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Grußwort anlässlich des 60jährigen Jubiläums des Weltgebetstages in Deutschland

„Wir Frauen unserer kleinen Gemeinde zusammen mit den Frauen in Mexiko, in Afrika, in Thailand, in der DDR. Wir miteinander für Frieden, für Gerechtigkeit, zusammen auf dem Weg zu der Einheit, die Christus will.“ - So Dr. Anneliese Lissner, in dem 1982 erschienenen Buch „Ein Freitag im März“.

Dr. Anneliese Lissner, damals Generalsekretärin der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschland und Hildegard Zumach, Generalsekretärin der Evangelischen Frauenarbeit in Deutschland, repräsentierten die Verantwortung, die die konfessionellen Frauenverbände verbindlich für die Weltgebetsarbeit in Deutschland übernommen hatten, gemeinsam mit KFD und EFD waren das Frauen des Frauendienstes im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, Frauen vom Methodistischen Frauendienst und vom Bund altkatholischer Frauen.
Das Weltgebetstags-Trio: Lissner (KFD), Zumach (EFD), Brinkhues (Bund Alt-Katholischer Frauen) blieb über die Jahrzehnte auch persönlich miteinander verbunden.

Als die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) 1966 die Verbandsvertreterinnen einlud, um über die Weltgebetstagsarbeit zu berichten, wurde deutlich: von dieser Art der Männerökumene, ohne Kenntnis der gemeindebezogenen Arbeit der beteiligten Frauenverbände war weder Hilfe noch geistig-theologische Inspiration zu erwarten.

Die Konsequenz: Die Verbandsfrauen beschlossen, sich enger - auch organisatorisch - zu verbinden. So entstand 1966 das deutsche Weltgebetstags-Komitee.
Verband steht eben für Verbundenheit und Verbindlichkeit. So freut es mich besonders, dass das Fest anlässlich des 60jährigen Jubiläums des Weltgebetstages in Deutschland für Westfalen hier in unserem Haus stattfindet, dem Mutterhaus der Frauenhilfe-Verbandsarbeit. Eine Frauenbewegung in Männerkirchen, in einer Männerökumene, in einer von Männersprache und Männerideen geprägten theologischen Welt - Frauen, die fest in ihren jeweiligen Kirchen verankert waren und jenseits des Verdachtes feministischer Umtriebe standen, sahen sich ausgesetzt, verdächtigt, kritisch angefragt oder missachtet - ein Stein des Anstoßes.

Der Weltgebetstag wurde und ist ein Teil der kirchlich-ökumenischen Frauenbewegung, in dem Fragen, Themen, Konflikte, Impulse aus der Praxis des Gebetes und aus der Verwendung der Kollektenmittel - heute längst ein umfangreiches Projektmanagement - entstanden. Die Ämterfrage in der Kirche ganz konkret: Wer hält wo in welchem Ornat die Predigt? Die Frage der Frauenordination, die Frage der Priesterweihe von Frauen, die Frage des Verhältnisses von diakonischem Amt und Predigtamt, durch den WGT sind sie unausweichlich, leibhaftig, überraschend und kreativ präsent.

Ich erinnere mich gut an die ersten Ordinationen von Frauen in der Alt-Katholischen Kirche und das Strahlen in den Augen von Katja Nickel, der Vorsitzenden in Nachfolge von Dr. Ilse Brinkhues. Wer Gebet und Sorgen, Ideen und Projekte teilt, kann die Trennungen immer schwerer ertragen. Wenn das gemeinsame Ziel Frieden und Gerechtigkeit ist und das Zeichen für die Einladung Jesu in das Reich der Himmel nicht geteilt werden darf, entstehen Schmerzen und Wut und … „Wir sind noch nicht im Festsaal angelangt, aber wir sind eingeladen, wir sehen schon die Lichter und hören die Musik.“ - Besser als in den poetischen Worten Ernesto Cardenals ist die Spannung zwischen schon jetzt und noch nicht kaum auszudrücken.

Auch die Ordnungen und die politische Situation in den Herkunftsländern gaben Impulse, waren oft erste Schritte auf gemeinsamen Wegen in Kampagnen und Projekten. Ich nenne - ohne Anspruch auf die korrekte chronologische Abfolge - die Weltgebetstage, die ich in den letzten 25 Jahren mitgekommen habe und die mir durch die ansteckende und gelegentlich anstrengende Begeisterung von Christel Küching nahe gebracht wurden:
Die Ordnung der Indianerinnen. Sie fand große, auch mediale Beachtung und gab den Anstoß zu intensiver Diskussion über die Grenzen ökumenischer Weite und die Grenzen christlicher Inkulturation. Die Frauen aus der Republik Irland und Nordirland. Sie lenkten den Blick auf ein durch Konfessionsgrenzen, durch Konfessionskrieg zerrissenes Land, auch Frauen, die diesseits und jenseits der Grenzen dieses blutigen Konfliktes lebten und genau diese Grenzen überschritten, um zusammen zu arbeiten und zusammen zu beten und eine Friedensbewegung zu befördern. Zwei Frauen waren es dann auch, die gemeinsam den Friedensnobelpreis bekamen. Die Ordnung aus Birma hat uns den Namen und die Geschichte von Aung San Suu Kyi eingebrannt. Jedes Mal, wenn ihr Bild in den Nachrichten erscheint, denke ich an 1989, an ihre Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis und an ihr jahrzehntelanges Gefangensein.

Ich denke an die Ordnung aus dem Blumenland Kenia - erster Anstoß für spätere Blumenkampagnen. Die Frauen aus dem Pazifik machten aufmerksam auf die verheerenden Auswirkungen der Atomversuche in ihrer Region. Sie sprachen später bei der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen und gaben vielen Weltgebetstagsfrauen den Impuls, sich in der der Anti-Atomkraft-Bewegung zu engagieren. Frauen aus Thailand machten auf die verheerenden und zerstörenden Folgen von Prostitutionstourismus und Missbrauch von Kindern aufmerksam. Weltgebetstagsfrauen verbanden sich später mit den Kampagnen zur Beendigung der Kinderprostitution im Asien-Tourismus. Der Weltgebetstag aus Palästina führte zu zum Teil für die beteiligten Frauen unerträglichen Spannungen mit den Landeskirchen, mit den im jüdisch-christlichen Dialog Engagierten, mit den Gruppen, die sich genötigt sahen eine Alternativ-Ordnung zu erstellen.

„Wir miteinander für Frieden, für Gerechtigkeit, zusammen auf dem Weg zu der Einheit, die Christus will.“ - besser als Dr. Anneliese Lissner kann man es nicht sagen.
Der Weg zu der Einheit, die Christus will, ist ein Weg für Frieden und Gerechtigkeit und Versöhnung. Der Weltgebetstag ist und bleibt, wie es auf dem Einband des eingangs erwähnten Buches heißt „Ein Freitag im März/ist ein Fenster zur Welt/ein Tag voller Phantasie und Liebe/ein ökumenisches Datum/ein Lichtblick in einer Männerkirche/eine Überraschung für viele/ein Schritt auf ein gemeinsames Ziel/ein Stein des Anstoßes“.

Ein Fenster zur Welt und ein Stein des Anstoßes ist der Weltgebetstag. Ein Stein des Anstoßes kann im Haus der lebendigen Steine, aus denen Gott sein Haus in dieser Welt bauen will, auch zum Eckstein werden. Die Weltgebetstags-Bewegung baut mit an dem einen Haus Gottes in dieser Welt, an dem einen Haus aus lebendigen Steinen. Sie setzt in dieses Haus aus lebendigen Steinen Fenster ein, Fenster zur Welt.
Wer einmal mit offenem Blick durch die Fenster zur Welt gesehen hat und sich die Menschen, die Frauen vertraut gemacht hat, wird die Fenster nicht wieder schließen können, die Blicke nicht wieder verschließen können.

Und so entsteht weltweite Verbundenheit, Verbindlichkeit. Das wünsche ich der Weltgebetstags-Bewegung hier bei uns in Westfalen und weltweit, das wünsche ich mir als Vertreterin eines der beteiligten Frauenverbände: Bleiben Sie in und mit der Weltgebetstagsarbeit unserem und den anderen Verbänden verbindlich verbunden.

Angelika Weigt-Blätgen,
leitende Pfarrerin der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Literaturhinweise:
„Ein Freitag im März“ Angelika Schmidt-Biesalski (Hg.) Laetare-Klens, 1982
„Ökumene der Frauen“ Helga Hiller, Deutsches Weltgebetstagskomitee, 1999
 

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