Antje Lütkemeier 18.06.2012 | 18:43

Von Römern, Frauen und Wein (ohne Gesang!)
Die Relikte Der römischen Herrschaft über das Burgund und den Rest Galliens füllten unseren Vormittag. Denn bekanntlich war ganz Gallien unter römischer Besatzung - ganz Gallien? Nein, da war ja immer noch das kleine Dorf, das Widerstand leistete. Allerdings fühlten wir uns in der Tat durch die Erklärungen von Catherine, der Reiseführerin, bei den römischen Ruinen von Autun in die Zeit des Kampfes von Asterix und Obelix gegen die römische Besatzungsmacht zurückversetzt. Vercingetorix war mitnichten Dorfgenosse der Comic-Helden, sondern der Anführer der gallischen Stämme gegen Rom. Nach seinem Scheitern wurde die Stadt Autun als Musterbeispiel der überlegenen römischen Kultur den Galliern vor die Nase gesetzt.

Die Spuren der Werbung für Kultur und imperiale Lebensart sind noch heute sichtbar: die Stadtmauer mit einst 54 Wachtürmen, die Toranlagen am Nord- und Südende des Cardo, das Theater mit 20000 Sitzplätzen und die Tempelanlage für das gemischt römisch-gallische Gotterpanoptikum. Zuletzt besuchten wir in der Mitte der Altstadt die romanische Kirche mit einem Bildprogramm, welches deutlich an Cluny erinnert und den wunderbaren Steinmetzarbeiten des Giselbertus (zumindest denen, die im Moment zu sehen sind - durch kleine Unstimmigkeiten von Kommune und Kirche sind die berühmtesten Kapitelle leider nicht zu betrachten. Findig wie die Gruppe ist, kauften wir statt dessen Postkarten von den Objekten der allseitigen Begierde.)
Zurück in Beaune legten wir eine schnelle Mittagspause ein, hauptsächlich um eine vernünftige Grundlage für den angekündigten Wein zu schaffen. Eh bien!

Béatrice Dubois, Winzerin, Kellermeisterin und Miterbin der Domäne Dubois et Fils (Söhne?!?) führte uns durch den Betrieb, der über 23 Hektar Weinanbaufläche verfügt. Verglichen mit den durchschnittlichen acht Hektar im Burgund ein Riese unter den Domänen.
Noch einmal erklärte sie die Unterschiede zwischen den Lagen und Appellationen, sprach von den Trauben Pinot Noir und Chardonnay, die hauptsächlich angebaut werden dürfen und zeigte uns die Tanks und Fässer, in denen die unterschiedlichen Weine heranreifen.

Schließlich war es soweit: neben einer ausgiebigen (!) Weinprobe erzählte Frau Dubois auch von der Association Femmes et Vins de Bourgogne, einem Zusammenschluss von 39 Winzerinnen und Kellermeisterinnen zum Zweck des Erfahrungsaustauschs und der gegenseitigen Unterstützung. Auch berichtete sie von ihren Erfahrungen als Frau in einer traditionellen Männerdomäne, dem Weinan- und -ausbau. Das Frau Dubois ihren Beruf versteht, konnten wir wohl bei den verschiedenen Weinsorten, Lagen und Jahrgängen schmecken.

Fröhlich beschwingt strebte die Gruppe dann dem Hotel zu und wartet nun auf das Abendessen. Beaune ist bekannt für gute Küche und eine Vorstellung davon bekommt man sogar in diesem Ableger einer Hotelkette.

 

Katja Jochum 17.06.2012 | 19:29

Frauenhilfe ist überall…
Das Gleichnis vom Senfkorn stand im Mittelpunkt des Taizé-Gottesdienstes - passender hätte für uns kaum ein Text sein können. Und tatsächlich - etwa sieben Meter von unserer Gruppe entfernt, saß eine Frauenhilfefrau aus Unna, die mit ihrem Mann einige Tage in Taizé verbrachte. Die Begrüßung war überaus herzlich - und mindestens ebenso erstaunt.

Nach dem Gottesdienst in Taizé, dem Sitz der Communauté, die Frère Roger Schutz 1940 gegründet hat und die besonders für die internationalen ökumenischen Jugendbegegnungen und die vielen meditativen Lieder bekannt ist, begrüßte uns einer der Freiwilligen, Lorenz. Er führte uns in das Leben in Taizé ein und erzählte, welche Erfahrungen er mit diesem spirituellen Ort verbindet.
Gegen zwölf Uhr kam ein Bruder aus Deutschland, Bruder Timothé, mit dazu, der uns erzählte, wie junge Männer dazu kommen, als Bruder in Taizé zu bleiben.

Meist ist der erste Schritt ein Wochenaufenthalt bei einer Jugendbegegnung. Bei vielen schließt sich dann eine Zeit als Freiwilliger an. Der nächste Schritt ist dann eine Aufnahme in die Bruderschaft, bevor es mit einer schlichten Zeremonie im Abendgebet zur Einkleidung kommt. Drei bis fünf Jahre vergehen dann meist, bis der Bruder sich endgültig an die Communauté von Taizé bindet und verspricht, die Gelübde zu halten.

Wir durften das Mittagessen mit den Jugendlichen einnehmen: Heute bestand es aus einem Teller mit gut gewürztem Kartoffelbrei und einem Ei oder einer Scheibe Salami, einem Brötchen und einem Päckchen Frischkäse, einem Apfel, einem Keks und einer Schale Wasser. Wir saßen auf überdachten Holzbänken.

Um zwei Uhr ging es weiter zur Erkundung von Cluny, der berühmten Klosteranlage, von der noch Reste erhalten sind. Unsere heutige Reisebegleiterin Claire erzählte uns, dass Cluny im vergangenen Jahr vom französischen Staat eine Zuwendung von 22 Mio Euro erhalten habe, die es ermöglicht hat, die Ruinen und das Museum von Cluny in erheblichem Maße zu renovieren und zu erweitern.
Die Besichtigungen der beiden letzten Tage waren eindrucksvoll - und durch die intensive französische Sonne, die das Thermometer auf gut 28 Grad steigen ließ, auch anstrengend.
Wir freuen uns auf die Dusche und auf ein gemeinsames Abendessen im Hotel. Und dann gibt es ja auch noch das Deutschlandspiel um 20.45 Uhr und einen sehr großen Fernseher in der Bar des Hotels…

 

Katja Jochum 16.06.2012 | 22:17

Sonne satt, das Hotel de Dieu, Senfspezialitäten und edle Weine…
Die Frauen, die heute die ausführlichen Berichte für unser Gruppentagebuch schreiben, sind nicht zu beneiden. Eine Fülle von Informationen steckte in unserem heutigen Reisetag, der uns am Vormittag in das Hotel de Dieu und die Innenstadt von Beaune und am Nachmittag in die Senfstadt Dijon führte.

Von unserer Reiseführerin, die mit unserer Pariser Begleiterin Cathérine den Namen teilt, erfuhren wir, dass wir mit dem Hotel de Dieu die Sehenswürdigkeit Frankreichs wahrnahmen, die jährlich die meisten Gäste anlockt: ca. 450000 Menschen kommen jährlich nach Beaune, um das wunderschöne Bauwerk mit den buntgebrannten Ziegeln zu besuchen und etwas über sein System der Krankenpflege und Altenhilfe zu erfahren, das mit einigen Hilfeangeboten bis heute in diakonisch in die französische Gesellschaft hineinwirkt und über Jahrhunderte ein Vorbild für andere Krankenhäuser war.

Der erste Eindruck, als wir den Innenhof betraten, war von Staunen geprägt: Von der Straße aus hatte sich lediglich eine schlicht gehaltene Vorderfront präsentiert; im Innenhof wurde die Pracht der berühmten bunten Dächer sichtbar. Nach einem aufwändigen Verfahren gebrannte mehrfarbig bunte Ziegel schmücken die Dächer. Nur das untere Viertel dieser Ziegel ist sichtbar - durch diese Schichtung ist die Arbeit besonders dauerhaft: Die Ziegel liegen übereinander „wie die Federn einer Ente“.
10 Jahre vor Ende des 100jährigen Krieges im 15. Jh. stiftete Nicolas Rolin die Krankeneinrichtung des Hotel de Dieu. Er und seine Frau Guigone de Salin setzten sich gegenseitig Liebeszeichen, in dem er sie in den Bodenkacheln als seinen einzigen Stern bezeichnet, sie sich nach seinem Tod als einsame Turteltaube symbolisch in Wandzeichen abbilden lässt.

In den Krankensälen und ihren abgetrennten Bettabteilen wurden zunächst 3 Personen pro Bett untergebracht, Frauen und Männer wurden in einem Saal gepflegt. Allen Kranken war der Blick auf den Flügelaltar von Rogier van der Weyden mit einer Darstellung des zweifachen Ausgangs des Weltgerichts offen. Gepflegt wurden sie von Frauen, die der Schwesternschaft der Heiligen Martha angehörten.

Nach einer Besichtigung der Kirche Notre Dame und dem dort ausgestellten Teppich-Bildzyklus zum Leben von Maria und einer kurzen Pausenzeit fuhren wir weiter nach Dijon.
Cathérine führte uns in die Krypta von St. Bénigne. In der inneren Rotunde der acht Säulen konnten beim Singen des Taizéliedes „Bonum est confidere…“ die Akustik des alten Raumes spüren.
Wir kehrten nach Beaune zurück - reich an Informationen über die Verarbeitung von Senfkörnern (nur 10% stammen heute wirklich aus dem Burgund; 90% werden aus Kanada importiert!) und die großen Weine des Burgunds, die Grands Crus, die auf der Mittellage der Dörfer entlang der Weinstraße wachsen (nur 2% der Weine Frankreichs gehören zu dieser höchsten Qualitätsstufe).

Morgen wird das Frühstück früher beginnen: Um 7.45 Uhr müssen wir aufbrechen, um rechtzeitig zum Gottesdienst in Taizé zu sein.

 

Katja Jochum 15.06.2012 | 18:08

Mit einem Adieu, Paris! haben wir heute unseren Tag begonnen und Abschied von der erneut regnerischen Hauptstadt Frankreichs und dem Foyer Le Pont genommen. Bevor wir bei unserem nächsten Reisequartier eintrafen, gab es auf halber Strecke bei nunmehr fast sommerlichem Wetter eine Begegnung mit der von den keltischen Senonen gegründeten Siedlung Autricum, die wir heute als die Stadt Auxerre kennen. Angewachsen zu einer Handelsstadt mit Beziehungen nach Paris und Nevers, erlebte Auxerre im 12. Und 13. Jahrhundert seine Blütezeit.

Bei unserer Führung durch die Stadt stand die Besichtigung der Kathedrale im Mittelpunkt, die wir durch stetig ansteigende Gassen mit wunderbaren Fachwerkhäusern erreichten.
Bevor die heutige gotische Kathedrale St. Ètienne erbaut wurde, hatte es an der Stelle bereits vier Kirchenbauten gegeben. Deutlich ist an dem Gebäude abzulesen, dass es in Abschnitten entstanden ist: „Bischof Guillaume de Seignelay begann 1215 nach dem Abbruch einer gleich großen, völlig intakten romanischen Kirche mit dem Neubau. Um 1400 waren Chor, südliches Querhaus und Mittelschiff aufgeführt; im 15. Jh. wurde die Einwölbung des Schiffes vorgenommen und der nördliche Querhausarm errichtet. An der Westfassade wurde nur der 65 m hohe Nordturm vollendet, der 1543 seine Renaissancehaube erhielt. Als die Kathedrale 1567 von den Hugenotten geplündert wurde, litt der Skulpturenschmuck des Westportals erheblich, das Chorgestühl und die Altäre wurden zerstört.“ (So beschreibt unser Baedeker-Reiseführer Burgund die Bauabschnitte)

Nach einer fundierten Einführung durch unsere heutige Reiseführerin Sylvia im Inneren der Kathedrale und einem „Laudate omnes gentes“ aus 30 Kehlen staunten wir aus der Kirche heraustretend über eine Besonderheit von St. Étienne: Die Westfassade ist mit einer reichen Portalskulptur versehen. Biblische Erzählzyklen von Johhannes dem Täufer, der Schöpfungsgeschichte und David und Bathseba sind in einzelnen Kassetten plastisch dargestellt.

Nach einer Pause ging es dann weiter nach Beaune in unser neues Reisedomizil, das Hotel Kyriad.
Morgen erwartet uns hier die Führung durch das berühmteste Haus der Stadt, das Hotel de Dieu.

 

Katja Jochum 14.06.2012 | 21:25

Paris en miniature, Seerosen, die Orgel von Notre Dame und mildes Abendlicht
Paris hat uns am letzten Tag unseres Aufenthalts in der Seine-Metropole einen Sonnentag beschert. Nach dem Frühstück und einer Andacht zu einer Vision von Ökumene 2022 trugen wir unsere bisherigen Paris-Eindrücke auf literarische Art zusammen: Die wunderbar kurze Form der Elfchen unterstützte uns darin, Bilder und Eindrücke auf den Punkt zu bringen.
Einige Beispiele folgen:

Paris
Fremde Stadt
Sehen, Staunen: Begeisterung
Muss ich mehr sehen?
Faszinierend!

Paris
Hörensagen - unbekannt
Annähern, vertraut machen
Unsicherheit überwinden, lernen, staunen:
Frankreich

Paris
Unbekannte Stadt
Weiter, enger Raum
Not, Hilfe, Wärme, Heimat:
Angebote

Ein Resümee: Viele wollen wiederkommen, das anschauen, was wir in den Tagen hier nicht mehr erfassen konnten, vielleicht sogar geknüpfte Kontakte vertiefen.
Das Mittagessen im Restaurant „C’est mon plaisir“ (deutsch: Das ist mein Vergnügen) hat bei einigen von uns diesen Wunsch verstärkt. Wir schlemmten uns durch Pastete von grünem Spargel mit Rucola, Lachs oder Kalb und eine Garnache von dunkler Schokolade, die den Gaumen verwöhnte und das Kalorienkonto auf einen soliden Stand brachte…

So gestärkt fuhren wir zum Musée d’Orsay, das in dem alten Bahnhof Gare d’Orsay untergebracht ist.
Ergreifend war es, von den Bildern der Impressionisten zu stehen, die pure Schönheit der Seerosen von Monet ganz nah zu erfassen, zu spüren, wie jedes Bild von Van Gogh ein direktes Gefühl hervorruft, hineinnimmt in die Situation des Bildes. Wir staunten über die Bronze-Studien von Degas, die nicht nur die gewohnten Elevinnen des Tanzes abbildeten, sondern Frauen mit Rundungen, in fortgeschrittenem Alter, graziös in der Balance, kraftvoll in der Bewegung.

Die anschließenden freien Stunden nutzten manche für die Abendandacht in Notre Dame, für eine Seine-Fahrt, einen Bummel durch die Galéries Lafayettes oder die Tuilerien.
Morgen müssen wir uns von Paris verabschieden und steuern unser nächstes Ziel, das Burgund, an. So unser Hotel uns einen WLan-Zugang bietet, wird es auch morgen Abend wieder Nachrichten aus Frankreich geben.

Alle Teilnehmerinnen lassen unsere zu Hause Mitlesenden und -Erlebenden herzlich grüßen!

 

Bildnachweis:
Ich war fremd - ihr habt mich aufgenommen (Ausschnitt),
Anne-Lise Hammann Jeannot, © WGT e.V.