Dokumentation

33 Jahre Frauenhaus Soest | 05.05.2023

Ulrike Martin

Grußwort Ulrike Martin

Referentin für den Arbeitsbereich Gewaltschutz für Frauen und deren Kinder, Prostitution und Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung

Diakonisches Werk Rheinland-Westfalen-Lippe e.V. –
Diakonie RWL
Geschäftsfeld Familie und junge Menschen

Liebe Anwesende,

ich freue mich, erneut ein kurzes Grußwort halten zu dürfen.
Erneut deshalb, da ich schon zur offiziellen Eröffnung der Frauenberatungsstelle am 24. November 2022 hier stehen und reden durfte.
Heute wollen wir uns für 33 Jahre aufopferungsvoller Arbeit im Frauenhaus bei den Mitarbeiter*innen bedanken. Dieser Meilenstein gibt Anlass darüber nachzudenken, was sich im Laufe der Jahre verändert hat.

Der Enthusiasmus der Anfangszeit ist vergangen, die Notwendigkeit von Schutzeinrichtungen für von Gewalt betroffene Frauen bleibt.
Ging es früher primär um den reinen Schutzcharakter und die gegenseitige Hilfe „Frauen helfen Frauen“, sind daraus mittlerweile  viele autonome Träger entstanden: Heute ist das Hilfsangebot professioneller und komplexer geworden.

In den Frauenhäusern erhalten Frauen noch immer primär Schutz und einen sichereren Ort – zum Ankommen, Durchatmen, Nachdenken.
Gleichzeitig finden sie ein professionelles Hilfe- und Unterstützungssystem vor, das ihnen einen Weg in eine gewaltfreie Zukunft ermöglicht.
Die Perspektive hat sich also gewandelt, weg von der reinen Schutzunterkunft, hin zu einem System der professionellen Unterstützung.
Der Blick auf Betroffene hat sich demnach gewandelt. Auch die Perspektive auf die mitkommenden Kinder hat sich verändert.
Heute wissen wir, dass Kinder grundsätzlich von häuslicher Gewalt mitbetroffen sind und deshalb gezielte Angebote benötigen, um mit dem Erlebten umgehen zu können und später nicht selber Betroffene oder Täter*innen zu werden.

Angebote für Kinder und zur Prävention gehören deshalb mittlerweile in jedem Frauenhaus dazu.
Auf Landesebene wurde in den letzten Jahren viel unternommen, um das Unterstützungssystem auszubauen und weiter zu fördern. 
So wurde ab diesem Jahr die Sachkostenpauschale erhöht und eine zusätzliche anteilige Förderung einer Fachkraftstelle für die Arbeit mit Kindern in die Landesförderung aufgenommen.

Ulrike Martin

Seit 2023 befinden sich alle Frauenhäuser in NRW in der Landesförderung, weitere Einrichtungen sollen geschaffen und aufgenommen werden.
Neu ist, dass hierbei der Blick auf Frauen mit Beeinträchtigungen erfolgen soll. Neu- und Umbauten sollen barrierearm erfolgen. Wie der dafür benötigte erforderliche Mehrbedarf an Unterstützung erfolgen und finanziert werden kann, soll eine noch einzusetzende Arbeitsgruppe auf Landesebene erarbeiten.
Auf Bundesebene scheint der Rechtsanspruch zum Greifen nahe. Und es ist geplant, ihn noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen.
Aktuell läuft eine Kostenstudie zum Hilfesystem, die zuerst nur Frauenhäuser im Blick hatte, in einem weiteren Schritt aber die ambulanten Beratungsangebote mit aufgenommen hat.

Die Ergebnisse werden als Basis für eine Finanzierung dienen, die endlich auskömmlich sein soll.
Wir sind gespannt auf die Ergebnisse, die schon im Sommer vorliegen sollen.
Vor einer Weile wurde ich von einer Journalistin gefragt, wie ich mir das Frauenhaus der Zukunft vorstelle. Meine Antwort hat sie erstaunt, sie lautete: LEER!
Ich wünsche mir für die Zukunft, dass wir keine Frauenhäuser, also Akutschutzeinrichtungen für von Gewalt betroffene Frauen, mehr benötigen, da es keine Gewalt gegen Frauen mehr gibt.

Die Realität sieht anders aus. Und mein Wunsch wird nur ein Wunsch bleiben.
Laut dem Global Gender Gap 2022 werden wir bis zur wirklichen Gleichberechtigung der Geschlechter noch circa 131 Jahre benötigen. Das ist viel zu lang.
Liebe Vorständ*innen, liebe Frau Reiche, liebe Maike und liebe Mitarbeiter*innen des Frauenhauses: Ich bedanke mich für das große Engagement und den unermüdlichen Einsatz für Frauen, die von Gewalt betroffen sind.

Durch Ihre Unterstützung erfahren viele Frauen und deren Kinder, dass sie nicht alleine sind, dass es Möglichkeiten und Chancen gibt, dem Leben in Gewalt und Angst zu entfliehen und ein neues Leben anzufangen.
Sie bieten Schutz und Sicherheit in Situationen scheinbarer Aussichtslosigkeit.
Hierfür ein herzliches Dankeschön, aber auch ein Weiter so!
Für die weitere Arbeit wünsche ich allen Gottes Segen, Kraft und Mut für die weitere Arbeit.

 

Ulrike Martin
Referentin für den Arbeitsbereich Gewaltschutz für Frauen und deren Kinder,
Prostitution und Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung
Diakonisches Werk Rheinland-Westfalen-Lippe e.V. – Diakonie RWL
Geschäftsfeld Familie und junge Menschen