können und mit kleinen Geschenken über Balkone und Treppenhäuser verteilt werden können. Als Gemeindehäuser geschlossen waren und Gottesdienste in Formaten stattfanden, die für viele Frauenhilfefrauen nicht zugänglich waren, stärkten die Andachten die Gemeinschaft, den Glauben; waren für viele ein Mittel gegen Gefühle von Verlassen sein und Einsamkeit.
Anrufe aus Soest bzw. von der Vorsitzenden aus Münster bei den Vorsitzenden der Bezirks-, Stadt- und Synodalverbände, bei einzelnen Frauen, die besonders starke Einschränkungen zu tragen haben, gaben das Signal: wir bleiben verbunden; wir kümmern uns umeinander. Die regionalen Workshops als Telefonkonferenzen im Juni und November durchgeführt, waren eine Vergewisserung für die Beteiligten: Wir bleiben im Gespräch, wir teilen unsere Sorgen, wir teilen unsere Ideen.

Es entfaltete sich ein kreatives Potential, das Bewunderung und Staunen auslöste. Die gute alte „Hülfe“ erlebte nicht nur einen Digitalisierungsschub, sondern auch ganz neue Impulse für die Pflege der Gemeinschaft, den geistlichen Austausch. Verband heißt eben Verbundenheit und Verbindlichkeit - auch mit (körperlichem) Abstand.
Von Menschen und Institutionen kam Unterstützung. Frauenhilfefrauen, die für unsere Einrichtungen spendeten: „Wir fahren nicht in Urlaub, da kann ich mehr geben als sonst“; „Wir treffen uns ja mittwochs nicht, dann überweise ich eben, was ich sonst in das Körbchen lege“. Kraftquellen!

Seelsorgliche Angebote auch für die Mitarbeiter*innen, geben Gelegenheit, Kraftreserven zu speichern, besonnen zu bleiben, Furcht nicht zu Panik werden zu lassen oder in Gleichgültigkeit zu verfallen.

„Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ Diesen Geist möge Gottes Geistkraft unter uns lebendig halten.

Nur gemeinsam können wir einlösen, was unsere Satzungen uns in den „Dienstauftrag“ schreiben: bildungsorientiert und sozialdiakonisch zu arbeiten und das Evangelium von Jesus Christus in die Lebenswirklichkeit von Frauen hineinzutragen.

Vier Vorstandssitzungen und eine Klausursitzung des Vorstandes zeigen, wie arbeitsreich auch dieses Jahr für den Frauenhilfeverband war. Der Vorstand hat die Aufgabe, in Übereinstimmung mit der Mitgliederversammlung sowie satzungsgemäß die Rahmenbedingungen des Vereins inhaltlich, theologisch und finanziell festzulegen. Er beschließt in seinen Sitzungen über die Verbandspolitik und Verbandsstrategie.
Die Einstellung der Arbeit der Beratungsstelle TAMAR Südwestfalen zum Mai 2020 wurde in der Vorstandssitzung im Februar beschlossen. Die Prostituierten- und Ausstiegsberatung findet seitdem für den Kreis Siegen-Wittgenstein statt.
Nach einem Ausschreibungs- und Auswahlverfahren wählte der Vorstand in seiner Juni-Sitzung als Nachfolgerin von Pfarrerin Angelika Weigt-Blätgen, die im Mai 2021 in den Ruhestand gehen wird, als leitende Pfarrerin des Vereins Pfarrerin Birgit Reiche.
Einen Schritt in Richtung projektbezogener Arbeit ist durch die Einstellung von Christina Vetter als Verbands- und Projektreferentin gemacht. Sie berät und unterstützt Bezirks-, Stadt- und Synodalverbände und arbeitet außerdem bei der Erstellung von Materialien mit und plant Angebote in der Soester LeibSeeleKüche.

Zur Jahreseröffnungskonferenz im Februar
in Soest trafen sich der Vorstand, das theologisch-pädagogische Team und die Einrichtungsleitungen. Die Frühjahrskonferenz im April musste aufgrund der Corona-Beschränkungen abgesagt werden.
Die Mitgliederversammlung stand unter der Wiedersehensfreude vieler Delegierter und einem beeindruckenden Gottesdienst zum Thema „Frauen.Macht“, dem Modell für die Gottesdienste zum Sonntag Judika in 2021. In der Herbstkonferenz mit 35 Frauen im Oktober in Soest ging es um kritische Medienkompetenz in Zeiten von alternativen Wahrheiten, Fake News und Co.

In beiden Zusammentreffen begrüßten die Anwesenden die Aktion des Verbandes zur Seenotrettung im Mittelmeer mit dem Aufruf: „Gedenken Sie der Toten im Mittelmeer am 10. Dezember an öffentlichen Plätzen!“
1.319 aus Zeitungspapier gefaltete Boote sollten in jeder Gemeinde an öffentlichen Orten am Tag der Menschenrechte mit einem bestimmten Ritual abgelegt werden. Frauen der Frauenhilfen, Konfirmand*innen der Kirchengemeinden, Mitglieder von örtlichen Asylkreisen, der Flüchtlingshilfe, der Evangelischen Jugend, der Frauenausschüsse, Einzelhändler und andere spontane Helfer*innen beteiligten sich an den Aktionen z.B. in Ahlen, Bad Lippspringe, Bergkamen, Bielefeld, Billmerich, Datteln, Fröndenberg, Gütersloh, Haltern, Haßlinghausen, Hemmerde, Herten, Hamm, Lippstadt, Neubeckum, Münster, Ochtrup, Oer-Erkenschwick, Olfen, Schwerte, Siegen, Soest, Sprockhövel, Unna oder Werl. Gottesdienste, Gedenkminuten oder Andachten wurden nach Ausbringen der Papierboote z.B. in Kirchen, an Flussufern oder vor Rathausplätzen abgehalten. Die Gedenkaktion wurde in unzähligen kleineren und größeren Formaten in Südwestfalen, im Ruhrgebiet, in Ostwestfalen und im Münsterland aufgegriffen. Rundfunk, Fernsehen und Presse, regional und überregional berichteten darüber.
Das Bündnis United4Rescue, dem auch die EFHiW angehört, hat das ehemalige Forschungsschiff „Poseidon“ für 1,5 Millionen Euro erworben. Die EFHiW war zur Schiffstaufe im Februar nach Kiel eingeladen, bei der das Schiff seinen neuen Namen erhielt: „Sea-Watch 4“. Die Vorsitzende, Angelika Waldheuer, hat die EFHiW bei dieser Veranstaltung vertreten.
Nach einem ersten Rettungseinsatz wurde die „Sea-Watch 4“ von italienischen Behörden nach einer Schiffssicherheitsprüfung im September 2020 in Palermo festgesetzt.
Im November hat das Bündnis beschlossen, ein zweites Schiff zu finanzieren: Sea-Eye-4 muss umgebaut werden und Anfang 2021 Menschenleben im Mittelmeer retten: „Denn ein Menschenleben ist unbezahlbar - Seenotrettung nicht.“

Das 25jährige Ordinationsjubiläum von Verbandspfarrerin Birgit Reiche wurde im Rahmen der Herbstkonferenz gewürdigt.

Rundbriefe, Infos und Regionale Workshops dienen der innerverbandlichen Kommunikation ebenso wie der interne Bereich im Internet und seit 2018 die mobile App „Frauenhilfe unterwegs. Über Facebook sind alle eingeladen, mit uns und untereinander zu kommunizieren.

Es gehört zum Verbandsprofil, deutlich Stellung zu beziehen zu politischen, und kirchlichen Themen mit frauenspezifischem Blick. Zu den Aktionen in 2020 zählten u.a. die Petition gegen „Rasse“ im Grundgesetz, der „Applaus für die Pflege“ zum Internationalen Jahr der Pflege im Judika-Material, die Unterschriftenkampagne zum Lieferkettengesetz im Jahresthema 2020 sowie die Gedenkaktion zur Seenot im Mittelmeer.

Zwischen Februar und März fanden die Evangelischen Landfrauentage in sechs unserer Verbände statt. Birgit Reiche, Lindtraut Belthle-Drury und Claudia Montanus waren in je einer Region die Referentinnen. Alle Tagungen, die ab Mitte März geplant waren, sind Corona-bedingt ausgefallen. Die Landfrauentage gehören ebenfalls zu den traditionsreichen Veranstaltungsformen, die die enge Verzahnung von Bezirks-, Synodal- oder Stadtverbänden mit dem Landesverband in einer Region deutlich machen.
Aufgrund der Corona-Pandemie mussten im 1. Halbjahr 2020 ab Mitte März alle Veranstaltungen im Bereich der Erwachsenenbildung auf allen Ebenen des Verbandes und der Arbeitsbereiche abgesagt werden. Davon betroffen waren im besonderen Maße auch die Tagungen zum Jahresthema, von denen nur sehr wenige durchgeführt werden konnten. Ein kurzes Zeitfenster im Jahr 2020 wurden Veranstaltungen mit Präsenz durchgeführt - die Nachfrage war sehr gut. Schließlich wurden ab November digitale Formate mit einer Weltgebetstags-Veranstaltung und einem Modul des ‚Basiskurses Kirche und Diakonie‘ erfolgreich umgesetzt.
Neben dem Jahresthema ist der Weltgebetstag (WGT) ein starkes Bindeglied aller Ebenen des Verbandes. Gemeinsam mit dem Materialversand und der Verwaltung der WGT-Kollekten ist der Weltgebetstag ein umfangreiches Arbeitspaket der Evangelischen Frauenhilfe, das seine Strahlkraft in die katholische Frauenarbeit und die Arbeit der Frauen anderer Konfessionen und Denominationen hinein hat. Zu den kreativen „Corona-Beiträgen“ zählten das WGT-Lied und ein Lesezeichen „Steh auf“ von Claudia Montanus.

Das seit vielen Jahren bewährte modulare Fortbildungsangebot für Presbyterinnen in Kooperation mit dem Frauenreferat der Landeskirche wird weiterhin gut angenommen.
Nach den Kirchwahlen 2020 fanden im September zwei Tagungen mit jeweils 23 Teilnehmerinnen statt.
Der „Basiskurs Kirche und Diakonie“ - Kooperationsveranstaltung zwischen der Evangelischen Bildungsstätte Bethel und der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen - wird ab Herbst 2020 bereits zum dritten Mal in der Tagungsstätte Soest angeboten. In insgesamt sechs Modulen haben die Teilnehmenden Themen rund um Bibel, Kirche und Diakonie behandelt.
Seit Oktober 2019 gibt es einen zweiten Durchgang des Fernstudium Theologie Geschlechterbewusst. Diesmal unter der Federführung des Frauenreferates im IKG der EKvW und für Frauen und Männer. Die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen ist Kooperationspartnerin. Birgit Reiche wirkt bei der Konzeption und Durchführung mit und einige Mitglieder der Frauenhilfe sind unter den Teilnehmerinnen. Der Tagungsort ist diesmal fast einheitlich die Tagungsstätte Soest.
Das Reiseprogramm hat einen stabilen, ständig wachsenden Interessentinnen- und Teilnehmerinnenkreis - eigentlich. Wie alle Auslandsreisen musste auch die Reise nach Vanuatu abgesagt werden. Im Februar fand eine Reise nach Norderney und im August nach Bad Bentheim sowie zum Jahreswechsel die Silvesterfreizeit in Soest statt. In und um Marienmünster konnte gepilgert werden und die Freizeit für dementiell Erkrankte in Bad Driburg im Oktober konnte ebenfalls durchgeführt werden.

Bildungsangebote brauchen Orte. Die EFHiW unterhält zwei: Das Bad Driburger 3-Sterne Hotel Erika Stratmann und das Seminar- und Gästehaus, die TAGUNGSSTÄTTE SOEST.
Die Pandemie hat beide Häuser stark betroffen. Während der Lockdowns und der Schließung beider Häuser wurden Grundreinigungs- und Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt. Zudem haben die Mitarbeiterinnen der Tagungsstätte die Sozialen Dienste in den Soester Altenheimen unterstützt.
Anfang 2020 hat es in der TAGUNGSSTÄTTE SOEST eine größere Baumaßnahme gegeben, bei der Bäder eingebaut oder renoviert wurden bzw. die sanitäre Infrastruktur (Leitungen usw.) saniert wurde. Die Leitung der Tagungsstätte hat seit April Martina Mattheus, die seit 30 Jahren in der Tagungsstätte - zuletzt als Leitung der Rezeption - tätig ist, übernommen.
In den ehemaligen Praxisräumen im Hotel ist ein Gästezimmerbereich geschaffen worden, in dem nun ein weiteres rollstuhlgerechtes Doppelzimmer sowie vier Einzelzimmer mit neuer Möblierung und breiteren Betten zur Verfügung stehen. Ergänzt durch einen Aufenthaltsbereich können hier kleinere Gruppen, z. B. Menschen mit Behinderungen, einen gemeinsamen Aufenthalt mit kurzen Wegen für sich planen und buchen. Kaum konnte der Betrieb des Hotels wieder aufgenommen werden, kam es im Schwimmbadkeller zu einem Brand.
Auch in Soest hieß es, wie im Hotel Erika Stratmann oft: „Wir kommen dann wieder …“. Doch auch das kommende Jahr wird - selbst wenn sich die Corona-Situation entspannen sollte - nicht mehr Monate haben als andere Jahre.

Frauenhaus und Beratungsstellen

In den ersten sechs Monaten der Pandemie standen beide Arbeitsbereiche aus unterschiedlichen Gründen im Fokus des öffentlichen Interesses: Das FRAUENHAUS wegen der Befürchtung der Zunahme von häuslicher Gewalt; die Beratungsstellen wegen des Arbeitsverbotes von Prostituierten und der Kampagne „Sexkaufverbot“.

Der Corona-Lockdown ab Mitte März hat zu mehr Gewalt in Partnerschaften und Familien geführt - dazu gibt es gesicherte Erkenntnisse und Studien. Das Frauenhaus war durchgehend voll belegt und dennoch fand erst Mitte Mai die erste Aufnahme in der „Alternativen Schutzunterkunft“ statt. Kurzarbeit, Homeoffice oder auch plötzliche Arbeitslosigkeit trat ein. Die Situation in den Familien war herausfordernd und angespannt. Es fehlten den Frauen teilweise sogar die Momente für ein ungestörtes Telefonat, um sich beraten zu lassen. Zudem hatten Frauen Hemmungen, ihr Zuhause zu verlassen, da sie sich selbst der Infektionsgefahr aussetzen würden, wenn sie in ein Frauenhaus mit vielen Bewohnerinnen gehen würden.
Von daher ist eine sehr hohe Dunkelziffer in den Lockdown-Zeiten zu vermuten. Ein Beleg für diese Vermutung ist, dass von Mai an die Zahl der Frauen anstieg, die sich bei der Polizei meldeten.

Mit dem Corona-Shutdown hat sich auch die Situation in der Prostitution dramatisch verändert. Seit dem 16. März 2020 war Prostitution in NRW über knapp sechs Monate verboten. Das kam einem Berufsverbot für Prostituierte gleich. Inzwischen haben Bordellbetriebe mit entsprechenden Hygienekonzepten die Arbeit wieder aufgenommen.
Mit der Coronapandemie wurden die Stimmen in den Regierungsparteien lauter, die ein generelles Prostitutionsverbot und die Bestrafung der Prostitutionskunden nach schwedischem Modell fordern. Wir halten aus unserer jahrzehntelangen Erfahrung in der praktischen Arbeit diesen Ansatz für den falschen Weg. Deshalb haben wir alle Abgeordneten von CDU und SPD aus dem Einzugsbereich unserer Beratungsstellen zu Gesprächen eingeladen. Viele Gespräche fanden zwischen Juli und September 2020 statt und viele unserer Gesprächspartner*innen waren sehr beeindruckt von unserer Arbeit.

Das FRAUENHAUS SOEST bietet insgesamt 19 Plätze für Frauen und ihre Kinder. Im Jahr 2019 wohnten 47 Frauen mit 88 Kindern im Soester Frauenhaus und fanden hier Schutz, Beratung, Begleitung und Unterstützung. Wie im Jahr zuvor konnten dennoch nicht alle von Gewalt betroffenen Frauen aufgenommen werden. Insgesamt mussten mit 178 Anfragen mehr Ablehnungen ausgesprochen werden als in 2018.
Die Personalförderung durch das Land NRW ist für die nächsten vier Jahre bewilligt worden. Ab 2020 wird die Personalkostenförderung dynamisiert und jährlich um 1,5 % angehoben. Zusätzlich steht ab diesem Jahr eine Pauschale in Höhe von 7.500 Euro zur „freien Verfügung“. Als „Sofort-Hilfe“ im Verlauf der Corona-Pandemie wurde vom Land NRW eine zusätzliche einmalige Zahlung von 6.000 Euro bewilligt.

Das 30-jährige Jubiläum des Frauenhauses musste abgesagt werden.

Vom 01.04. bis 31.08.2020 und ab 15. Dezember wurde in Trägerschaft der EFHiW in Kooperation mit dem Kreis Soest eine „Alternative Schutzunterkunft“ für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder eingerichtet. Die Einrichtung konnte bis zu acht Frauen und deren Kindern aus dem Kreis Soest, die von häuslicher Gewalt betroffen waren, zu jeder Tages- und Nachtzeit Schutz, Unterkunft, Verpflegung und Ersthilfe bieten. Mitarbeiterinnen der EFHiW waren in dieser Zeit für die Aufnahme der schutzsuchenden Frauen zuständig und deren Ansprechpartnerinnen in der Unterkunft. Die sozial-psychologische Beratung übernahmen die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses Soest. Durch das Engagement aller Mitarbeiterinnen wurden zusätzliche Rufbereitschaften abgedeckt und eine 24-Stunden-Aufnahme ermöglicht.
Die Kosten wurden vom Kreis Soest übernommen. Den Verantwortlichen im Kreis lag daran, den Schutz von Frauen und Kindern im Kreis Soest vor häuslicher Gewalt - auch in der besonderen Pandemielage - gewährleisten zu können.

Die Belastung der Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle NADESCHDA hat durch die zunehmende Belastung der Klientinnen in den vergangenen Jahren stets weiter zugenommen. Im Jahr 2019 sind insgesamt 93 Frauen mit ihren 20 Kindern durch die Mitarbeite-rinnen der ‚Fachberatungsstelle für Betroffene von Menschenhandel in Ostwestfalen-Lippe‘ betreut und begleitet worden. Über 20 % der Frauen werden über Flüchtlingseinrichtungen und Beratungsstellen an NADESCHDA vermittelt. Diese hohe Zahl ist auch dadurch zu erklären, dass die Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle seit einigen Jahren Schulungen für Mitarbeitende in den Flüchtlingsunterkünften anbieten und diese für die Erkennung von Menschenhandel sensibilisieren. 2019 und 2020 gab es neben den Seminaren vor Ort auch diese online unter Beteiligung von NADESCHDA. Außerdem gibt es eine wöchentliche Sprechstunde in der Flüchtlingserstaufnahmestelle in Bielefeld.
Seit Sommer 2020 hat die Beratungsstelle NADESCHDA zwei weitere Schutzwohnungen angemietet, die aus den Landesmitteln für Unterbringungskosten finanziert werden.

Das Projekt „Flüchtlingsberatung für Frauen, die von Menschenhandel betroffen sind“, das durch Mittel der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung finanziert wird, kann auch in den Jahren 2020 und 2021 fortgesetzt werden. Im Jahr 2019 wurde mit diesen Mitteln ein neues Projekt gestartet: Ehemalige Klientinnen, die inzwischen stabil sind, werden als Alltagsbegleiterinnen für neue Klientinnen ausgebildet. Dieses „peer to peer“-Konzept ist in dieser Arbeit vielversprechend.

Die Projektförderung durch Mittel des Europäischen Hilfsfonds für am stärksten benachteiligte Menschen in Deutschland (EHAP) sichert den Fortbestand der Arbeit der Prostituierten- und Ausstiegsberatungsstelle für Ostwestfalen, THEODORA, bis Ende 2020.
Im Jahr 2019 sind 547 Prostituierte durch die aufsuchende Arbeit in 64 Prostitutionsbetrieben in ganz OWL erreicht worden. 128 Frauen und über 30 Kinder sind im Jahr 2019 durch die Beratungsstelle THEODORA beraten und weitervermittelt worden. Vor allem junge Prostituierte aus Bulgarien, Polen, Rumänien und Deutschland wenden sich mit ganz unterschiedlichen Problemen an die Beratungsstelle. Sie prostituieren sich häufig, weil sie keine andere Möglichkeit sehen, für sich und ihre Kinder Geld zu verdienen. Die Sozialarbeit von THEODORA unterstützt häufig ganze Familien, weil die Klientinnen mehrere Kinder haben.
Die Mitarbeiterinnen von THEODORA haben seit März zahlreiche Prostituierte dabei unterstützt, Anträge auf finanzielle Hilfen aus dem Nothilfefonds des Berufsverbandes Sexarbeit zu stellen. Außerdem haben sie den Frauen bei der Beantragung staatlicher Leistungen und bei Bewerbungen geholfen.

Mitten im ersten Corona-Lockdown musste die Arbeit der Prostituierten- und Ausstiegsberatungsstelle, TAMAR Südwestfalen, weitgehend eingestellt werden. Lediglich der Kreis Siegen-Wittgenstein entschloss sich zu einer kommunalen Förderung für das Jahr 2020. Die beiden verbliebenen Kolleginnen haben im Kreis Siegen-Wittgenstein in der Coronazeit über 40 Frauen beraten, bei Anträgen und Bewerbungen unterstützt und sich dafür eingesetzt, dass sie Hilfen zum Lebens­unterhalt, andere Unterstützung oder alternative Arbeitsmöglichkeiten bekamen.

Dank einer Förderung durch Aktion Mensch konnte seit April 2018 der Aufbau der Prostituierten- und Ausstiegsberatungsstelle, TAMAR Münsterland, umgesetzt werden.
Das neue Projekt „Gut vernetzt“ zur Gesundheitsberatung ermöglichte es den Mitarbeiterinnen einige Wochenstunden mehr für die aufsuchende Arbeit und Beratung einzusetzen. 218 Frauen an 48 Prostitutionsorten wurden auf diesem Wege erreicht. 59 Frauen wurden intensiv beraten, von denen sich 24 im Prozess der beruflichen Neuorientierung befanden.

Mit dem Corona-Shutdown hatten TAMAR und THEODORA - anders als viele andere Beratungsangebote - die Arbeit nicht eingestellt. Da Treffen in Cafés oder an den Arbeitsorten nicht mehr möglich waren, haben die Mitarbeiterinnen einen Klapptisch und Campingstühle angeschafft und Beratung unter freiem Himmel angeboten. Von März bis Mai sind 42 Frauen im Münsterland unter Corona-Bedingungen beraten, bei der Antragstellung und bei der Suche nach anderen Jobs unterstützt worden und erhielten aktuelle Informationen durch die Mitarbeiterinnen. Zudem nutzten einige der Klientinnen das Arbeitsverbot zu einer beruflichen Neuorientierung. Andere reisten in die Nachbarländer und Bundesländer aus, in denen Prostitution schon wieder genehmigt war. Eine nicht geringe Gruppe prostituierte sich verbotswidrig, weil sie keine andere Einnahmemöglichkeit sahen.

Für alle drei Prostituiertenberatungsstellen - THEODORA, TAMAR Südwestfalen und TAMAR Münsterland - geht der Kampf um den Fortbestand weiter. Neben den An-trägen auf Förderung an die Kommunen vor Ort werden weitere Projetanträge gestellt und Gespräche mit der Landes- und Bundespolitik geführt, in denen die Forderung nach einer verlässlichen Förderung gestellt wird.

Am 1. Dezember nahm die Allgemeine Frauenberatungsstelle für den Kreis Soest ihre Arbeit auf. Sie bietet Einzelberatung für Mädchen und Frauen aus dem gesamten Kreisgebiet an, die in der Familie, am Arbeitsplatz oder im öffentlichen Leben Gewalt und Diskriminierung erleben. Sie beteiligen sich an kreisweiten Netzwerken gegen Gewalt und arbeiten eng mit dem Soester Frauenhaus zusammen. Im nächsten Jahr sollen auch Sprechstunden in anderen Städten im Kreisgebiet angeboten werden. Dazu sollen im Vorfeld Absprachen mit den Gleichstellungsbeauftragten und mit anderen Beratungsdiensten getroffen werden. Neben der Beratung von Gewalt betroffener Frauen und Mädchen ist auch die Präventionsarbeit durch Unterrichtseinheiten an Schulen und öffentliche Kampagnen ein wichtiger Schwerpunkt der Frauenberatung Soest.

Behindertenhilfe im Ennepe-Ruhr-Kreis und im Märkischen Kreis

Die dritte Umsetzungsstufe des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) zum 01.01.2020 sieht eine Trennung der Leistungen vor, die von den Trägern der Wiedereingliederung für Klient*innen bzw. Bewohner*innen erbracht werden.
Das Gesetz hat zum Ziel, die Selbständigkeit, die individuellen Bedarfe sowie die persönlichen Ziele von Menschen mit Behinderungen angemessener zu berücksichtigen. Die Umsetzung hat für alle Beteiligte einen erheblichen Aufwand bedeutet und ist in unseren betroffenen Einrichtungen im Märkischen Kreis wie auch im EN-Kreis erfolgreich umgesetzt worden.
Die Bedarfsermittlungsinstrumente für Eingliederungshilfeleistungen sowie die von den Leistungserbringern erstellten Fachkonzepte der Sozialen Teilhabe haben einen hohen Klärungs- und Dokumentationsaufwand in Zukunft. Die Fachkonzepte werden in enger Abstimmung der Bereiche im Märkischen wie auch im EN-Kreis erarbeitet.
Die „Digitalisierung“ ist in diesem Jahr auf der einen Seite rasend fortgeschritten, auf der anderen Seite wegen fehlender Schulungsmöglichkeiten vorübergehend zum Erliegen gekommen.
Der Besuch, das persönliche Gespräch von Angesicht zu Angesicht oder per Telefon ist oftmals durch Skypen ersetzt worden und wird in der Betreuungsarbeit auch zukünftig als ein weiteres Mittel zur Aufrechterhaltung von Kontakten verwendet werden. Video-Konferenzen und Online-Schulungen sind und werden mit bestimmten Personengruppen zu bestimmten Themen (Austausch zwischen Kolleg*innen, Gremienarbeit, Mitarbeitenden-Fortbildungen) auch zukünftig genutzt werden.

Die Gleichberechtigte politische Teilhabe der Menschen mit Behinderungen wird seit Jahren im FRAUENHEIM WENGERN gepflegt.
Auf Einladung der Frauenbeauftragten Arbeit und Wohnen des FRAUENHEIM WENGERN versammelte sich eine breite Öffentlichkeit von fast 100 Frauen und männlichen Unterstützern Mitte Februar, um sich für das Ende der Gewalt gegen Frauen einzusetzen. Die Veranstaltung „One Billion Rising“ fand wieder in der Wasserstraße 15 (Außenstelle der WfbM) in Wetter statt.

Der Arbeitskreis Politik nahm die Einladung des Bundestagsabgeordneten Ralf Kapschak zu einer Bildungs-Tagung in Berlin an. Die Gruppe von 50 politisch interessierten Menschen aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis ließ sich Anfang März über politische Ereignisse der letzten 100 Jahre informieren. Das Gespräch und die Führung in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen zeigten, dass sich Verhörmethoden mit dem Ziel des Geständnisses seit vielen hundert Jahren nicht verändert haben. „Seien Sie wachsam! - Gehen Sie wählen! - Gefahr von rechts ist immer da!“, so lautete das Fazit des Arbeitskreises.

Rechtzeitig vor den Kommunalwahlen traf sich der Arbeitskreis Politik, um die traditionellen „5 Fragen“ für die Kandidatin*innen vorzubereiteten. An vier Tagen stellten sich in der Remise des FRAUENHEIMS und in der Wasserstraße im Rahmen der Erwachsenenbildung Kandidat*innen von CDU, FDP, GRÜNE und SPD den Fragen und der Diskussion der Beschäftigten, Bewohner*innen und Klient*innen.
Zum ersten Mal stellt das FRAUENHEIM in den Räumen der Tagesstruktur im Schöntal ein barrierefreies Wahllokal zur Verfügung.

Unter dem Namen NAOMI werden die ambulanten Dienste für Menschen mit geistigen Behinderungen, für Menschen mit psychischen Erkrankungen, für Menschen mit chronischen Suchterkrankungen, für Betreutes Wohnen in Gastfamilien, der Treffpunkt und der treff4you zusammengefasst.
Seit dem 01.11.2019 nehmen neun Klient*innen in der bis dahin stationären Außenwohngruppe Osterfeldstraße 27 das sogenannte „Intensiv Ambulant Betreute Wohnen“ (IABW) in Anspruch. Für die Dauer von zwei Jahren finanzieren der LWL und der LVR in der anbieterverantworteten ambulanten Wohngemeinschaft pro Person im Durchschnitt 14 Fachleistungsstunden in der Woche. Sobald diese jungen Menschen mit einem speziellen intensiven Hilfebedarf soweit gestärkt sind, dass sie den Schritt in den Berufsbildungsbereich der WfbM wagen, wird die Anzahl der Fachleistungsstunden im IABW minimiert.
Dank der engen Zusammenarbeit zwischen dem ambulanten Dienst NAOMI und der WfbM ist eine außergewöhnlich gute und von anderen Anbietern sich unterscheidende Art und Qualität der Betreuungsleistung zu verzeichnen.

Mit leichten Verzögerungen im Zeitplan sind nun die nächsten Schritte in Richtung Ersatzneubau für Haus WegWende in Werdohl gemacht. Das „alte“ Haus ist nach wie vor mit einem Platz überbelegt. Die während des ersten Lockdown und danach getroffenen Regelungen haben unter den Bewohner*innen erstaunlicher Weise nicht zu Dekompensationen, Aufenthalten in der Psychiatrie oder vermehrten Konflikten innerhalb des Hauses geführt. Die erzwungene Ruhe, zum Beispiel durch Teilung in Gruppen bei den Mahlzeiten, hat den Bewohner*innen gut getan und soll in Zukunft beibehalten werden. Manche Bewohner*innen fühlten und fühlen sich von dem Druck entlastet, sich an sozialen Außenaktivitäten zu beteiligen. Es wird zu beobachten sein - wie in allen gesellschaftlichen Bereichen - wie sich langfristig die Pandemie-Situation auswirken wird.

Im Juni 2020 waren im Ambulant Betreuten Wohnen im Märkischen Kreis 19 hauptamtlich Beschäftige sowie sechs Servicekräfte für die Betreuung von 122 Klient*innen angestellt. Die ambulante Betreuung der Klient*innen wird für 118 Personen vom LWL finanziert, vier Personen sind Selbstzahlende oder werden über das Jugendamt abgerechnet.
Neben der individuellen Einzelfallbegleitung werden Gruppenangebote gemacht, um der sozialen Isolation psychisch kranker Frauen und Männer entgegen zu wirken.

Die Tagesstätte der Frauenhilfe in Werdohl erbrachte 2019 eine Jahresstundenzahl von 14.459 und erreichte somit die zweite und damit höchste Auslastungsstufe, die vom LWL finanziert wird.
Nach dem Betretungsverbot ab dem 18.03.2020 wurde ab dem 06.05.2020 mit einer Notgruppe (in Absprache mit der WTG-Behörde) wieder gestartet. Ab Juni ist die Gruppe wieder vollzählig in der Einrichtung, allerdings aufgeteilt in drei Kleingruppen.

Alten- und Pflegeheime

Für die drei Altenheime wurden ab März monatlich coronabedingte Mindereinnahmen und Mehrkosten bei den Pflegekassen geltend gemacht. Die Mindereinnahmen ergaben sich aus den zeitweise reduzierten Aufnahmekapazitäten durch die vorgeschriebene Einrichtung von Isolationsbereichen. Die Mehrausgaben entstehen durch die Beschaffung zusätzlicher Schutzkleidung und Desinfektionsstationen, Fiebermessgeräten für Besuchende usw. Außerdem stieg der Personalbedarf, weil die Wohnbereiche organisatorisch getrennt wurden und für jeden Wohnbereich Nachtwachen eingesetzt wurden. So „kreuzten“ weder Personal noch Bewohner*innen zwischen den Wohnbereichen und es war möglich, dass die Bewohner*innen innerhalb ihrer Wohnbereiche an Gemeinschaftsveranstaltungen und gemeinsamen Mahlzeiten teilnehmen konnten. Der Soziale Dienst wurde verstärkt, um die Bewohner*innen bei Videotelefonie zu unterstützen und die Einzel- und Gruppenangebote zu erweitern. Diese Maßnahmen haben erheblich geholfen, Vereinsamung und Angstzuständen entgegenzuwirken.
Ostern, Pfingsten, am ersten Sonntag im August und am Erntedankfest fanden vor beiden Soester Häusern Gottesdienste mit Übertragungsanlage, E-Piano und Predigt statt. Symbole schafften eine Verbindung von „drinnen nach draußen“. In ihren Gruppen, auf Terrassen und an den Fenstern durften die Bewohner*innen auch singen.

Im Hanse Zentrum wurde mit Fördermitteln ein flächendeckendes WLAN installiert; für die gleiche Fördersumme erhielt das Lina-Oberbäumer-Haus sowohl für die Pflege als auch für die Betreuung umfangreiches neues EDV-Equipment. In Haus Phöbe wurden Tablets für Videotelefonie angeschafft und das ganze Haus wurde mit WLAN ausgestattet.
Die Soester Häuser nehmen zudem an einer Erprobungsphase „Telemedizin“ statt - während des ersten Lockdown eine große Erleichterung im Kontakt mit den Ärzten.

Der Schwerpunkt aller Beratungen in Haus Phöbe lag auf der Planung des Ersatzneubaus auf dem Haus gegenüber liegenden Grundstück, das von der EFHiW zusammen mit dem Alten- und Pflegeheim und einem kleineren Wohngebäude übernommen wurde.
Um den Neubau realisieren bzw. finanzieren zu können, ist gemeinsam mit den Firmen Accent und WBU aus Salzkotten die „Westfälische Sozialimmobilien II Haus Phöbe Warburg GmbH & KG i.G.“ gegründet worden. Gleichberechtigter Geschäftsführer der Gesellschaft ist Ralf Klipsch, Kaufmännischer Leiter der EFHiW.
Im Lina-Oberbäumer-Haus konnten für die neue Ausbildungsform insgesamt sieben Frauen gewonnen werden. Auch im Hanse-Zentrum sollen vier junge Frauen und Männer im Laufe von drei Jahren dazu befähigt werden, Menschen aller Altersstufen zu pflegen. Somit konnten für die neue generalistische Ausbildung 2020 nicht nur alle geplanten Ausbildungsstellen besetzt, sondern auch zusätzliche geschaffen werden. Im Haus Phöbe wurden ebenfalls neue Auszubildende gefunden.

Pflegeausbildung in Hamm und Soest

Seit 01.01.2020 heißt das Fachseminar für Altenpflege nun „Bildungs-Institut für Pflegeberufe der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen, Soest“. Damit soll sowohl die Vielseitigkeit der Ausbildungen, als auch die Zusammengehörigkeit von Aus- und Weiterbildung unterstrichen werden. Das Bildungs-Institut für Pflegeberufe in Hamm bleibt zudem bei dem Zunamen „Haus Caldenhof“, da Ort und Name in Hamm sehr eng mit dem Fachseminar verknüpft sind. Das Bildungs-Institut für Pflegeberufe in Soest erhält keinen Beinamen. Im Rahmen der Umbenennung sind die Hinweisschilder ersetzt worden.

Das neue Pflegeberufegesetz (PflBG) ist zum 01.01.2020 in Kraft getreten. Die Bezeichnung lautet nun: Generalistische berufliche Ausbildung „Pflegefachfrau / Pflegefachmann“.
Im Jahr 2026 soll der Bundestag erneut über die Pflegeausbildung entscheiden. Bis Ende 2025 sollen alle Zahlen über den Anteil der Auszubildenden vorgelegt werden, die sich im dritten Jahr für den Abschluss Pflegefachfrau/-mann, Kinderkrankenpfleger*in oder Altenpfleger*in entschieden haben. Diese Erhebung wird als Grundlage einer zukünftigen Regelung der Pflegeausbildung benötigt.
Die bis Dezember 2019 begonnenen Ausbildungen können bis Dezember 2024 nach dem jetzt noch gültigen Altenpflegegesetz beendet werden. In Hamm wurde auch 2020 die einjährige Altenpflegehilfeausbildung angeboten. Die Anzahl von dreijährlich beginnenden Kursen soll möglichst erhalten bleiben.

Das Bildungs-Institut für Pflegeberufe hat einen Internetauftritt erhalten.
Im Rahmen der Digitalisierung wurde für die Schüler*innen des Bildungs-Instituts ein „Schüler-WLAN“ eingerichtet. Es soll eine
E-Learning Plattform geben, auf der die Dozent*innen ihre Unterlagen bzw. Kopien im Dateiformat hinterlegen und die Schüler*innen jederzeit darauf zugreifen können. So soll der Umgang mit digitalen Medien vertieft werden.


Die Zusammenstellung des Jahres 2020 wurde aus unterschiedlichen Meldungen und Berichten und durch unterschiedliche Mitwirkende von Manuela Schunk vorgenommen. Dezember 2020

Hier der Bericht als pdf-Dokument (1,1 MB)

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