Eigentlich sei keine Zeit zum Feiern. Zu vielfältig seien die Aufgaben, zu zahlreich die Klientinnen und ihre Kinder, die sich tagtäglich den Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle NADESCHDA anvertrauen. „Seit zwanzig Jahren bedeutet die Arbeit der Mitarbeiterinnen neue Hoffnung für von Menschenhandel betroffene Mädchen und Frauen. Gemeinsam mit der Sozialarbeit bilden die nationale und internationale Vernetzungsarbeit sowie die Lobbyarbeit den Dreiklang, in dem die Hoffnung trotz allem wächst.“ So stand es in der Einladung für den 22. September 2017 in Herford zum 20jährigen Bestehen.
„Es ist zutiefst schade und zugleich richtig und wichtig, dass es die Beratungsstelle Nadeschda gibt“, stellte Regierungspräsidentin Marianne Thomann-Stahl fest. „Ein Blick in die Geschichte von NADESCHDA zeigt auch, dass Sie sich nie auf Erreichtem ausgeruht, sondern Ihre Arbeit immer wieder den Erfordernissen des gesellschaftlichen Wandels angepasst haben.“ So fasst Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, die Leistung in ihrem schriftlichen Grußwort zusammen.
Mehr als 70 Gäste aus Politik, Kirche, Behörden und sozialen Organisationen aus Ostwestfalen-Lippe sowie Vertreterinnen der Trägerin, Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V., waren der Einladung der Fachberatungsstelle für Opfer von Menschenhandel, NADESCHDA mit Sitz in Herford, zu Gottesdienst und Empfang in Herford gefolgt.
Gerade in den letzten zwei Jahren sei die Identifizierung von Menschenhandel im Kontext von Flucht und Asyl eine besondere Herausforderung, betonte Naile Tanış in ihrem Festvortrag. Die Geschäftsführerin des Bundesweiten Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V. (KOK) unterstrich, NADESCHDA habe sich in den vergangenen Jahren aktiv um Identifizierung und Unterstützung dieser Betroffenen bemüht und entsprechende Projekte durchgeführt. „Die Erfahrungen zeigen, dass es zum Teil Monate manchmal sogar Jahre braucht, um Betroffene zu erkennen“, stellte Tanis heraus. Vor diesem Hintergrund stelle sich die Frage, wie dies in den verkürzten Asylverfahren gelingen solle.
Eine weitere Herausforderung für die Fachberatungsstellen sei, Ressourcen für Lobby-, Öffentlichkeits-, Sensibilisierung- und Vernetzungsarbeit einzuplanen. Naile Tanış führte zudem an, dass eine effektive Bekämpfung des Menschenhandels und der Ausbeutung nicht möglich sei ohne die Unterstützung der Betroffenen und die Stärkung ihrer Position. Daher müsse Deutschland zukünftig einen rechtebasierten Ansatz verfolgen, bei dem die Rechte der Betroffenen zumindest gleichrangig mit der Strafverfolgung im Fokus stünden.
In den Grußworten von Dr. Astrid Giebel, Diakonie Deutschland, den Landtagsabgeordneten Angela Lück (SPD) und Berivan Aymaz (Bündnis90/Die Grünen), Superintendent Michael Krause, Kirchenkreis Herford, Regine Reinalda, Dortmunder Mitternachtsmission, und Inge Schnittker vom Vorstand der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. wurde immer wieder der kontinuierliche Einsatz und das unermüdliche Engagement von Corinna Dammeyer, Mira von Mach und Pfarrerin Birgit Reiche hervorgehoben. Sie seien ein verlässliches Fundament für ein wachsendes Netzwerk, vertrauensvolle Zusammenarbeit und für Weiterentwicklung und Innovation.
Musikalisch gerahmt wurde der Empfang von Charlotte Voigt, Cellistin, und Miroslaw Tybora, Akkordeonist. Zuvor predigte Pfarrerin Angelika Weigt-Blätgen, Geschäftsführerin der Trägerin, in einem Festgottesdienst unter dem Leitmotto „Hoffnung ist teilbar“ in der Münsterkirche in Herford.
Im Rahmen der Jubiläumsempfangs wurde die Ausstellung „Auf der Flucht: Frauen und Migration“ vom Evangelischen Presseverband für Bayern gezeigt, um vor Ort zur Diskussion anzuregen. Die Ausstellung präsentiert das Werk von neun Preisträgern des internationalen Martin-Lagois-Fotowettbewerbs 2016, die das Leben von geflüchteten Frauen dokumentiert. Flucht, Vertreibung und Asyl prägen insbesondere die Arbeit der Beraterinnen von Opfer von Menschenhandel.