Impulsvortrag von Inge Schnittker

Vor einigen Wochen rief mich eine Abendkreisleiterin meines Verbandes im Bezirksverband Hagen an: ”Frau Schnittker, ich möchte sie einladen, um über die Arbeit der Frauenhilfe zu berichten! Sie brauchen die Hüte des Bezirks- und des Landesverbandes. Meine Gruppe, ca. 20 Frauen, wollen wissen, was mit ihrem Mitgliedsbeitrag geschieht! Wenn Sie die Arbeit des Verbandes nicht überzeugend vorstellen, wollen meine Frauen den Verband verlassen. Ziehen Sie sich warm an!!”

An dem schnell vereinbarten Termin empfing mich eine Gruppe von 50- bis 70jährigen im “Leben stehende” Frauen, denen die lang gewachsene Gemeinschaft, sie kannten sich zum Teil schon aus der Kindergartenzeit ihrer nun erwachsenen Kinder, sehr wichtig war. Und sie waren von Beginn an der Abendkreis der  Frauenhilfe in ihrer Gemeinde und zahlten ihren Mitgliedsbeitrag an den Bezirksverband.

Frauenhilfe ist mehr als Sie denken - wir arbeiten mit an der Fülle des Lebens, so begann ich.
Doch ich sah an ihrer Körpersprache an ihren Gesichtern, SIE wollten reden, SIE wollten ihre Anliegen loswerden! Ich legte mein Konzept beiseite und stellte mich den Fragen der Frauen, die fast alle an unserem Landesverband festzumachen waren!

Und so war ich mittendrin, die Einrichtungen und Tätigkeitsfelder unseres Verbandes vorzustellen: z.B.
- Frauenheim Wengern, unsere älteste diakonische Einrichtung
- Naomi - betreutes Wohnen für Menschen mit geistiger und psychischer Behinderung
- die Werkstatt für behinderte Menschen
- die Fachseminare für Altenpflege in Hamm und hier in Soest
- unsere 3 Alten- und Pflegeheime
- das Frauenhaus
- Nadeschda und Theodora in Herford
- die Verbands- und Bildungsarbeit
und das es sich lohnt, unsere Tagungsstätte - hier in Soest - aber auch das Erika-Stratmann-Haus in Bad Driburg zu besuchen!
- unsere Stellungnahmen zu gesellschaftspolitischen Themen, dass hinter all` diesen Einrichtungen und Tätigkeitsfeldern Menschen stehen, die, die dort arbeiten und die, die zu betreuen, zu unterrichten, zu pflegen sind!

Also - Frauenhilfe ist mehr als Sie denken!
Aber ich erzählte auch von unseren Sorgen,

  • dass zur Zeit Theodora in Herford unser Sorgenkind ist: wie sieht die zukünftige Finanzierung aus -
  • dass die Mitgliedsbeiträge geringer als in den Vorjahren sind -
  • dass die Kollekten niedriger ausfallen.

Es machte mir plötzlich sogar Freude, mich diesen berechtigt kritischen Fragen der Frauen zu stellen! Ich musste mich dabei selbst hinterfragen und es tat mir gut, von der Fülle des Lebens in unserem Verband zu sprechen.

Ich denke, Ihnen geht es auch manchmal so, oder!?  Denn Sie werde sich auf der Mittelebene dieser Frage - was geschieht mit unserem Mitgliedsbeitrag - als Verbandsleiterin oder Vorstandsmitglied genauso stellen müssen und Sie sollen dann auch noch unsere Anliegen des Landesverbandes vermitteln!

Wie schwer ist das! In dieser Zeit, wo auch in Ihren Gemeinden und Kirchenkreisen der Rotstift angesetzt wird und Sie die Arbeit de Frauenhilfe immer häufiger erklären müssen!!
Wieviel Zeit, Kraft und Mut gehört dazu!?

Mit dem Abendkreis meines Verbandes durfte ich etwas Schönes erleben! Schon einen Tag nach meinem Plädoyer für unsere Frauenhilfe, ging bei mir das Telefon: “Frau Schnittker, sie bleiben, meine Frauen treten nicht aus dem Verband aus!”
Das war ein Geschenk für mich und es erfasste mich Freude, aber auch eine gewisse Demut.

Daher ist mein Wunsch für Sie heute, dass auch Sie hin und wieder solch ein Geschenk bekommen, dass Sie Visionen haben, eine Portion Humor und ein nie endendes Gottvertrauen.
Dorothee Sölle drückte es einmal so aus - und damit möchte ich schließen:

Gott fluchen am Morgen,
ihn loben am Abend.
Kluge Zehen haben,
das Tanzen anfangen,
die Finger spitzen!

Ein Lehrer werden!
Die Leidenschaft für die Ungeschickten!
Genau sein für die,
die sprachlos geworden sind,
genau werden mit ihnen!

Arbeiten so, dass das Ergebnis
jederzeit im Prozess aufscheint!

Lieben so, dass das Ergebnis jederzeit,
auch im Schmerz leuchtet!

Den Morgenstern sehen,
er bleibt nicht ewig aus!

Das Glück nicht nur vom Hörensagen kennen,
es anfassen mit meinen Händen.