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Predigt Jes 35,3-10

3 Stärkt die müden Hände und macht fest die wankenden Knie!
4 Sagt den verzagten Herzen: »Seid getrost, fürchtet euch nicht! Seht, da ist euer Gott!
Er kommt zur Rache; Gott, der da vergilt, kommt und wird euch helfen.«
5 Dann werden die Augen der Blinden aufgetan und die Ohren der Tauben geöffnet werden.
6 Dann werden die Lahmen springen wie ein Hirsch, und die Zunge der Stummen wird frohlocken. Denn es werden Wasser in der Wüste hervorbrechen und Ströme im dürren Lande.
7 Und wo es zuvor trocken gewesen ist, sollen Teiche stehen, und wo es dürre gewesen ist, sollen Brunnquellen sein. Wo zuvor die Schakale gelegen haben, soll Gras und Rohr und Schilf stehen.
8 Und es wird dort eine Bahn sein, die der heilige Weg heißen wird. Kein Unreiner darf ihn betreten; nur sie werden auf ihm gehen; auch die Toren dürfen nicht darauf umherirren.
9 Es wird da kein Löwe sein und kein reißendes Tier darauf gehen; sie sind dort nicht zu finden, sondern die Erlösten werden dort gehen.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen.

„Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen“. Amen.

Liebe Bezirksfrauen, liebe Festgemeinde,
„Die Wüste und Einöde wird frohlocken, die Steppe wird jubeln und wird blühen wie Lilien. Sie wird blühen und jubeln in aller Lust und Freude. Sie sehen die Herrlichkeit und Pracht unseres Gottes“ -
Worte des Propheten Jesaja voller Schönheit und Zuversicht; hoffnungsvoll und ermutigend. Worte wie eine Oase für die Menschen damals im Exil, in Babylon, fern von Jerusalem, fern von ihrem Tempel, von ihrer Heimat, fern von ihrem Gott.
Worte, die ihren Glauben an eine Rückkehr lebendig halten und ihren Mut zum Aufbruch stärken sollte. Ein langer Weg würde es werden - in jeder Hinsicht.
 

Die Wüste wird frohlocken - Die Wüste ist für Jüdinnen und Juden zum Zeichen der Gottesnähe geworden: Gott geht mit. Gott ist seinem Volk, seinen Menschen, ganz nah. Er gibt ihnen zu essen, wenn sie zu verhungern drohen; er stillt ihren Durst und leuchtet ihren Weg aus in der Nacht. Gott geht mit - aus Ägypten, durch das Schilfmeer und die Wüste. Gott geht mit und ist für seine Menschen Schutz und Hilfe, Halt und Nahrung, Orientierung und Trost. Gott ist seinen Menschen Oase.

Die Wüste wird frohlocken - Wenn es ein Bild, eine gemeinsame Erinnerung gab, das die Menschen in Babylon stark machen konnte für einen langen Weg zurück in ein weitgehend zerstörtes Jerusalem, dann das Bild der Wüste und die Erinnerung an die Treue Gottes und seine Bereitschaft, verlässlich mitzugehen; Rastplätze zu schaffen; Oase für die Wandernden zu sein.

Sich aufmachen, den Weg unter die Füße nehmen, sich der Wüste aussetzen - das müssen die Menschen selbst tun. Dazu müssen sie sich gegenseitig stärken, sich ermutigen; sich gegenseitig einladen, ermahnen und erinnern.
„Stärkt die müden Hände, macht fest die wankenden Knie;
sagt den verzagten Herzen: Seid getrost, fürchtet euch nicht.
Seht, da ist euer Gott.“

Stärkt die müden Hände. Müde Hände können nicht mehr handeln; müde Hände können sich nicht mehr wehren; müde Hände können nicht mehr streicheln; müde Hände lassen sich nicht mehr ausstrecken. Man kann müde Hände aber auch nicht ruhig und zufrieden in den Schoß legen. Viele von uns, von Ihnen, haben schon müde Hände in ihren Händen gehalten. Müde Hände erzählen uns Lebensgeschichten, Geschichten von erschöpfendem, verletztem und kraftlos gewordenem Leben, von verpasstem und vergeudetem Leben. Müde Hände sind nicht immer alte Hände.

Macht fest die wankenden Knie. Wankende Knie tragen die Menschen nicht länger. Wankende Knie bringen nicht ans Ziel, machen verzagt; wankende Knie machen schwach, lassen einknicken, wenn Standfestigkeit gefragt wäre; wankende Knie und aufrechter Gang passen nicht zueinander. Wie viele von uns, von Ihnen, haben schon Menschen gestützt und getragen, deren Knie wankten! Wankende Knie schreien nach Hilfe. Schwäche wird sichtbar. Wankende Knie sind nicht immer alte Knie.

Sagt den verzagten Herzen: Fürchtet euch nicht. Verzagte Herzen - Martin Buber spricht von Menschen, die „herzverscheucht“ sind. Herzverscheuchte sind Menschen, die nicht mehr wissen, wie sie sich entscheiden sollen und worauf sie noch vertrauen können. Sie sind bestürzt über Gottes Abwesenheit, sie zweifeln an Gott und der Welt und an sich selbst. Sie trauen dem eigenen Herzen nicht mehr. Sie selbst, ihre Seele, ihr Herz sind heimatlos und haltlos. Wie viele von uns, von Ihnen, haben schon Herzverscheuchten Halt und Wegweisung geben können! Saget den verzagten Herzen: „Seid getrost, fürchtet euch nicht! Seht, da ist euer Gott. Er kommt und wird euch helfen.“ Die Anweisung an die Botinnen und Boten ist damals in Ägypten ebenso deutlich wie in Babylon und bis heute - klar, einfach und uneingeschränkt:
Stärkt die müden Hände, macht fest die wankenden Knie, sagt den verzagten Herzen.
 

 

Stärken - machen - sagen: der Auftrag ist uneingeschränkt - er umfasst den ganzen Menschen mit Leib und Seele, mit Hand und Knie und Herz und alles Stärken, Machen und Sagen hat eine Richtung: Seht, da ist euer Gott. Der Prophet versucht den Blick der Müden, Verzagten, Wankenden auf Gott hin, auf die Zukunft hin auszurichten.

In der Frauenhilfe, in Ihren Ämtern als Bezirksfrauen, versuchen wir, versuchen Sie genau dieses: den Blick der Müden, der müde gewordenen, der Verzagten, der Traurigen, der Herzverscheuchten auf Gott hin, auf die Zukunft hin auszurichten.
Seht da ist euer Gott - euer Gott, dein Gott, der mit dir gehen will, gerade mit dir; der um dich weiß, der für dich in diese Welt gekommen ist, der den Weg durch die Wüste ganz gegangen ist; der überwunden hat, was Menschen verzweifeln lässt; was Menschen in Todesstarre fallen lässt.
Seht da ist euer Gott - euer Gott, dein Gott, der dich sieht, der gerade deine müden Hände, deine wankenden Schritte, dein ängstliches, orientierungsloses Herz ansieht.

Wenn es uns gelingt, wenn es Ihnen gelingt, bei Ihren Besuchen und Gesprächen durch Worte, durch Ihre Nähe, durch Ihre Zuwendung den Blick auf Gott hin auszurichten, den Glauben stark zu machen, dass Gott in jeder Lebenssituation Oase sein will, dann kann es - und das wünsche ich Ihnen allen - gelingen, Menschen zu stärken. Menschen zu stärken für einen Aufbruch, für Schritte in die Zukunft, kleine zunächst und unsichere vielleicht; dann kann den Menschen Kraft für den Weg zuwachsen.

„In der Wüste des Alltags Rosen pflanzen“ - so lässt sich das was wir tun, was Sie in Ihren Gemeinden und Bezirken tun, in der poetischen Sprache jüdischer Weisheit ausdrücken.
In der Wüste des Alltags Rosen pflanzen - Menschen auf Gott hinweisen, der ihnen Oase sein will.

Die Wüste wird blühen. Gott will Oase sein. Ein Leen in Fülle und Gerechtigkeit und in Gegenseitigkeit. Das Leben teilen in der Oase. Menschen, die der Einladung Gottes, der Einladung des Propheten folgen, werden nicht eingeteilt in die mit den müden und die mit den tätigen Händen, in die mit den wankenden und die mit den festen Knien, in die Unsicheren, Herzverscheuchten und die Selbstsicheren. Die Seiten und die Rollen können und werden wechseln. Auch diese Aussicht möge Sie stärken, Sie stark für die Zukunft machen.

Gott will Ihnen, gerade Ihnen, Oase sein und er wird Ihnen Menschen zur Seite stellen, die Sie einladen, stärken und begleiten.

Wenn wir Lasten wie Steine schwer ebenso teilen wie die Stärkungsmittel der Oase: Brot und Rosen, Wasser und Wein, dann wird uns der Glaube an Wege in der Wüste und an prachtvolles Blühen und Freude aneinander und an unserem Gott in die Zukunft tragen. Amen.

Angelika Weigt-Blätgen
(Leitende Pfarrerin der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen)

 

 

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