Grußwort vom Soester Vizelandrat Dr. Günter Fiedler

Sehr geehrte Vorsitzende Frau Schnittker,
sehr geehrte Frau leitende Pfarrerin Weigt-Blätgen,
sehr geehrte Frau Pfarrerin und Einrichtungsleiterin Reiche,

die Prostituierten- und Ausstiegsberatung für Mädchen und Frauen in Südwestfalen TAMAR wird heute feierlich eröffnet. Dazu meine herzlichsten Glückwünsche in Vertretung für den Kreis Soest und die gesamte Region Südwestfalen.

Sie gehen heute einen wichtigen Schritt, der Not lindert, die leider kaum wahrgenommen wird. Prostitution ist im Verborgenen meist mit Armut, Gewalt und Abhängigkeit, mit Perspektivlosigkeit, Hilflosigkeit und Verletzungen der Würde verbunden.

Obwohl Prostitution durch das Prostitutionsgesetzes seit 2002 aus der Sittenwidrigkeit befreit wurde, haben sich die Lebensrealität und die Arbeitsbedingungen der Prostituierten kaum verbessert. Noch immer werden Prostituierte oft diskriminiert. Ihre Lebensbiografien sind in der Regel mit schweren Belastungen behaftet, sodass sie am Ende keine Wahl oder Chance auf ein bürgerliches Leben haben.

Die Frauen benötigen weiterhin mehr Schutz vor Ausbeutung und Wucher. Denn für das Gewerbe Prostitution gelten kaum Erlaubnispflichten, Auflagen und Reglementierungen. Jeder Betreiber kann einen Betrieb aufmachen.

Seit der Öffnung der EU-Grenzen sind heute 70% der Prostituierten Migrantinnen.
Oft handelt es sich um Armutsprostitution. Da die Frauen aus Osteuropa keine anderen beruflichen Möglichkeiten sehen, melden sie ein Gewerbe an.

Wir haben jährlich 700 solche An- und Abmeldungen bei den 14 Gewerbeämtern im Kreis Soest. 100 bis 120 Frauen arbeiten gleichzeitig in den 10 Clubs und 11 Wohnungen im Kreisgebiet. Im Kreis Soest gibt es insgesamt ca. 500 Menschen, die diesen Beruf verfolgen.

Im nahegelegenen Ruhrgebiet bestehen bereits viele Beratungsangebote. Lange wurde der ländliche Raum hier nicht berücksichtigt. Daher bin ich froh, dass wir nun auch in der südwestfälischen Region mit fünf Kreisen die Frauen in ihrer schwierigen Situation und in ihrer Not unterstützen können.

Die Beratungsstelle TAMAR greift auf das Netzwerk der Frauenhilfe mit einer langen Tradition der Hilfeleistung sowie auf das ganze Hilfesystem der Region zu und kann auf großes Erfahrungswissen bauen.

TAMAR will als Beraterin Lotsin sein und die Interessen der Klientinnen wahren und vertreten. Ein wichtiges Ziel ist, eine Perspektive zu entwickeln und den Ausstieg aus diesem Beruf zu unterstützen. Daneben werden viele Fragen beantwortet und vor allem Probleme gelöst. Unter anderem werden Behördengänge, Versicherungsfragen oder gesundheitliche Belange beraten und unterstützt.

Verwaltung und Politik sind sich bewusst, dass die Arbeit von TAMAR von großer Bedeutung ist und Elend und Not lindern kann und Menschen dabei behilflich sein kann, zu einem selbstbestimmten und selbstbewussten Leben in Sicherheit und Würde zu finden. Das ist nicht einfach. Die Arbeit verdient daher höchste Anerkennung und Respekt.

Ich danke Frau Reiche und ihrem Team für Ihren Einsatz, wie ich allen Förderern und Unterstützern danke, und wünsche Ihnen Kraft und Gottes Segen für Ihre Arbeit.