Impulsvortrag von Barbara Mengel

Liebe Frauenhilfeleiterinnen,
wenn wir an diesem besonderen Tag und in dieser Runde über Frauenhilfe und ihre Gruppen und Kreise in den Gemeinden nachdenken, dann steht an erster Stelle der Dank für alle von Ihnen geleistete ehrenamtliche Arbeit.
Sie geben der Frauenhilfe in ihrer Gemeinde ein Gesicht.
Ihnen verdanken die Gemeinden eine rege, kontinuierliche Frauenarbeit.

Viele Frauen konnten und können in Ihrer Gruppe Aufnahme und Gemeinschaft finden, Begleitung in Lebens- und Glaubensfragen erfahren, auf Gottes Wort hören und sein Wort durch helfende Tat sichtbar machen. Darüber hinaus haben Sie in all den Jahren wesentliche Beiträge im Bereich der Frauenbildung geleistet, Frauen für gesellschaftliche Themen sensibilisiert. Sie brachten sich mit großem Engagement in die Frauenhilfe ein, setzten persönliche und finanzielle Beiträge zum Gelingen der Arbeit ein. Sie warben für Ihre Gruppe, gingen einladend auf neue Mitglieder zu, leisteten viel Überzeugungsarbeit und über die Frauenhilfestunden hinaus tragen sie wesentlich zum Gemeindeleben bei.

Die meisten von ihnen sind mit der Frauenhilfe groß geworden und verbrachten viele Jahre und Jahrzehnte mit ihr. Sie haben sie lieben gelernt (wenn auch erst nach anfänglichem Zögern), die Frauenhilfe, und die Frauen in ihrer Gruppe sind ihnen ans Herz gewachsen.
Kraft und Begleitung konnten sie erfahren von unserem Herrn Jesus Christus, Zurüstung im Glauben durch die begleitenden Pfarrerinnen und Pfarrer, Unterstützung durch den Landesverband und den Bezirks-, Stadt- und Synodalverband. Sie wissen sich eigentlich geborgen in einer großen Gemeinschaft evangelischer Frauen, die sich diesem Verein angeschlossen haben, weil sie für richtig halten, dass Gottes Heils- und Befreiungszusage in die Lebenswirklichkeit von Frauen hineinwirkt; weil sie die Arbeit im Verband und in den diakonischen Einrichtungen der Frauenhilfe für richtig und wichtig erachten.
Manche von ihnen wird sich über die gelebte Demokratie in den Strukturen der Frauenhilfe freuen, denn über die verschiedenen Entscheidungsebenen nehmen alle Frauenhilfemitglieder teil an den Entwicklungen des Verbandes.

Liebe Frauenhilfeleiterinnen und -schwestern,
dafür und für so manches mehr, (was wir nur erahnen), sei ihnen an dieser Stelle sehr, sehr herzlich gedankt. Dieser Dank ist verbunden mit dem Wunsch und der Gelegenheit an diesen Oasentagen innezuhalten und sich bewusst zu werden, in welch starker, solidarischer und unterstützender Gemeinschaft wir uns befinden.
Wir sollten aber nicht nur Rückschau halten auf die vergangenen Zeiten, sondern auch den Tag nutzen, über die Gegenwart und die Zukunft nachzudenken.

Die Gegenwart
Die Gegenwart, so schön sie ist, wird in manchen Gruppen von dem Gedanken an die Zukunft überschattet. Viele von Ihnen machen zuhause die Erfahrung, dass ihre Gruppe nicht mehr in dem Maße wächst, wie das früher vielleicht der Fall war. In Gesprächen mit Bezirksverbandsfrauen und Gruppenleiterinnen hören wir immer wieder „Wir sind so wenige und die jungen Frauen kommen gar nicht mehr zu uns.“ Tatsächlich kommen sie nicht mehr automatisch in die Frauenhilfe. Sie finden andere Frauengruppen in der Gemeinde und der Stadt, Gruppen, die um die Freizeit der jungen Frauen konkurrieren. Tatsächlich sollten wir uns die Frage stellen, was eine junge Frau an unserer Frauenhilfegruppe in den Gemeinden attraktiv finden kann. Denn sie muss etwas finden, was ihr so dermaßen wichtig ist, und ihr so viel Spaß bereitet, dass sie sich auf Dauer trotz der starken Anforderungen in Beruf und Familie in der Frauenhilfe engagieren möchte.

Kann unsere Frauenhilfegruppe das leisten?
Sie werden sich gleich darüber austauschen können, in welchen Gemeinden das gelungen ist und warum. Gelegentlich hören wir von Frauenhilfeleiterinnen, die gerne aus dem Amt ausscheiden möchten, aber keine Nachfolgerin finden.
Heute ist es nicht mehr selbstverständlich, dass jemand aus der Gemeinde diese Aufgabe übernimmt. Schon gar nicht auf dem Wege, wie das bei vielen von ihnen der Fall war: Der Pfarrer suchte eine Frau aus der bestehenden Gruppe, die seines Erachtens die Frauenhilfe weiterführen kann, spricht sie an und schon ist die Nachfolge geklärt. Heute fehlen oft die jüngeren Frauen, die sich auf dieses Wagnis einlassen wollen und auch aus familiären und gesundheitlichen Gründen dazu in der Lage wären. Und sind sie doch da, überlegen sie genau, wie viel sie sich zumuten können und ob es nicht auch noch andere verlockende Angebote gibt.

Heute könnte die Suche nach einer neuen Frauenhilfeleiterin vielleicht eine Form annehmen, wie wir sie in den Annoncen der Wochenend-Ausgaben unserer Lokalzeitung finden - eine Stellenanzeige sozusagen, veröffentlicht im Gemeindebrief:
Die Evangelische Frauenhilfe der Gemeinde XY sucht eine Frauenhilfeleiterin.
Wir suchen eine Frau,

  • die sich ehrenamtlich mit uns für die Belange von Frauen lokal und global einsetzen möchte;
  • die sich identifiziert mit der Vision der Frauenhilfe „Leben in Fülle für alle Frauen“;
  • bereit ist, mit anderen Ehrenamtlichen aktiv Gemeindeleben und Gesellschaft zu gestalten.

Wir bieten

  • eine sinnvolle, bereichernde bildungs- und glaubensorientierte Tätigkeit in der Gemeinde,
  • die Möglichkeit zur Weiterbildung in pädagogischen und theologischen Bereichen,
  • Aufstiegschancen in den Bezirks- und Landesverband,
  • ein Team von engagierten und erfahrenen ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen

So in etwa könnte das ja auch vielleicht aussehen und verlockend wirken. Auch werden wir uns noch einmal bewusst, was genau zu den Aufgaben der Leiterin oder des Leitungsteams gehört. Wir klären ab, wer wir sind, was uns wichtig ist, wie unsere Teamarbeit aussehen soll,
für welchen Bereich wir welche Frau fragen können, ohne dass sie sich durch allgemeine Äußerungen und Anforderungen überfordert fühlt.

Wir sollten uns heute auch austauschen über die Verantwortung, die sie als Frauenhilfeleiterin übernommen haben.
Sie tragen große Verantwortung in der Arbeit in ihrer Gruppe: für die Atmosphäre, für die Wertschätzung der Frauen, für das Gelingen der Frauenhilfenachmittage, der Veranstaltungen und der Ausflüge. (Immer ist man froh, wenn alles gut und harmonische gelaufen ist und nichts passiert ist. Zum Glück sind sie als Leiterin in ihrer Tätigkeit versichert.)

Ich denke aber auch noch an eine andere Form der Verantwortung, die sie gegenüber dem Verband übernommen haben: An Ihnen liegt es im Wesentlichen, wie bekannt Frauenhilfe in ihrer Gemeinde ist; was sich alles „dahinter“ verbirgt, denn wir sprechen ja nicht nur von irgendeinem beliebigen Gemeindefrauenkreis.

  • Warum zahlen die Frauen in ihrem Kreis einen Mitgliedsbeitrag?
    (Das ist doch für eine Gruppe in der Gemeinde ganz ungewöhnlich).
  • Wieso sind die Frauen in ihrer Gemeinde in einem Verband organisiert?
  • Was bedeutet die Mitgliedschaft im Verein der Frauenhilfe für die Frauen ihrer Gemeinde?
  • Wozu wird der Mitgliedsbeitrag verwendet, der an den Landesverband abgeführt wird?
  • Was passiert in dem Verband, den die Frauen so treu unterstützen?

Diese häufig gestellten Fragen wollen beantwortet werden. Darin liegt die Verantwortung, die sie über viele Jahre mitgetragen haben und es auch noch tun.
Wer, wenn nicht die Leiterinnen, kann solche Fragen beantworten und damit den Verbandsgedanken aufrechterhalten.
Sie, die Leiterinnen können vor Ort Orientierung und Hilfestellung geben:

  • Eine Presbyterin ist neu gewählt und möchte sich einarbeiten in die neuen Aufgabenfelder, um der Verantwortung gerecht werden? Wie gut, dass sie auf das Ausbildungsangebot des Landesverbands hinweisen können.
  • Sie wollen sich mit den neuen Medien vertraut machen, um mit den Kindern und Enkeln schnell, unkompliziert und intensiv zu kommunizieren? Ach ja, da gibt es doch einen Kurs, nur für Frauen, in Soest, sich einmal intensiv damit auseinandergesetzt und schon ist ein guter Anfang gemacht.
  • Gemeindejubiläum in ihrer Gemeinde? Die Frauenhilfe backt den Kuchen? Haben sie es auch schon mal mit einer kleinen Plakatwand oder einer Ausstellung versucht, um z.B. auf die Beratungsstellen aufmerksam zu machen?

Sie sind mit verantwortlich dafür, dass der Gedanke der Solidarität, der Gemeinschaft, der Stärke für Frauen in Westfalen aufrechterhalten bleibt.
Ich staune immer wieder, mit wie viel Phantasie in den Gruppen, in den Verbänden und in dem Materialdienst und Service hier in Soest geplant und gearbeitet wird, um in unterschiedlichster Weise Frauenhilfe ins rechte Bild zu rücken.
Gleich auf einem der Rundgänge über das Gelände werden sie ja auch wieder Gelegenheit haben, den großen Bestand an Literatur, ausgearbeiteten Veranstaltungen, Werbematerialien, usw. zu sichten und sich damit einzudecken. Denn Frauenhilfe muss auch sichtbar sein! Das sollten wir ernsthaft bedenken heute.

Wie gut, dass sie nicht überfordert oder alleingelassen sind, mit dieser Verantwortung.
Wie gut, dass sie immer wieder informiert werden über die Entwicklungen im Verband.
Die regelmäßig erscheinenden Rundschreiben bieten wichtige Informationen, die in ihrer Gruppenstunde weitergeben werden, um alle Mitglieder auf dem neuesten Informationsstand zu halten, damit auch sie von der Frauenhilfe weitererzählen können.
Rundbriefe, Prospekte und - wer es nutzen kann- der Internetauftritt der Frauenhilfe verweisen auf die vielen Aufgabenfelder, Aktionen, Neuigkeiten, Veränderungen usw.
Und sie sind spannend zu lesen:

  • Wie entwickelt sich Wengern weiter?
  • Welche Stellung bezieht die Frauenhilfe in der Diskussion um menschenwürdige Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken in Asien?
    Oder zum Atomausstieg?
  • Wie reagieren Politiker auf Stellungnahmen der Frauenhilfe zu aktuellen politischen Themen?
  • Was passiert in den anderen Frauenhilfegruppen in Westfallen?

Alle diese Informationen - in der Frauenhilfestunde vorgelesen - machen ihnen die Arbeit leicht, lassen neue und alte Frauenhilfemitglieder ganz interessiert zuhören und in ihrer Mitgliedschaft bestätigen. (Informationen müssen fließen!)

Liebe Frauenhilfeleiterinnen,
ich möchte ihre Aufmerksamkeit noch auf einen weiteren Punkt lenken:
Entscheidend für die Frauenhilfe in Westfalen ist die Zusammenarbeit zwischen den Frauenhilfeleiterinnen und den Bezirks-, Stadt- und Synodalverbänden.
Frauenhilfeleiterinnen sind die Stützen in diesem demokratischen Verbandssystem: auf ihre Teilnahme und kritische Begleitung der Arbeit sind die Verbände der Mittelebene angewiesen. Mit ihrer Unterstützung können die angebotenen Veranstaltungen auf Stadt- und Kirchenkreisebene ein ganz deutliches Gewicht bekommen, denn hier wird die Interessenvertretung aller Frauenhilfefrauen im Kirchenkreis deutlich und das sind jeweils Hunderte. Aber damit das gelingt, muss der Informationsfluss klappen, muss ein reger gedanklicher Austausch zwischen Ihnen und den Verbänden existieren.
Auch dadurch wird Frauenhilfe gerade in ihrer Vernetzung deutlich, bleibt sie lebendig und aktuell.

  • Andererseits können sie als Frauenhilfeleiterin von den Verbänden Beratung in strukturellen, finanziellen und methodischen Fragen in Anspruch nehmen,
  • Fortbildung erfahren,
  • inhaltlich erarbeitete Themen und gruppenpädagogische Anleitungen erfragen oder abrufen, und
  • je enger der Kontakt ist, desto fruchtbarer wirkt er sich auf ihre Gruppe aus, desto gezielter kann man sie von dieser Stelle aus in ihrer Arbeit unterstützen.

Die Zukunft
Diese Gedanken lenken den Blick in die Zukunft:
Für die Zukunft ist es für die eine oder andere Leiterin wichtig zu erfahren, was andere Leiterinnen motiviert weiterzumachen. Gehen Sie aufeinander zu, nutzen sie heute die Gelegenheit, mit Frauenhilfefrauen aus ganz anderen Regionen Westfalens darüber ins Gespräch zu kommen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

  • Fühlen Sie sich in ihrer Arbeit ausreichend unterstützt, vom Landesverband, vom Bezirks-, Stadt- oder Synodalverbandverband?
  • Was könnte verbessert, was müsste aus ihrer Sicht verändert werden und warum?
  • Was muss unbedingt geklärt werden?
  • Was brennt unter den Nägeln und muss angesprochen werden?

Nutzen sie den Tag und die Anwesenheit der Mitarbeiterinnen im pädagogisch- theologischen Team, der Vorstandsfrauen und von Frau Weigt-Blätgen.

Liebe Frauenhilfeleiterinnen,
ein Impulsreferat ist ja ein Vortrag, der zum Nachdenken und zur Diskussion anregen soll. Ich denke, sie werden den einen Gedanken verwerfen, dem anderen zustimmen. Vielleicht habe ich sie auch etwas provoziert mit meinen Gedanken und Äußerungen – sie haben gleich Gelegenheit, sich darüber auszutauschen.
Nur eines will ich zum guten Schluss noch sagen: Ohne sie, ohne ihre Ideen, ihren Einsatz von Zeit und Kraft, ohne ihre Freude und ihr Engagement ging in der Verbandsarbeit herzlich wenig.

  • Wo sollten evangelische Frauen in ihrer Gemeinde eine geistliche Heimat im Alltag finden, wenn nicht bei ihnen?
  • Wo sollten sie Gemeinschaft erleben?
  • Wo sollten sie die Möglichkeit haben, in Solidarität mit vielen anderen gleichgesinnten Frauen ihre Stimme zu erheben für Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung, und für Frauen in Not Sprachrohr sein, wenn nicht in der Frauenhilfe?
  • Wer sollte so viele Frauen sensibilisieren für die kirchlichen und gesellschaftlichen Themen der Zeit, wenn nicht sie?
  • Wer sollte ihnen Ansprechpartnerin sein, Vertrauensperson, wenn nicht Sie?

Wie könnte ihre Frauenhilfegruppe 90- und 100-jährige Jubiläen feiern, wenn sich nicht immer wieder Frauenhilfeleiterinnen wie sie gefunden hätten, die ja sagen zu den Zielen dieses Verbandes?
Ja, Frauenhilfeleiterin sein ist ein schönes Amt!
„Es macht mir Spaß“, „Diese Aufgabe schenkt mir Erfüllung“, „sie macht mich froh und glücklich“ - so oder ähnlich empfinden viele von ihnen diese Aufgabe.
Aber auch das hören wir gelegentlich:
„Manchmal wird sie mir schwer - die Frauenhilfearbeit. Umso stärker erfahre ich dann, dass auch ich getragen werde und an mir erlebe, was ich meinen Schwestern in der Frauenhilfe versuche zu vermitteln: Gottes Heilungsgeschehen wirkt auch in meine Lebenswirklichkeit hinein. Auch stehe ich nicht allein da, die Zugehörigkeit zu dem Verband stärkt mich, ich finde Unterstützung, Ansprechpartnerinnen und eine Gemeinschaft im Glauben, die mich stützt.“
Um die Zukunft müssen wir uns keine Sorgen machen. Sie wird kommen. Wir dürfen ihr nur nicht unvorbereitet und unverantwortlich begegnen. Wir müssen wachsam bleiben und weiter arbeiten an unserer Vision „Leben in Fülle für alle Frauen“.

Paul Gerhardt schreibt uns mit seinem Lied ins Stammbuch:
Sing, bet und geh auf Gottes Wegen, verricht das Deine nur getreu
und trau des Himmels reichem Segen,
so wird er bei dir werden neu.
Denn welcher seine Zuversicht auf Gott setzt,
den verlässt er nicht.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen heute einen Tag, der uns gut tut, Freude bereitet und in guter Erinnerung bleibt.