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Interview mit Paul LinnemannGeschichte Haus CaldenhofGeschichte Fachseminar AltenpflegeRückblick Empfang 17.10.2008Begrüßung & AndachtFestvortrag Frauke BußkampFotogalerie

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Begrüßung und Andacht

Verehrte Gäste,
„Ein Mann, der Herrn K. lange nicht gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten:
„Sie haben sich gar nicht verändert!“ „Oh“, sagte Herr K., und erbleichte.“

Wenn wir heute auf 20 Jahre zurückblicken, in denen hier auf dem Caldenhof in Hamm Altenpflegerinnen und Altenpfleger ausgebildet wurden, werden wir Geschichten und Gedanken hören, die Veränderung und Kontinuität beschreiben, um nicht gleich mit den Worten des Qualitätsmanagements von kontinuierlichen Verbesserungsprozessen zu sprechen. Es gehört zur Identität von Menschen und Institutionen, dass sie sich verändern - von daher ist das Erbleichen des Herrn K. durchaus nachvollziehbar.
Es gehört zur Identität von Menschen und Institutionen, dass sie sich verändern und zugleich ihre Besonderheit, ihr Markenzeichen weiter entwickeln und entfalten und in Beziehung bringen zu den Herausforderungen der Zeit.

Wir freuen uns auf die Grußworte und Erinnerungen von dem Fachseminar befreundeter und verbundener Menschen: Schülerinnen und Schüler, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Dozentinnen und Dozenten, Kooperationspartnerinnen und -partner, Einrichtungen und ihre Leiterinnen und Leiter, Träger der Einrichtungen - sie und viele mehr spielen im Beziehungsgeflecht der Einrichtung Fachseminar eine Rolle. Und immer sind auch die in unserem Blick, die gepflegt und begleitet werden. Auch sie - ihre Lebenslagen und Bedürfnisse - haben sich in den letzten 20 Jahren geändert und werden sich weiter verändern.

Gott spricht: Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht? (Jes 43,19).
Das Prophetenwort aus dem Alten Testament der Christinnen und Christen nimmt die Frage nach Veränderung und Wachstum, nach Neuem und Altem auf. Vielleicht geht es Ihnen ähnlich wie mir. Ich kann das Reden von dem Neuen manchmal nicht mehr hören: Wir müssen uns mal was Neues einfallen lassen, um neue Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu gewinnen, um neue Akzente in der Arbeit zu setzen, um ein neues Image der Altenpflege zu schaffen. Wir müssen uns neu aufstellen, um konkurrenz- oder wenigstens überlebensfähig zu sein. Wir brauchen neue Konzepte, Curricula, Methoden … Wir sollten nach neuen Trägerstrukturen suchen … Immer und immer wieder tauchen in unseren Beratungen und Gesprächen solche Sätze auf.

Bisweilen, wenn sie alle gleichzeitig gesprochen werden, sind sie dazu angetan, uns vollends zu blockieren, jede Fantasie zu ersticken, uns erdenschwer und unbeweglich im „Alten“, im Vertrauten verhaftet sein zu lassen. Die Halbwertzeit dessen, was als neu und was als alt gilt, wird immer geringer. Die Zeit zur Reflektion, Prüfung, Erprobung; die Zeit, etwas wachsen zu lassen und das Wachstum mit Spannung und Gelassenheit zu verfolgen - diese Zeit ist nicht vorgesehen in den uns als Time-Management vertrauten Systemen, mit ihrem täglichen Erfolgs-Check und der To-do-Liste für den nächsten Tag.

Gott spricht: Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht?
Ein echtes Jubiläumswort! Es war die Jahreslosung für das Jahr 2007, in dem die Evangelische Frauenhilfe das Fachseminar hier in Hamm übernommen hat.
Aber nicht die Frauenhilfe, nicht die Bezirksregierung, nicht das Pflegeweiterentwicklungsgesetz haben das wirklich Neue geschaffen, sind in der Lage, wirklich Neues ins Werk zu setzen.

Gott sagt: Ich mache alles neu, ich will ein Neues wachsen lassen. Von der Schöpfung bis zur Offenbarung, vom Anfang bis zum Ende unserer heiligen Schrift ersten und zweiten Testamentes hält Gott an seiner Absicht fest, die Verhältnisse zwischen den Menschen in seiner Welt in fester Bindung an sich selbst, in Treue zu ihm, so zu gestalten, dass Recht und Gerechtigkeit, Treue und Frieden, Teilhabe, Würde und Unversehrtheit, ein Leben in Fülle und volle Genüge für alle Menschen, wachsen kann. Um dieses Neue ins Werk zu setzen, setzte Gott Naturgewalten, Propheten und Könige ein. Wir sind als Christinnen und Christen überzeugt, dass Gott in Jesus Christus selbst gekommen ist, das Neue lebendig werden zu lassen, ihm Gestalt und Gesicht zu geben; um schließlich zu zeigen, dass das Wachsen des Neuen, das Wachsen der guten Absichten Gottes auch durch Unrecht, Gewalt, Mord und Tod nicht aufgehalten werden kann. Das Neue setzt sich durch - und wir dürfen wissen, dass Gott zu allem bereit ist, um seiner Menschen willen.

Gott gibt unserer Hoffnung ein Ziel, Gott gibt uns eine große Vision, die die Kraft hatte, ein Volk am Leben und im Glauben zu halten. Gott gibt uns Mut, diese große Vision in Verkündigung und in politischer Rede, in diakonischem Handeln, in der Altenpflege ebenso wie in der Altenpflegeausbildung umzusetzen. Ziele, die wir anstreben; Maßnahmen, die wir ergreifen, um Gerechtigkeit, Teilhabe, Leben in Fülle für alle zu verwirklichen; Gottes Verheißung je und dann aufleuchten zu lassen, dazu sind wir als seine Nachfolgegemeinschaft berufen und beauftragt. Wir sind in die Pflicht genommen, Rechenschaft von unserer Hoffnung abzulegen. Das heißt für mich auch, sehr genau und immer wieder zu prüfen, ob das Neue, von dem Gott spricht, einen Widerschein hat, sich abbildet in dem, was wir als neu beschreiben und anstreben.

Und noch ein letztes. Ich mache alles neu. Jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht? Das ist eine Einladung, eine Aufforderung, zu sehen, wahrzunehmen, was Gott wachsen lässt.

Das erfordert Zeit und Konzentration; das setzt eine Veränderung der Blickrichtung voraus. Das Neue, von dem Gott spricht, ist schon in der Welt. Die Geschichten des Glaubens beschreiben es und erzählen davon. Die prophetischen Texte und Bilder halten den Schmerz darüber wach, dass das Neue am Wachsen gehindert wird durch Gottesferne, durch Menschenverachtung, durch Machtmissbrauch, durch Unrechtsverhältnisse. Nehmen wir uns, nehmen Sie sich diese Zeit immer mal wieder, vielleicht auch heute Morgen beim aufeinander hören mit miteinander sprechen.
Die Frage nach dem Warum unserer Ziele wird dann vielleicht eine neue Tiefe und eine neue Schärfe bekommen. Die Frage nach Veränderung und Kontinuität wird dann einen neuen Akzent bekommen.

„Sie haben sich gar nicht verändert..“ - das ist um Gottes Willen unmöglich.

Angelika Weigt-Blätgen
Leitende Pfarrerin der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen
 

Landesverband der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. Feldmühlenweg 19 59494 Soest
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