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60 Jahre Weltgebetstage mit deutscher Ordnung:
Frauen teilen Glauben und Verantwortung
Referat von Katja Jochum

Wir feiern dankbar die 60 Jahre - und gedenken des Jahrestags der 70 Jahre.

Am 1. September 1939 begann der Blitzkrieg der Deutschen gegen Polen, der den Zweiten Weltkrieg auslöste. Der Krieg und alles, was er an Beziehungen zerstörte, bestimmte die folgenden zehn Jahre. Niemand konnte neu anfangen, ohne die Zerstörung, die Shoah, die vielen Toten im Blick zu behalten. Schuld, kaum auszusprechen, war dennoch gegenwärtig. Diese Stimmungslage war es, in der Antonie Nopitzsch vom Bayrischen Mütterdienst eingeladen wurde, die deutschen Frauen wieder in das gemeinsame Gebet des Weltgebetstages hineinzunehmen.

Vor sechzig Jahren dann wurden die ersten Weltgebetstags-Ordnungen in deutscher Sprache gedruckt. In Gemeinden wurde ein Gottesdienst gefeiert, der den Wunsch nach ökumenischer Gemeinschaft ausdrückte - genauso aber die erfahrene Schuld und Verführbarkeit. Die Sehnsucht nach Orientierung wurde greifbar in den nachgesprochenen alten Psalmworten.

Während diese ersten Ordnungen noch ganz in der Tradition der in Deutschland regulär gefeierten Gottesdienste standen, veränderten sich Ausrichtung und Gestaltung zunehmend in den folgenden Jahrzehnten. Immer deutlicher kamen die „fremden Frauen“ im Weltgebetstagsland in den Blick, wuchs der Mut, sich auch im Nachbeten der Ordnung den Herausforderungen und der Sprache, in der der Glaube für diese Frauen Gestalt gewinnt, auszusetzen.
Von kleinen, vereinzelten Veranstaltungen unter Leitung des Pfarrers am Orte wurde die Weltgebetstagsbewegung in Deutschland zu einer ökumenischen Kraft, in der Frauen selbstbewusst und verbunden Gottesdienste, Glauben und Hoffnung gestalten.

In diesem Jubiläumsjahr kommen Frauen in allen Bundesländern, in allen Landeskirchen und Bistümern zusammen und erinnern sich an sechzig Jahre Weltgebetstag. Angelika Weigt-Blätgen hat uns vorhin in ihrem Grußwort an einige der besonders eindrucksvollen Stationen und Kampagnen erinnert.

Wie hat diese Bewegung unseren Glauben, unser Handeln im Glauben geprägt?
In welcher Verpflichtung stehen wir, die wir uns verbunden sehen mit den Frauen in der einen Welt?
Wie wirkt das weiter in unserem „alltäglichen Glauben“?
Was heißt „Glauben“ dann und in welchen Formen leben wir ihn?

Ermutigt uns diese Arbeit und Verbundenheit, sichtbar und hörbar zu werden für die Anliegen von Frauen im Weltgebetstagsland und für Frauen bei uns?
Sind wir laut genug, wie die Zeitschrift „Publik Forum“ Anfang des Jahres fragte, einzutreten für die Frauen, die nach Teilhabe am Leben verlangen, nach Bildung, Gesundheit, politischer Mitgestaltung, nach Meinungsfreiheit und ausreichender Ernährung für sich und ihre Familien?

Sind wir laut genug? Um bemerkt zu werden als bemerkenswerte Kraft in der Ökumene, die nicht in der Profilfrage vereinzelt, sondern im Nachsprechen der fremden Ordnung die Glaubenshoffnung der anderen wertschätzend wahrnimmt und lange zu hören vermag - ohne die Nötigung, gleich eigene Positionen über die anvertraute des fremden Glaubens zu legen.

Vielleicht liegt die Krux des Nicht-Bemerkt-Werdens gerade in dieser Stärke des Hörens. Weltgebetstag zu feiern ist für viele Frauen Lebensvollzug. Warum über Alltägliches reden?

Die Antwort ergibt sich beim Blick auf andere ökumenische Partnerschaften, die heute stärker auseinander treten. Das Motto des Weltgebetstages „Informiert beten – betend handeln“ beschreibt diese andere Kraft, die im Hoffen und Hören gemeinsame starke Bande knüpft, die im Handeln das Leben von Frauen an allen Orten dieser Welt zu verwandeln vermag. Darüber darf, ja soll gesprochen werden - auch laut!

So viele Aspekte stehen hinter dem weltumspannenden Gebet:
Beten - und sich vorher auf das gastgebende Land vorbereiten.
Beten - und Spendenprojekte für Brunnengrabungen und Mädchenbildung starten.
Beten - und die häusliche Gewalt und Menschenhandel in den gastgebenden Ländern beklagen und skandalisieren.
Beten - und verbunden bleiben.

Vor zwei Jahren sind Frauen in Toronto zur Internationalen Weltgebetstagskonferenz zusammen gekommen. Sie haben Leitsätze für den Weltgebetstag formuliert, die das Besondere auf den Punkt bringen. Anstoß sind sie für die Zukunft des Weltgebetstages weltweit und in Westfalen. Sie sollen uns heute als Anregung dienen:

Den Ausgangspunkt in diesem Neun-Punkte-Papier bilden die „christlichen Frauen“.
Wer sind wir: „Wir anerkennen, dass christliche Frauen kompetent sind, ihren Glauben auszudrücken und über ihr Leben zu sprechen im Gebet und im Gottesdienst, vor Gott und in Gemeinschaft.“ Das ist der erste Satz des Dokumentes.
Der gegenseitige Respekt vor dem Lebens- und Glaubenskontext der anderen und die Bibel als gemeinsame Grundlage ergänzen die Basis des Verhältnisses.

„Hören und Reden“ bestimmen die Begegnung im Weltgebetstag: „In einer Atmosphäre aufmerksamen Zuhörens finden Frauen ihre Stimme und können aus ihren Erfahrungen heraus sprechen. Wir können ‚einander ins Reden hineinhören’.“

Der Dialog verlangt danach, die jeweiligen Lebensumstände kennen zu lernen, um verstehen zu können. Daraus erwächst die Verpflichtung, unsere Gottesdienste so vorzubereiten, dass wir informiert beten können. Die Verpflichtung zum Dialog besteht gegenüber den Frauen im Weltgebetstagsland - und den Frauen, mit denen wir Gottesdienst feiern. Wie finden wir als Muliplikatorinnen Möglichkeiten, Methoden, sie auch miteinander ins Gespräch zu bringen?

„Treue und Kreativität“: Stimmen der Frauen eines anderen Landes sollen in der Gottesdienstordnung zu Gehör gebracht werden. Dazu gehört Texttreue in der Übersetzung und im Gebrauch der anvertrauten Ordnung. Die Frauen der Weltgebetstagskonferenz ersuchen alle Feiernden, den Text nicht an den Stellen zu kürzen, wo ihnen etwas fremd erscheint. Den Fragen Raum zu geben: „Warum wird es für die Frauen so gesagt? Weshalb ist ihnen gerade das so wertvoll?“ bietet die Möglichkeit tiefer zu verstehen. In der eigenen Vorbereitung vor Ort sollte dafür Zeit sein.

Die kreative Umsetzung in den ökumenischen Gottesdienst-Gemeinden bietet Gelegenheit, „die jeweils eigene Antwort auf das Thema, die Bibeltexte und die Berührungspunkte zwischen Frauen in verschiedenen Teilen der Welt zum Ausdruck“ zu bringen.

Der vierte Aspekt nennt die große Herausforderung und die größte Möglichkeit des eigenen Lernens: „Den Mut haben, über das Vertraute hinauszugehen und andere einzubeziehen.“

Ich zitiere hier den gesamten Absatz:
„Es braucht Mut, andere von ihrem Blickwinkel her zu verstehen statt vom eigenen Standpunkt aus. Uns über das Eigene hinauszubewegen und auf andere zuzugehen, verlangt von uns, uns durch unseren eigenen Widerstand durchzuarbeiten, Hindernisse zu überwinden und Grenzen zu überschreiten. Es liegt erneuernde Kraft darin, die Hände auszustrecken zu weit entfernten Frauen ebenso wie zu solchen, die in der Nähe wohnen, und zu neuen Generationen von jungen Frauen. Andere einzubeziehen, inklusiv zu sein, führt zur Begegnung mit der Weite und Tiefe der christlichen Erfahrung.“

Unser Austausch leitet uns zum nächsten Leitsatz:
5. Teilen bringt beides zum Ausdruck: alle haben etwas zu geben und zu empfangen.

Erwartungsvoll zu sein und meinen Anteil mit hinein zu geben: Aus dieser Haltung wächst und erneuert sich die Weltgebetstagsarbeit. Die Teilhabe bezieht sich auf die Gottesdienste, ihre Texte und Lieder, liebgewordene Traditionen. Sie geht weiter über Kunst und Kultur, aber auch über geteilte Gaben, Fertigkeiten, Gastfreundschaft und Zeit. Und: „Durch die Kollekte beim Weltgebetstag teilen Frauen ihre Ressourcen mit Frauen und Kindern rund um die Welt“.

6. Weltweite ökumenische Schwesterlichkeit entwickeln; Vertrauen untereinander aufbauen.
Wie kann das geschehen? Die Frauen in Toronto haben es so beschrieben: „Eine vertrauensvolle Haltung ist der Schlüssel zum Aufbau authentischer ökumenischer Beziehungen.“

Dazu gehört auch der siebte Punkt:
7. Als Christin in einer multi-religiösen Welt in guter Nachbarschaft mit anderen leben.
Gäste aus anderen Religionen sind beim Weltgebetstag als einem „christlichen Gebet in einer multi-religiösen Welt“ in christlicher Gastfreundschaft willkommen.

In all diesen Bezügen kommen Weltgebetstagsfrauen zusammen, erfahren Neues, ergreifen gemeinsam die Hoffnung und - lernen im Vollsinn des Wortes. Lernen las Lebensvollzug, als Erweiterung der eigenen Grenzen, als Be-Greifen. So folgt der achte Aspekt der Leitsätze:

8. Dem Lernen verpflichtet, nach Weisheit strebend
Ich zitiere: „Der Weltgebetstag hilft uns, besser zu verstehen, was unser Eigenes ist, und zu schätzen und respektieren, was anders ist als unser Eigenes. Differenzieren zu lernen, ist ein wichtiger Teil unseres Lernprozesses. So entwickeln wir eine globale Perspektive, die einem Regenbogen mit vielen Farben gleicht und die sich unterscheidet von den Kräften, welche die „Globalisierung“ in einer Weise vorantreiben, die das Leben von Menschen und ihre Kulturen abwertet.“

Wir suchen innerhalb dieses Lernprozesses nach Methoden und Materialien, die unserem Inhalt angemessen sind: die Beteiligung fördern, erfahrungsbezogenes Lernen ermöglichen und so zu einem Lernen in Beziehung werden.

Der Weltgebetstag bleibt seinem Wesen nach unabgeschlossen. Weltgebetstag ist Prozess. Er fordert das weitere Engagement, das Festhalten an geknüpften Beziehungs- und Verantwortungsfäden. Der neunte und letzte Leitsatz lautet:

9. Zum verantwortlichen Handeln kommen.
„Informiert beten - betend handeln. Wir brauchen die Tiefe von Gebet und Meditation, damit wir frei sind für das Wagnis von Liebe und solidarischem Handeln.“
Weltgebetstag verändert:
Wir werden aufmerksam für die kraftvollen und tastenden Glaubensworte der anderen - und suchen nach denen, die uns gründen.

Wir erfahren vom Missbrauch an Frauen, unterstützen Projekte, die sie schützen und ihnen helfen die eigene Stimme zu finden. Und wir bemerken den Missbrauch an Frauen in unserer Nähe. Wir finden Anschluss im nahen Bereich an Frauen, die wir in ihrer Arbeit vorher gar nicht wahrgenommen haben.
Und mancher gelingt es - im Sich-Bergen im geliehenen Mut der fernen Schwester - sich selbst aus Beziehungen und Denkweisen zu lösen, die auf Gewalt gründen.
Weltgebetstag verändert.
Die großen und die kleinen Schritte kosten Überwindung.

Der abschließende Leitsatz ermutigt:
„Wenn Frauen Schritt für Schritt vorwärts gehen, bringen sie damit Mut und Hoffnung zum Ausdruck. Die Bereitschaft, den Problemen der Welt ins Auge zu sehen, die soviel Leid verursachen, verlangt Mut. Kleine Schritte zu tun und Schritt für Schritt vorwärts zu gehen, ist ein Zeichen von Hoffnung, auch wenn man sich mit vielen Schwierigkeiten konfrontiert sieht.“

Wir sind diejenigen, die diesen Weg gehen und fortsetzen.
Lassen Sie uns die Anstöße in unsere Weltgebetstagsarbeit mitnehmen - und dazu einladen - und laut erzählen von der ökumenischen Bewegung, in der so viele Frauen zum verbindenden Glauben, Reden und Handeln ermutigt werden!

Gott begleite uns, wenn wir auf den Wegen des Friedens und der Verständigung miteinander gehen und das Gesicht der Zukunft gestalten!

Lasst uns beten mit den Worten des Gebets, das den Abschluss der Leitsätze aus Toronto bildet:

Gott, Du Quelle unserer Kraft, wir danken Dir.
Du verwandelst das Samenkorn zur Frucht. Du nährst und erhältst uns.
Du bist bei uns auf einfachen und schwierigen Wegen und machst uns fähig einander zu begleiten.
Wir bitten Dich: Lass uns Deiner Kraft vertrauen, die sich des Kleinen annimmt
Und die aus zaghaften Anfängen Wunderbares wirken kann.
Sei uns nahe, leite und bewege uns.
Wie aus den Körnern vieler Felder das Brot wird,
so mache aus uns vielen eine Gemeinschaft,
Zeichen der Hoffnung in dieser Welt.
Amen.
 

Landesverband der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. Feldmühlenweg 19 59494 Soest
Tel.: 02921 371-0 Fax: 02921 4026 e-Mail: info@frauenhilfe-westfalen.de