Zwischen Konstanz und Veränderung –
25 Jahre NADESCHDA

(August 2022)

Zwischen Konstanz und Veränderung – 25 Jahre NADESCHDA (August 2022)

Eigentlich gibt es viel Konstanz, neben all den vielen Veränderungen“, stellen die Mitarbeiterinnen der Fachberatungsstelle für von Menschenhandel betroffene Frauen in Ostwestfalen-Lippe, NADESCHDA, beim Blick auf 25 Jahre Beratungsarbeit fest. „Die Hoffnung auf ein besseres Leben im vermeintlich reichen Europa bringt viele Frauen dazu, das Risiko einer ungewissen Zukunft einzugehen. Jedoch werden sie bewusst getäuscht und landen in der Prostitution.

Das ist auch nach 25 Jahren die Situation. Eine weitere Konstante sind die Kolleginnen, die seit Anfang an dabei sind: Corinna Dammeyer und Mira von Mach. Sie sind ein verlässliches Fundament für ein wachsendes Netzwerk, vertrauensvolle Zusammenarbeit und für Weiterentwicklung und Innovation.

Der internationale Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung geht nicht zurück, sondern nimmt in erschreckendem Ausmaß zu. Kriege und Bürgerkriege, ethnische Verfolgungen, Flucht und Armut haben seit jeher sexuelle Ausbeutung und erzwungene Prostitution zur Folge. Viele der weiblichen Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, haben diese Ausbeutung am eigenen Leib erlebt. Sie haben nach deutschem Recht einen Anspruch auf die Begleitung durch eine spezialisierte Beratungsstelle, auf sichere Unterbringung und auf Schutz.

NADESCHDA wurde 1997 auf Initiative einer Gruppe von Frauen im Rahmen der Dekade „Kirchen in Solidarität mit den Frauen 1988 - 1998“ gegründet. Ihr Name „Nadeschda“ kommt aus dem Russischen und heißt „Hoffnung“. „Menschenhandel ist ein Verbrechen“, stellt Birgit Reiche klar. Die Leiterin der Beratungsstelle, Wegbegleiterin der „ersten Stunde“ der Beratungsstelle und Leitende Pfarrerin der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen (EFHiW) erläutert weiter: „Es ist sexualisierte Gewalt zumeist an Frauen und Mädchen und ein Straftatbestand im Sinne des Strafgesetzbuches.“

Konstante Begleitung der Opferzeuginnen

90 % aller Opfer von Menschenhandel sind Frauen und Kinder. Etliche der betroffenen Frauen sagen vor Gericht gegen ihre Peiniger aus - eine quälende Prozedur für diese traumatisierten Frauen. Hier beginnt die Arbeit der Prozessbegleitgruppe, die es seit 1999 gibt. Ehrenamtliche Frauen aus Ostwestfalen versuchen, den Opferzeuginnen im Gerichtssaal den Rücken zu stärken. „Für die Opferzeuginnen ist es wichtig, dass auch andere im Zuschauerraum sind, nicht nur Freunde und Angehörige ihrer Peiniger“, erläutert eine der NADESCHDA-Beraterinnen die Arbeit der Prozessbegleitgruppe. In 2021 fanden zwei Menschenhandelsverfahren statt, in denen Klientinnen von NADESCHDA aussagten.

Angebote sichern und ausbauen

Die Finanzierung der Beratungsstelle durch das Land und die Kommunen ist zwar gesichert, aber keinesfalls kostendeckend. Wichtig ist NADESCHDA-Leiterin Pfarrerin Birgit Reiche daher eine langfristige finanzielle Sicherung.

Zudem fordern die Mitarbeiterinnen verschiedene Maßnahmen für Opfer von Menschenhandel im Bereich Unterbringung und der medizinischen Versorgung. „Wenn Fachberatungsstellen erkennen, dass eine Klientin Opfer von Menschenhandel ist, muss dieser Sachverhalt von Behörden und Institutionen auch anerkannt werden“, erklärt eine der NADESCHDA Beraterinnen weiter. „Um den Menschenhandel effektiver bekämpfen zu können, müssen die Opfer- und Zeuginnenrechte erweitert werden, insbesondere durch Änderungen im Ausländergesetz“, fordert Birgit Reiche.

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