Dokumentation

Eröffnung Neubau Haus Phöbe | 04.03.2023

Birgit Reiche

Begrüßung und Andacht der
Leitenden Pfarrerin Birgit Reiche

Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Lasst uns miteinander Andacht halten im Namen Gottes. Gott ist der Grund unseres Lebens. Jesus Christus lädt alle Menschen in das Reich Gotte ein. Gottes Geist stärkt Frieden und Gerechtigkeit unter uns. Amen.

Liebe Fest-Versammlung,
liebe Gemeinde auf Zeit,

wir sind hier im größten Raum unseres neuen Haus Phöbe zusammengekommen, um feierlich die Eröffnung dieses Hauses zu begehen. Gestern haben wir hier zum ersten Mal Gottesdienst gefeiert – der Altar und das Stehpult sind aus der Kapelle des alten Haus Phöbe mit umgezogen. Auch die Orgel hat den Umzug gut überstanden, sie ist heute aus Platzgründen wieder in den Nebenraum gerollt worden. Noch ist der liturgische Raum ein Provisorium, aber Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut.

Vom Bauen und von Bausteinen ist in der Bibel sehr häufig die Rede, so verwendet Jesus in der Bergpredigt selbst dieses Bild: Alle, die nun meine °Worte hören und entsprechend handeln, werden einer klugen Frau, einem vernünftigen Mann ähnlich sein, die ihr Haus auf Felsen bauten. Und Regen fällt herab, es kommen reißende Flüsse, Stürme wehen und überfallen dieses Haus – und es stürzt nicht ein! Denn es ist auf Felsen gegründet. (Mt. 7, 24f).

Dass das neue Haus Phöbe bautechnisch gut gegründet ist, davon gehe ich aus, weil viele Fachleute an seiner Errichtung beteiligt waren. Wenn es vielleicht auch nicht auf Felsen gebaut ist, fand sich bei den Ausschachtungsarbeiten doch ein großer Findling, der nun die Einfahrt schmückt.

Jesus spricht hier davon, dass ein verlässliches Fundament darin besteht, auf seine Worte zu hören und danach zu handeln. Was es bedeutet danach zu handeln, hat er am Ende des gleichen Evangeliums in einem weiteren Gleichnis erzählt. Es wird das Gleichnis vom Endgericht genannt, in dem der Menschensohn so spricht:

Ich war hungrig, ihr gabt mir zu essen; ich war durstig, ihr gabt mir Wasser; ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen. Ich war nackt, ihr habt mich gekleidet; ich war krank, ihr habt mich gepflegt; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen.‹ Dann werden ihm die Gerechten antworten: ›°Herr, wann haben wir dich hungern sehen und dir zu essen gegeben, oder durstig, und gaben dir Wasser? Wann haben wir dich in der Fremde gesehen, und haben dich aufgenommen, oder nackt und haben dich gekleidet? Wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen?‹ Und er wird ihnen antworten: ›Wahrhaftig, ich sage euch, alles, was ihr für eines dieser meiner geringsten Geschwister getan habt, habt ihr für mich getan‹.

Birgit Reiche

Dieser letzte Satz: „Alles, was ihr für eines dieser meiner geringsten Geschwister getan habt, habt ihr für mich getan“ ist das Gründungswort der westfälischen Frauenhilfe. Dieses Gründungswort hat schon vor über 115 Jahren unsere Vormütter dazu inspiriert, Pflegeausbildung anzubieten, eine Schwesternschaft zu gründen, deren Mitschwestern vor allem in der Pflege tätig waren, und andere diakonische Aufgaben, die ihnen die Nöte der Zeit vor die Füße gelegt haben, anzunehmen.

Dieses Gründungswort ist unser Fundament, von dem aus wir auch heute die Aufgaben annehmen, von denen wir glauben, dass wir sie mit Expertise und Liebe bewältigen können. Die stationäre Altenpflege und die Pflegeausbildung sind zwei dieser Aufgabengebiete, die in den letzten Jahrzehnten einem großen gesellschaftlichen Wandel unterworfen waren, die heute unter großer medialer Aufmerksamkeit stehen und deren Krise nicht nur herbeigeredet wird, sondern in den nächsten Jahren deutlich an Fahrt aufnehmen wird.

Unsere Gesellschaft altert und die von uns, die steinalt werden, sind häufig am Ende des Lebensweges auf Assistenz und Pflege des Körpers und der Seele angewiesen.

Mir ist es wichtig, dass wir nicht aufhören, in ihnen Geschwister Jesu zu sehen, deren Menschenwürde als Ebenbilder Gottes wir in jeder Phase ihres Lebens zu verteidigen haben. … und es schadet auch nicht, immer wieder daran zu denken, dass ihr Weg unser Weg sein kann, wenn uns die Gnade zuteilwird, steinalt zu werden.

Aber auch diejenigen, die tagtäglich in der Pflege, in der Begleitung und in der Versorgung in einem Pflegeheim arbeiten, sind Geschwister Jesu und Ebenbilder Gottes. Auch sie benötigen Aufmerksamkeit und Sorge, angemessene Bezahlung, gute Arbeitsbedingungen und Anerkennung für ihre Leistung. Nur so stumpfen sie nicht ab und sind ihrerseits in der Lage, die ihnen anvertrauten Menschen immer als Ebenbilder Gottes und als Jesu Geschwister zu behandeln.

Im 1. Petrusbrief wird Jesus als der von Gott auserwählte Eckstein bezeichnet und alle die zu ihm gehören, werden selbst zu lebendigen Steinen.

Im selben Text wird Jesus aber auch als Stein des Anstoßes bezeichnet, als Fels, der Anlass gibt, sich an ihm zu ärgern. An ihm ärgerten sich diejenigen, die nicht auf sein Wort hören, die nicht danach handeln.

Ein Stein des Anstoßes werden auch wir immer wieder in seiner Nachfolge werden, wenn wir nicht aufhören, uns für hohe Pflegestandards einzusetzen, die auch angemessen bezahlt werden müssen, wenn wir Geschlechtergerechtigkeit in der Pflege – oder weiter gefasst: Carearbeit – einfordern, wenn wir in der Gesellschaft und bei der Politik auf allen Ebenen einfordern, dass auf sonntägliches Klatschen alltägliches Handeln folgen muss.

In all unserem Denken und Tun glauben wir daran, auf einem guten Felsen gegründet zu sein, unserem Gründungswort: „Alles, was ihr für eines dieser meiner geringsten Geschwister getan habt, habt ihr für mich getan“. Amen.

Lasst uns beten

Gott des Lebens,

wir danken Dir für die Arbeit aller Menschen, die zur Fertigstellung dieses Hauses beigetragen haben. Wir danken dafür, dass die Bauarbeiten ohne größere Unfälle bewältigt werden konnten und dass wir Haus Phöbe nun beziehen durften.

Wir bitten dich für dieses Haus
Für alle, die darin wohnen
Für alle, die darin arbeiten
Und für alle, die ein und aus gehen.

Mach, dass sich alle
die in diesem Haus wohnen
darin geborgen und wohl fühlen.
Lass dieses Haus ein Ort der Geborgenheit, der Sicherheit und der Gemeinschaft sein.
Hilf zu Freundlichkeit und Rücksichtnahme im Umgang miteinander.

Schenke allen, die darin wohnen und arbeiten, friedvolle und schöne Stunden.
Bewahre dieses Haus und alle, die darin wohnen, vor allem Übel und allem Bösen.

Erfülle dieses Haus mit deiner Wärme und Güte, ja, erfülle es ganz einfach mit deinem Segen.

Gott, segne dieses Haus und mach es zu einem Segen für viele.

Nimm dein Erbarmen nicht von uns,
sondern handle an uns in deiner Milde
und leite unser Leben in Frieden. Amen