Katja Jochum 24.06.2012 | 12:26

Wir sind wieder zu Hause. Auf dem Rückweg wurde unser Bus immer leerer. Einige Frauen hatten ihre Rückreise bereits per Zug von Straßburg aus angetreten, andere verließen uns in Karlsruhe, an einer Raststätte vor Frankfurt, in Lichtendorf, bis der Bus von Soest aus mit nur noch drei Frauen nach Bad Lippspringe zurückkehrte.
Herzlich hatten wir uns zuvor von Frank Rakowski, unserem wunderbaren Busfahrer, verabschiedet mit einem gesungenen „Mögen sich die Wege vor deinen Rädern ebnen…“

Viele Eindrücke des Weltgebetstagslandes Frankreich konnten wir mit nach Hause nehmen. Bilder der Frauen, die uns begegnet sind und von ihrem Einsatz erzählt haben, Bilder der reichen Kulturschätze, der Kirchen warten darauf, dass sie mit Weltgebetstagsfrauen in ganz Westfalen und darüber hinaus geteilt werden.

 

Katja Jochum 22.06.2012 | 22:22

Die FrankreichWeltgebetstagsreiseFußballgruppe von Zimmer 10 hat gerade das 1:0 für Deutschland bejubelt. Der Kellner hatte sich zuvor sehr gewundert, dass unsere sonst sehr sitzbeständige Gruppe sich ungewöhnlich schnell auflöste…

Vorangegangen war ein letzter gemeinsamer Tag in Straßburg. Begonnen haben wir ihn mit einer Begegnung mit zwei Frauen von CASAS, einer Organisation, die sich für die Unterstützung von Asylsuchenden in Frankreich einsetzt.
In der Begegnung mit Pascale und Angèle erfuhren wir, wie das Procedere bei Asylanträgen in Frankreich abläuft, in welcher Frist die Anträge eingehen müssen und wie es möglich ist, gegen Ablehnungen der Gesuche Einspruch zu erheben. Nur dann, wenn Frankreich das Herkunftsland der Asylsuchenden als unsicheres Land einstuft, besteht die Aussicht auf Anerkennung.

CASAS unterstützt Frauen, Männer und ihre Kinder auf dem mühevollen Weg zu belegen, dass sie auf die Aufnehme in Frankreich angewiesen sind. Schmerzvolle Lebensgeschichten müssen en detail geschildert und erneut durchlebt werden. Dabei erfahren sie Hilfe durch die sechs Hauptamtlichen und zahlreiche Ehrenamtliche, die helfen, die Anträge in der oft fremden Sprache auszufüllen, Plätze zum Schlafen organisieren, Sprachkurse anbieten und so Frankreich als offenes Gastland zu erleben.

Eine Mittagspause in Straßburg schloss sich an, bevor wir mit Margot, unserer Begleiterin für den heutigen Nachmittag, durch Straßburg fuhren und gingen. Höhepunkte waren die Allee der Storchnester, das Europäische Parlament und die Kathedrale mit ihrer berühmten Weltzeituhr.
Die letzte Begegnung erlebten wir dann bei der Organisation LeNid, einer Initiative, die sich für die Abschaffung der Prostitution und Unterstützung der Prostituierten einsetzt.
Von einem katholischen Priester 1937 gegründet, hat LeNid heute über 35 Beratungsstellen in Frankreich. „Prostitution ist in jedem Fall Gewalt an Frauen“, unterstreichen Isabelle, Anouk und Rose-Marie.

Herzlich aufgenommen in einem uns fremden Land, geht die Weltgebetstagsreise zu Ende. Viele von uns haben sich vorgenommen, mit mehr Zeit hierher zurückzukehren – und dann vielleicht auch mehr Muße für Einkäufe und Pausen zu haben. Morgen starten wir zurück nach Deutschland und grüßen schon jetzt alle, die zu Hause beim Mitlesen unsere Reiseerfahrungen mit uns geteilt haben. Au revoir!

 

Antje Lütkemeier 21.06.2012 | 23:47

"Es gibt keine Fremden, nur Frauen und Männer, die sich noch nicht kennen."
Von Straßburg aus brachen wir auf, um Colmar zu besichtigen. Nach einer kleinen Stau-induzierten Verspätung trafen wir die Reiseführerin und tauchten ein in die Welt des Isenheimer Altars von Matthias Grünwald. Von durch Mutterkorn hervorgerufenen Krankheiten über die Geschichte des Ordens des Heiligen Antonius mit den Schweinen (in Teilen Westfalens auch als "Fickel-Tünnes" bekannt) bis hin zur Zusammensetzung der Farben der Malereien reichten die Informationen.

Ein kleiner Stadtrundgang und eine kurze Mittagspause schlossen sich an.
Um 15 Uhr wartete die Verabredung mit den WGT-Frauen in Straßburg. Am Treffpunkt angekommen erfuhren wir, daß das Treffen verlegt worden war und wir noch ein Stück zu Fuß durch Straßburg laufen durften/mussten/sollten.

In der methodistischen Kirche erwarteten uns sechs WGT-Frauen, erzählten von der Entstehung der Liturgie und was ihnen bei der Beschäftigung mit dem Thema Fremd sein und den ausgewählten Bibeltexten wichtig war. Für die Gruppe gewannen die Texte und Gebete der französischen Liturgie so an Tiefe, Farbe und Lebendigkeit. Wohl alle waren beeindruckt von den französischen Frauen, die mit bescheidenen Strukturen und Ressourcen den WGT-Gedanken wachsen lassen.

Nach einem leckeren Abendessen im Hotel und einer Abschlussrunde ließen die Frauen der Gruppe die Erlebnisse des Tages bei einem Spaziergang, einem Bier oder einem Gespräch sacken - oder gingen ins Bett, denn auch morgen steht ein angefüllter Tag in Aussicht.

 

Antje Lütkemeier 20.06.2012 | 23:37

Ein "durchwachsener" Tag - nicht nur Wettertechnisch gesehen
In aller Morgenfrühe starteten wir aus Beaune im Burgund nordostwärts in Richtung Elsaß. Die erste Station nach fast drei Stunden Fahrt ist die Kirche Notre Dame auf der Höhe in Ronchamp. Eindrucksvoll ist sie schon, die Kirche des französischen Architekten LeCorbusieraus dem Jahr 1954: Beton und weiße Wände in eigenwilligen Formen bestimmen das Bild. Ein Gebäude mit Ecken und Kanten, aber auch Rundungen und geschwungenen Linien. Alles, auch die Prinzipalstücke sind vom berühmten Baumeister gestaltet, der eigentlich ein erklärter Atheist war, aber hier einen Ort der Ruhe und Besinnung schaffen wollte. Ein Ort, an dem der Gegensatz von Beton, Glas und Email, das Zusammenspiel von Schatten und Licht, bestimmend ist.

Die Mittagspause findet an diesem Tag irgendwo auf dem Platz vor einem Dorfgemeinschaftshaus statt. Nach einem schnellen Stopp an einem Supermarkt besteht das Mittagsessen aus drei Gängen: Obst, Filet in zartem Saitling (Unkundige sagen auch Heisswürstchen) an Brot, und kleinen Kuchen mit Kaffee. Chef de Cuisine Rakowski, als Busfahrer anscheinend wirklich verkannt, ließ die Gruppe über die kulinarischen Möglichkeiten eines handelsüblichen Reisebusses in Staunen geraten!
Zum Staunen brachte uns auch der nächste Programmpunkt des Tages.

Am Ort eines alten keltischen Heiligtums auf dem Odilienberg wurde zu Ehren der heiligen Odilie ein Kloster errichtet, in dem auch ihr Kenotaph gezeigt wird. (Es mag ihr Sarkophag sein, über diese Details konnten wir uns keine Gedanken machen, denn die Aufmekrsamkeit der Gruppe wurde komplett durch die Führerin Marie absorbiert.) Sie spielte ihre ca. 70jährige Berufserfahrung voll aus. Odilie, die Namensgeberin des Berges, war eine junge Frau des 8. Jahrhunderts, eine Heilige mit bewegter Geschichte, die zur Schutzpatronin des Elsaß wurde. Eine weitere interessante Frau an diesem Ort war die Äbtissin Herrad von Landsberg (12. Jahrhundert). Sie schrieb das Buch "Hortus Deliciarum", ein Kompendium des Wissen ihrer Zeit.
Wie die Kirche von LeCorbusier ist auch der Odielienberg ein bedeutender Wallfahrtsort, zwei Pilgerziele, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten.

Nach einer knappen Stunde Fahrt erreichten wir dann das Hotel in der Nähe von Strasburg, wurden nett empfangen und staunten, wie groß Hotelzimmer auch sein können.
Schon beim Abendessen stießen die Inspectrice ecclesiastique Ruth Wolff-Bonsirven und der Vertreter der KEK (Konferenz Europäischer Kirchen) im Europaparlament Richard Fischer zu uns. Richard Fischer erzählte von den Aufgaben, die zu seiner Arbeit gehören, nämlich u.a. im Gespräch der verschiedenen europäischen Staaten die Stimme der Kirchen zu Gehör zu bringen. Eine Aufgabe, die ga nicht so einfach ist, besonders wenn es um die Interessen von Staaten geht, die traditionell laizistisch geprägt sind.

Ruth Wolff-Bonsirven berichtete von ihren Erfahrungen als erste Frau in dem Kirchenleitenden Amt, von der Schwierigkeit, feministische Positionen in Kirche und Gesellschaft zur Sprache zu bringen und von dem besonderen Konkordat, dass die Stellung der Kirchen im Elsaß bestimmt. Ein Tag angefüllt mit Eindrücken geht zu Ende, durchwachsen mit Sonne und Regen, Licht und Schatten, Moderne und Tradition, Leben mit einer Perspektive für die Zukuft und Leben als Zehren von einer ruhmreicheren Vergangenheit.

 

Katja Jochum 19.06.2012 | 18:55

Heute sind wir auf den Spuren von Bernhard von Clairvaux gewandelt. Verbunden war er der Stadt Vézelay durch die Aufrufe zu den Kreuzzügen, in Fontenay hat er dem Bau der Zisterzienserkirche vorgestanden.
Nach einem kräftigen Anstieg erreichten wir in Vézelay, das auch Station des Jakobsweges ist, die Kirche, die Maria Magdalena gewidmet ist und sich rühmt, in der Krypta die sterblichen Überreste der Begleiterin Jesu zu beherbergen.

Wir bewunderten den Pfingst-Tympanon im Inneren der Kirche, der, wie Catherine unterstrich, wie eine Bild-Predigt beschreibt, wie die damals noch fremden Völker in die Verheißung des Segens des auferstandenen Christus mit einbezogen werden sollen.
Unsere Bitte, in der Kirche ein Taizé-Lied singen zu dürfen, wurde von einer Schwester abgelehnt.
Die Menschen sollten nicht bei ihren Gebeten oder Führungen gestört werden.
Nach einer kurzen Pause setzten wir unsere Fahrt fort. Wir wurden über französische Kühe und die Herstellung des Époisse-Käses informiert, bevor wir einen Fotostopp mit Blick auf die Stadt Sémuren en Auxois einlegten.

Vielen von uns wird die Zisterzienser-Abtei Fontenay als einer der Höhepunkte unserer Fahrt in Erinnerung bleiben: Indem wir durch das Eingangstor traten, wurden wir in die Ruhe und Kraft dieser Anlage mit hineingenommen. An diesem Ort hatten Benediktiner, die zur Strenge der Regel Benedikts zurückführen wollten, eine Ordensgemeinschaft gegründet, die ihre Wurzeln in Citeau hat.
Daraus erwuchsen die Zisterzienser.

Wir besichtigten die gesamte Anlage mit der achtjochigen Abteikirche, dem Kreuzgang, dem Hauptgebäude, dem Klostergarten, der heute nach französischem Stil gestaltet und mehrfach ausgezeichnet ist, Taubenturm, Bäckerei und Schmiede und erfuhren viel über das Leben der Mönche und die Beschränkung ihrer Architektur, die Konzentration und Stille fördern sollte.
Herzlich dankten wir Catherine für die wunderbare Begleitung in diesen Tagen, für unglaublich viele Details, die uns geholfen haben zu sehen und zu verstehen.

Nach dem Abendessen steht das Packen der Koffer auf dem Programm, bevor wir morgen um acht Uhr aufbrechen zu unserem letzten Reisestandort: Straßburg.

 

Bildnachweis:
Ich war fremd - ihr habt mich aufgenommen (Ausschnitt),
Anne-Lise Hammann Jeannot, © WGT e.V.