Predigt zum Oasentag am 14. Dezember 2013 in Soest
von Pfarrerin Angelika Weigt-Blätgen
für Vorstandsmitglieder der Bezirks-, Stadt- und Synodalverbände
„Gold, Weihrauch und Myrrhe“

Liebe Frauenhilfeschwestern, liebe adventliche Festgemeinde,

seit Kindertagen haben sie unsere Phantasie beflügelt: die heiligen drei Könige, die Magier aus dem Morgenland, die Sterndeuter, die Gelehrten. Prachtvolle Gewänder, fremdartige Kopfbedeckungen, seltene Tiere, kostbare Geschenke, unter denen wir uns entweder nichts vorstellen konnten oder Hochachtung empfanden vor so viel Glanz und Luxus. Ich war sehr stolz, als ich einmal den Melchior spielen durfte mit goldenem Besatz am wallenden Umhang und kunstvoll geschlungenem Turban.

Die heiligen drei Könige, die Magier waren das vermeintliche Gegenbild zu der Armut von Stall und Krippe; zu der Hartleibigkeit der Wirte, die keinen Raum in ihren Herbergen zur Verfügung stellen wollten; zu dem stummen Josef, der irgendwie unbeteiligt schien; zu den Engeln, an die zu glauben uns immer etwas schwer fiel. Könige aber, die gab es auch im wirklichen Leben, in meiner Kindheit zwar nicht mehr bei uns, aber durchaus in Ländern, die in der Nähe lagen und mögliche Reiseziele waren.

Legenden, Geschichten und Bilder rankten sich seit den ersten Jahrhunderten nach Christus um die Drei, obwohl sie doch nur bei Matthäus erwähnt werden.

Sie kamen wohl aus Persien; Universalgelehrte, die sich mit der Deutung der Sternkonstellationen beschäftigten und ihre Beobachtungen im Dienste des Hofes und des Tempels auswerteten.

Zwei biblische Texte werden auf die Könige bezogen: „Die Könige zu Tharsis und auf den Inseln sollen Geschenke bringen; die Könige aus Saba und Scheba sollen Gaben senden“ so der 72.Psalm, in dem der Friedefürst und sein Reich besungen werden. Bei Jesaja heißt es „ Die Heiden werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht … sie werden aus Saba kommen, Gold und Weihrauch bringen und des Herrn Lob verkünden … und ihre Könige werden dir dienen (Jesaja 60). Der erste Satz dieses Kapitels des Jesajabuches ist uns wohlvertraut „Mache dich auf und werde Licht…“.

Namen bekamen die Drei erst in der lateinischen Tradition des 6.Jahrhunderts. Sie finden sich in den Anfangsbuchstaben des Segenswortes, das sich auch an unseren Häusern bisweilen findet: Christus mansionem benedicat : Christus schütze dieses Haus - Caspar, Melchior und Balthasar.

Noch vieles ließe sich erzählen über die Zuordnung der Drei zu den damals bekannten Erdteilen, zu den Altersphasen der Menschen, zu ihrer Anzahl überhaupt. Eine Geschichte der Kunst ließe sich nachzeichnen an Hand der Darstellungen der heiligen Könige.

Doch zurück zu der Geschichte der Weisen aus dem Morgenland bei Matthäus.
„Wir haben seinen Stern gesehen“ - auf dieses Zeichen am Himmel hin hatten sie sich auf den Weg gemacht. Der Stern - oder besser die Sternenkonstellation - hatte ihnen einen Hinweis auf die Geburt eines Königs gegeben. Eine gewisse Ungenauigkeit oder das Erzählinteresse des Matthäus ließen sie zunächst zum Hof des Herodes kommen. Herodes will sie zu Agenten seines eifersüchtigen, machtgierigen, tödlichen Plans machen. Ein Traum bringt die weisen Magier auf einen anderen Weg und es bleibt Zeit für eine eilige Flucht von Bethlehem nach Ägypten. Maria und Josef können so ihr Kind bewahren, zahllose andere Eltern müssen dem Morden des Herodes hilflos zusehen.

In Bethlehem kommen die Weisen an ihr Ziel, an den Ort, an dem das Kind ist. Sie knien vor dem Kind nieder, sie huldigen ihm und sie breiten ihre Geschenke aus: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Sie hatten das Kostbarste mitgebracht, was ihr Land hervorbrachte. Sie hatten mitgebracht, was in seiner Symbolik all das zusammenfasste, was sie dem neugeborenen König wünschten und was sie ihm mitgeben wollten auf seinen Weg. Sie brachten aus der Fülle ihres Landes. Sie wünschten die Fülle des Segens. Sie breiteten die Fülle der Verheißungen und Hoffnungen vor dem Kind aus.

Gold - Zeichen der Macht und des Reichtums. Nicht oxydierend und leuchtend wird es mit der Königswürde in Verbindung gebracht. In der Orthodoxie steht Gold für das Himmelslicht und die Vollkommenheit – Hintergrund wertvoller Ikonen. Immer wieder wird die heilende und die schönheitsfördernde Wirkung des Goldes erforscht. In jedem Fall, und wenn es nur in kleinsten Partikeln Anwendung findet, haftet ihm ein Hauch von Macht und Luxus königlicher Pracht an.

Weihrauch - wertvolle Harze, im Oman, im Jemen, am Horn von Afrika geerntet sind uraltes Symbol für die Gottesverehrung. Weihrauch findet sich im Tempel in Jerusalem. Es wird zur Mumifizierung der Pharaonen gebraucht. Die von den frühen Christen abgelehnte gottgleiche Verehrung der Kaiser und Statthalter fand ihren Ausdruck unter anderem im Räuchern mit Weihrauch. Die Harze des Weihrauchbaumes sind je nach Lage und Erntezeit unterschiedlich in ihrer Wirkung und in ihrem Wert .Weihrauch wird auch aromatisierende, desinfizierende und entzündungshemmende Wirkung zugesprochen.

Myrrhe - ebenfalls aus einem Baumharz gewonnen wird ihre heilende Wirkung betont. Auch Myrrhe wird als Opfergabe verwendet. Mit ihr wird wohl die menschliche und heilbedürftige Seite der Könige und Götter betont.

Sie breiteten ihre Geschenke aus: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Sie hatten das Kostbarste mitgebracht, was ihnen zur Verfügung stand. Durch ihre Geschenke und durch ihre Verehrung fassten sie all das zusammen, was die Propheten verheißen und was die Menschen an Hoffnung und Sehnsucht trieb.
Wir glauben daran, nein wir haben gesehen und wissen, dass Du der neugeborene König bist, der Frieden bringen wird und der von Bethlehem aus sich durchsetzen wird in aller Welt. Wir bringen Gold als Zeichen der Macht und der Fülle. Es wird ein Glanz von hier aus gehen, der die Welt verändern wird.

Wir glauben daran, nein wir haben gesehen und wissen, dass Du ein göttlicher Mensch, ein Mensch Gottes bist, der von Bethlehem aus sich durchsetzen wird über eine königliche Herrschaftsperiode hinaus und über die Grenzen dieses Landes hinaus. Wir bringen Weihrauch als Zeichen der Anbetung, der Gottesverehrung.

Wir glauben daran, nein wir haben gesehen und wissen, dass Du ein Mensch bist, der einen Menschenweg vor sich hat mit allen Bedrohungen und allen Schmerzen, mit allen Zweifeln und mit aller Heil- und Trostbedürftigkeit. Wir bringen dir Myrrhe – heilende Kraft aus den besten Harzen unseres Landes.

So könnte sie lauten, die Predigt der weisen Magier. So könnte sie lauten die Botschaft ihrer Geschenke.

Mit den Weisen will ich geben, was ich Höchstes hab im Leben …. geb zu seligem Gewinn ihm das Leben selber hin so werden wir Weihnachten singen mit einem Text, der Ende der 18hunderter Jahre geschrieben wurde.

Die Hirten dürfen sehen, die Engel singen, Maria sinnen und die Weisen -, ihr Leben selbst geben.

Vielleicht denke ich über die Wunschrolle beim Krippenspiel doch noch einmal nach.

Die erwecklich motivierte Selbsthingabe kann es eigentlich nicht sein. Sie hat dazu geführt, dass Menschen - vor allem Frauen - sich immer als zu wenig empfunden haben - zu wenig wichtig, zu wenig fromm, zu wenig spendenbereit, zu wenig eben. „Denn ich bin viel zu wenig zu rühmen deinen Ruhm…. Mit den weisen Magiern gehen kann vielmehr heißen: aus der Fülle zu geben. Sie brachten das Kostbarste ihres Landes, nicht das Letzte und nicht das Einzige. Sie brachten den Glanz der Königswürde in den Stall, in die Armut. Sie gaben der Geburt am Rande der Stadt, am Rande des römischen Reiches ihre weltumspannende Bedeutung. Sie ließen gegen allen Augenschein im Glanz des Goldes, im Duft von Weihrauch und mit der Heilkraft der Myrrhe erstrahlen, was die Propheten über das helle Licht und die weltverändernde Bedeutung des so ersehnten Königs gesagt hatten. Sie gingen nicht gesenkten Hauptes, sie gingen nicht in Armut und nicht in Demut, nein sie trugen durch ihre Entscheidung für einen anderen Rückweg dazu bei, dass die Geschichte des Heils, die mit der Geburt des Kindes in eine neue Zeit gekommen war, ihren Fortgang nehmen konnte.

Wenn wir als Christinnen an dieser Geschichte mitwirken wollen, dann aus der Fülle unserer Möglichkeiten: aus der Fülle der uns geschenkten Gaben, aus der Fülle unseres Glaubens und unserer Erfahrungen, aus der Fülle unseres Lebens mit den biblischen Texten, mit der Zusage Jesu, dass das Reich Gottes mitten unter uns ist. Nelson Mandela, dessen Tod die Welt in diesen Tagen betrauert hat, sagte bei seinem Amtsantritt als erster schwarzer Präsident Südafrikas, zu seinen schwarzen, weißen, bunten Landsleuten: „Du bist ein Kind Gottes. Wenn du dich klein machst dient das der Welt nicht. Es hat nichts mit Erleuchtung zu tun, wenn du dich begrenzt. Du wurdest geboren, um die Ehre Gottes zu verwirklichen, die in uns ist. Sie ist nicht nur in einigen von uns, sie ist in jedem von uns.“Staunen und beten mit den Hirten, das Gloria singen mit den Engeln, in uns gehen und nachdenken mit Maria – aber auch mit den weisen Magiern in die Hände nehmen und als Geschenk bringen, was wir in Fülle haben – als Würdenträgerinnen Gottes - so kann unser Weg zur Krippe werden.
Amen