Grußwort Paul Bischof, Ltd. Kreisrechtsdirektor Kreis Herford

Sehr geehrte Damen und Herren.

Vielen Dank für die Einladung und für die Möglichkeit, hier einige Gedanken zur bisherigen Arbeit von Theodora in Form eines Grußwortes einbringen zu dürfen.

Im Jahr 2006 wurde in einer interdisziplinären Arbeitsgruppe unter Federführung der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. und unter Beteiligung von Fachleuten von Polizei, Gesundheitsämtern, Gleichstellungsstellen und Beratungsstellen die Konzeption für eine Prostituierten- und Ausstiegsberatung für die Region Ostwestfalen-Lippe (OWL) erstellt.

Die Einrichtung eines solchen Beratungsangebotes wurde notwendig, weil immer mehr Prostituierte, die nicht Opfer von Menschenhandel waren, sich an die Frauenberatungsstelle für Opfer von Menschenhandel, NADESCHDA, die seit 1997 in Trägerschaft der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. in Herford besteht, gewandt haben, für die es kein adäquates Beratungsangebot in der Region gab.

Nach mehreren vergeblichen Antragstellungen bei den Kommunen und den Ministerien auf Landes- und Bundesebene hat die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e. V. beschlossen, dass ab Januar 2010 eine Mitarbeiterin mit einer nicht refinanzierten halben Personalstelle bei NADESCHDA die Prostituierten- und Ausstiegsberatung beginnen solle. Der Kreis Herford konnte Sie in dieser Phase mit einer ausführlichen und aktivierenden Stellungnahme unterstützten.

Ich fand es mutig, wie Sie sich auf den Weg gemacht haben. Das neue Beratungsangebot wurde nicht beworben, sondern nur durch mündliche Informationen weitergegeben. Trotzdem gab es in dem Bereich Prostituierten- und Ausstiegsberatung im Jahr 2010 29 Klientinnen, von denen 18 beim Ausstieg aus der Prostitution begleitet wurden. Die „Aktion Mensch“ hat für März 2011 bis Februar 2014 eine anteilige Projektförderung für „THEODORA, Prostituierten - und Ausstiegsberatung für Mädchen und junge Frauen in OWL“ bewilligt. Außerdem bewilligten die Heidehof-Stiftung und die Robering Stiftung kleinere Zuschüsse.

Für das Jahr 2015 konnte der Fortbestand der Beratungsstelle THEODORA durch eine Projektförderung des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Integration des Landes NRW aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gesichert werden. Aufgabe im Rahmen des Projektes war, Prostituierten beim Ausstieg und, in Kooperation mit fünf Jobcentern in der Region, beim Einstieg in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu helfen.

Wir alle wissen, dass wenn eine Projektförderung zu Ende geht, andere Projektmittel für die Fortführung der Hilfeleistung beantragt werden müssen. Seit dem 1. Januar 2016 erhält die Beratungsstelle THEODORA nun für drei Jahre Fördermittel im Rahmen des Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (EHAP). Zielgruppe sind Armutsprostituierte und deren Kinder. Ihnen soll individuell geholfen werden, zu bestehenden Beratungs- und Unterstützungsleistungen des regulären Hilfesystems Zugang zu finden, wie z.B. Sprachkursen oder medizinischer Beratung. Die Kinder der Frauen sollen an bestehende Angebote der frühen Bildung und der sozialen Inklusion, wie Kindertagesstätten oder andere vorschulische Angebote oder an Freizeitangebote, herangeführt werden. Da ist es von Vorteil, dass THEODORA seit Jahren in dieser Region arbeitet und gut vernetzt ist.  Der Kreis Herford hatte Ihnen für diesen Projektantrag seine Unterstützung (ca. 1.600 Euro) zugesagt, ebenso wie vier andere Kreise in Ostwestfalen Lippe (Paderborn, Höxter, Gütersloh, Lippe) und die Stadt Bielefeld.

Zurzeit wird bei der Bundesregierung an der Neuregelung des Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG) gearbeitet. In der Koalitionsvereinbarung vom Februar 2015 heißt es unter anderem:

Das bedeutet: Wenn das neue Prostituiertenschutzgesetz verabschiedet wird, verfügen wir im ländlich strukturierten Regierungsbezirk Detmold bereits über ein bekanntes und funktionierendes Beratungsangebot.

Die zurzeit im öffentlichen Raum geführte Debatte darüber, ob Prostitution eine Arbeit ist, eine Berufstätigkeit und welche Werte wir als Gesellschaft mit der Legalisierung der Prostitution vermitteln, ist richtig und notwendig. Ebenso, dass wir nicht wegschauen dürfen vor der Kriminalität in dieser Szene. Deshalb ist es auch richtig und notwendig, dass wir den Frauen und ihren Kindern Hilfe anbieten, da wieder herauszukommen und ein anderes, besseres und selbstbestimmtes Leben führen zu können.

Dass das gelingen kann, dafür steht die Beratungsstelle THEODORA, dafür stehen Sie als Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle, dafür steht Ihre Arbeit und dafür gilt Ihnen meine besondere Anerkennung und mein Dank.