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HIV und AIDS in Deutschland
Sabine Sauer, Aids-Hilfe Bielefeld,
Bereich: Streetwork für Beschaffungsprostituierte - Angehörigengruppe

In meinem Vortrag soll es um die Situation in Deutschland gehen. Zunächst werde ich an die Anfangszeit des Auftretens von AIDS erinnern. Anschließend zeige ich die Grundlagen der AIDS-Politik und der AIDS-Prävention in Deutschland auf.
Zum Schluss gehe ich noch etwas näher auf die mit der Drogenprostitution einhergehenden Infektionsrisiken ein.

Wie alles anfing: Eine neue mysteriöse Krankheit nimmt ihren Lauf
1981 litten in den USA und in Westeuropa vereinzelt junge homosexuelle Männer an schweren Lungenerkrankungen, Hautkrebs und langwierigen Herpesgeschwüren. Diese Krankheiten beunruhigten die Fachwelt, weil sie bis dahin nur bei Patienten im Endstadium schwerer Leiden diagnostiziert worden sind.

Zunächst dachte man, dass diese Krankheitsbilder auf eine Immunschwäche zurückgehen, die irgendwie mit der Homosexualität verknüpft sein musste.
Die Bezeichnung „GRID“ tauchte auf, als Oberbegriff für die zuvor genannten ungewöhnlichen Krankheitszustände. GRID war ein Kürzel und stand für „Gay related immunodeficiency“, zu deutsch: „mit dem Schwul-Sein zusammenhängende Immunschwäche“.

Vorsichtshalber meldeten die Ärzte diese Diagnosen auf freiwilliger Basis den jeweiligen nationalen obersten Gesundheitsbehörden. In Deutschland war das zu der Zeit das Bundesgesundheitsamt in Berlin.

1982, also nur ein Jahr später wurden die gerade erwähnten schweren Lungen-, Hautkrebs- und Herpeserkrankungen nicht mehr nur bei homosexuellen Männern, sondern nun auch bei Patienten diagnostiziert, die Blutpräparate erhalten hatten.
Wenig später erweiterte sich der Patientenkreis um Menschen, deren gemeinsames Merkmal darin bestand, dass sie intravenös Drogen konsumierten.

Seit Herbst 1982 gibt es deshalb den Begriff „AIDS“. Dieses Kürzel steht für „Acquired Immune Deficiency Syndrome“, zu deutsch „erworbenes Immunschwäche Krankheitsbild“ bzw. „Erworbenes Immunschwäche-Syndrom“.
1983/1984 wurde das AIDS verursachende Virus entdeckt. Es bekam das Kürzel HIV und steht für „Human Immunodefciency Virus“, zu deutsch „Humanes Immunschwäche-Virus“. HIV befällt und zerstört Blutzellen, die für ein normales Funktionieren des menschlichen Immunsystems notwendig sind.

Seit Einführung der antiretroviralen Therapie (ART) im Jahr 1996 hat sich in den westlichen Industrieländern ein Paradigmenwechsel vollzogen. AIDS wandelte sich im Bewusstsein der Menschen immer mehr von einer tödlichen Bedrohung zu einer chronischen Erkrankung. Trotz enormer Fortschritte in der medikamentösen Behandlung ist eine Heilung von AIDS nach wie vor nicht möglich.

Im Folgenden werde ich darauf eingehen, wie man in Deutschland der Krankheit AIDS begegnet. Wie ist der Umgang mit den davon Betroffenen? Wie war es am Anfang und wie sieht es heute aus?

Gründung der AIDS-Hilfen in Deutschland
Mit Auftreten des zunächst unbekannten Syndroms - 1982 wurde bei einem schwulen Mann in Frankfurt die erste Aidserkrankung in Deutschland diagnostiziert - fanden sich vor allem schwule Männer zusammen, um auf etwas zu reagieren, das ihnen vom Hörensagen aus den USA zwar ein Begriff war, dessen Dimensionen sie aber keineswegs abzuschätzen im Stande waren.

Am Anfang herrschten Angst, Chaos und Apokalypse. Am Anfang war die Ohnmacht der Betroffenen. Lange ließen sie sich jedoch nicht lähmen, dann mussten sie sich um die Beratung, Betreuung, Pflege und Sterbebegleitung der Erkrankten kümmern. Auch der Austausch über die neuesten Erkenntnisse zum Schutz vor einer Infektion war ein zentraler Motor dieser ersten Betroffenen-Initiativen.

Am 23. September 1983, also vor 25 Jahren, gründete sich aus einem solchen Selbsthilfezusammenhang heraus die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) in Berlin.
Am 16. Januar 1984 fand die Gründungsversammlung der Münchner AIDS-Hilfe statt. Damit war die Münchner AIDS-Hilfe die erste regionale AIDS-Hilfe in Deutschland. Im gleichen Jahr gründeten sich zahlreiche AIDS-Hilfen in Deutschland. Seit 1985 gibt es auch in Bielefeld eine AIDS-Hilfe. Mittlerweile gehören der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH)130 Mitgliedsorganisationen an.

Die DAH ist Dach- und Fachverband für die Mitgliedsorganisationen, nach wie vor aber auch Interessenvertretung der von HIV und AIDS Betroffenen.

Positionierung und das Ausfechten des richtigen Umgangs
In der Anfangsphase von AIDS gab es erbitterte Richtungskämpfe bezüglich des richtigen Umgangs mit der Krankheit AIDS. Es gab starke Befürworter rechtsstaatlicher Zwangsmaßnahmen gegen HIV-Infizierte und AIDS-Kranke, die z.B. Zwangstests und Quarantäne durchsetzen wollten.

Die Medien taten ihr übriges und feuerten die allgemeine AIDS-Hysterie mit an.
Sie spielten damit den Politikern zu, die vehement für Repression und den Abbau von Bürgerrechten plädierten. Dennoch konnten sich die liberalen Stimmen in Deutschland durchsetzen. Sie wiesen immer wieder darauf hin, dass die weitere Verbreitung von HIV nur durch Prävention und Beratung ohne Diskriminierung und Ausgrenzung gebremst werden kann. Schließlich verabschiedete die Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland im Februar 1987 das Sofortprogramm zur Bekämpfung von AIDS.

Das Sofortprogramm rückte folgende Ziele in den Mittelpunkt:
1. Schutz der Bevölkerung vor einer HIV-Infektion
2. optimale Beratung und Betreuung von HIV-Infizierten und AIDS-Kranken
3. Verhinderung von Ausgrenzung und Diskriminierung Betroffener

Die Bundesregierung folgte bei der Umsetzung dieser Ziele dem Grundsatz, dass Aufklärung und Beratung Vorrang haben sollten vor repressiven Maßnahmen.

Ausgewählte epidemiologische Daten:
Deutschland hat eine konzentrierte HIV-Epidemie. Gegenwärtig leben rund 60.000 Menschen in Deutschland, die HIV infiziert sind. Die Allgemeinbevölkerung ist nur in geringem Maße betroffen. Die Prävalenz liegt hier bei circa 0,1%.

Die Prävalenz ist die Kennzahl, die aussagt, wieviele Menschen einer bestimmten Gruppe definierter Größe an einer bestimmten Krankheit - üblicherweise 10.000 oder eine Million - erkrankt sind. In Deutschland sind etwa drei Viertel der Infizierten Männer, etwa ein Viertel Frauen. 90% der HIV-Infektionen werden sexuell übertragen. Gut zwei Drittel aller Infektionen in Deutschland sind auf ungeschützten Sex zwischen Männern zurück zu führen.

Bei den HIV-Neudiagnosen steht Deutschland innerhalb der westeuropäischen Länder (1) an zweitniedrigster Stelle. Die niedrigste Rate hat Andorra. Jährlich gibt es in Deutschland etwa 3.000 HIV-Neudiagnosen. Die Anzahl der Neuerkrankungen nennt man Inzidenz. Die Inzidenzist eine epidemiologische Maßzahl.

Sie gibt die Anzahl der Neuerkrankungen
- an einer bestimmten Krankheit
- in einer Bevölkerungsgruppe definierter Größe, (oft pro 100.000 Einwohnern, was präzise ausgedrückt eigentlich die Inzidenzrate meint)
- während einer bestimmten Zeit, üblicherweise in einem Jahr an.

Im Jahr 2006 kamen in Deutschland 33 HIV-Neudiagnosen auf 1 Million Einwohner, in der Schweiz waren es 104, in den USA nach neuester Schätzung 188 und in Portugal sogar 205 Neudiagnosen pro 1 Million Einwohner. Diese Zahlen bestätigen auch die Wirksamkeit deutscher Präventionsstrategien.

Dennoch können wir uns auch in Deutschland nicht auf den niedrigen Zahlen ausruhen, denn seit 2001 steigt die Zahl der HIV-Neudiagnosen wieder an. Zwar nicht dramatisch aber kontinuierlich. Der Anstieg findet hauptsächlich in der Gruppe der Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) statt. Der Wiederanstieg der HIV-Neudiagnosen in den letzten Jahren zeigt, dass die Prävention vor neuen Herausforderungen steht.

Prävention ist ein „mühsames, fortlaufendes Geschäft“. Sie ist „nie fertig“.
Prävention muss sich ständig an die im Wandel begriffenen Bedingungen einer dynamisch verlaufenden HIV-Epidemie anpassen. Sie muss ihre Botschaften überprüfen und ihre Schwerpunkte flexibel an die epidemiologischen Trends anpassen. Nur dann kann Deutschland auch in Zukunft weiterhin so erfolgreich bei der Bekämpfung von HIV sein wie bisher.

Im Folgenden möchte ich aufzeigen, wie die HIV-Prävention in Deutschland organisiert ist und wie es gelingt, die HIV-Neuerkrankungen in Deutschland so niedrig zu halten:

HIV-Prävention in Deutschland

Organisation der HIV- und AIDS-Prävention
Die Bundesregierung hat in ihrem Sofortprogramm zur Bekämpfung von AIDS folgende Hauptakteure festgeschrieben:

  • die Gesamtverantwortung für die HIV- und AIDS-Prävention liegt beim Bundesministerium für Gesundheit
  • die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ist zuständig ist für die AIDS- Aufklärung der sog. Allgemeinbevölkerung,
  • wohingegen die Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH) mit ihren lokalen Mitgliedsorganisationen die Gruppen erreichen soll, die hauptsächlich von AIDS betroffen sind bzw. die einem hohen Risiko ausgesetzt sind, sich mit HIV zu infizieren, also z.B. schwule Männer, Drogenabhängige, Prostituierte und Inhaftierte.

Die Aufklärung durch die BZgA (s. Folie 5) ist bunt und allgemein akzeptiert.
Die DAH hingegen wendet sich mit direkten und spezifischen Kampagnen an die Hauptbetroffenengruppen. Die DAH ist auf drei Ebenen der Prävention tätig:

Das Modell der Verbindung von Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention

  • In der Primärprävention geht es um die Vermeidung von HIV-Infektionen und anderen sexuell übertragbaren Infektionen (STI). Primärpräventive Maßnahmen haben rein vorbeugenden Charakter.
  • Die Sekundärprävention hat zum Ziel, Infektionen und Erkrankungen in einem möglichst frühen Stadium zu erkennen, so dass durch eine möglichst frühe Behandlung das Fortschreiten der Erkrankung verhindert werden kann.
  • In der Tertiärprävention geht es um Hilfen für an AIDS Erkrankte, also um Pflege, Sterbebegleitung und Trauerbewältigung. Die Tertiärprävention möchte eingetretene Folgen einer Erkrankung abmildern.

Das Modell der Verbindung von Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention unter Einbindung der von HIV Betroffenen und Bedrohten gilt bis heute international als wegweisend und als maßgeblich für die vergleichsweise niedrigen HIV-Neuinfektionen in Deutschland. Viele AIDS-Hilfe MitarbeiterInnen gehören selbst den Hauptbetroffenengruppen an, sprechen ihre Sprache, kennen die AIDS-Angst und die Schwierigkeiten mit der Infektionsverhütung aus eigener Erfahrung.

Grundsätze der AIDS-Prävention
Die AIDS-Hilfen wenden das Prinzip der strukturellen Prävention an.
Grundlage dafür ist die Ottawa Charta von 1986 zur Gesundheitsförderung.
Leider kann ich die strukturelle Prävention an dieser Stelle nur kurz skizzieren:

Strukturelle Prävention zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich nicht ausschließlich auf individuelles Verhalten konzentriert (Verhaltensprävention), sondern auch Einfluss nimmt auf politische, soziale und kulturelle Faktoren, die das individuelle Verhalten beeinflussen (Verhältnisprävention).
Mindestens genauso wichtig ist der Ansatz, dass die Zielgruppen in die Prävention mit einbezogen werden, die DAH hat dies in einem ihrer Leitsätze „keine Prävention ohne Partizipation“ zum Ausdruck gebracht. Gesundheitsförderung im Sinne der strukturellen Prävention nimmt zur Kenntnis, dass es unterschiedliche Lebensweisen gibt.

Rat- und Hilfesuchende werden von AIDS-Hilfen in ihren Stärken, Schwächen und Besonderheiten respektiert. AIDS-Hilfen fördern Betroffene in ihrer Identität und Handlungskompetenz (Empowerment). Lebensweisenakzeptanz beinhaltet auch, die Differenz von Lebensweisen zu respektieren und für eine differenzierte, szenespezifische Ansprache offensiv zu nutzen.

Was dies bedeutet, lässt sich sehr gut anhand der zielgruppenorientierten Primärprävention zeigen, die sich in ihrer inhaltlichen Schwerpunktsetzung, in der Wahl der Präventionsmittel (personalkommunikative Maßnahmen, Printmedien-Einsatz, Internet-Ansprache) ihrer Wortwahl, ihrer Bildgestaltung sowie in der Festlegung von Vertriebswegen und Einsatzarten an den szenespezifischen Seh-, Denk- und Handlungsgewohnheiten ihrer jeweiligen AdressatInnen orientiert.

Zum anderen bricht Lebensweisenakzeptanz mit der Vorstellung, dass Infektionsvermeidung alles und alles andere nichts ist. In diesem Sinne geht es auch um die Anerkennung existenzieller menschlicher Sehnsüchte nach Entgrenzung, Enthemmung, Lust und Rausch... Da all dieses im „No-risk“-Bereich nur schwerlich umzusetzen ist, geht es darum, pragmatische, kreative und nicht moralisierende Ideen und Projekte zu entwickeln mit dem Ziel der Risiko- und Schadensminimierung.

Ein gelungenes Beispiel dafür sind die Spritzenumtausch- und Methadonprogramme für intravenös konsumierende Drogengebraucher und Drogengebraucherinnnen.
Diese haben sicherlich entschieden dazu beigetragen, die HIV-Prävalenz bei i.v.-DrogengebraucherInnen zu senken.

Bevor ich ganz zum Schluss meines Vortrags den Titel dieser Fachtagung aufgreife „Gemeinsam gegen Menschenhandel: Menschenhandel und HIV/STD“, möchte ich gerne noch etwas näher auf die Zielgruppe eingehen, für die ich im Rahmen meiner Streetwork auf dem Drogenstrich tätig bin.

Damit möchte ich zugleich eine Verbindung herstellen zu der größten HIV-Hauptbetroffenengruppe in Osteuropa, den heterosexuellen Drogenabhängigen im Alter von 20 bis 29 Jahren. Viele drogenabhängige Frauen gehen anschaffen, damit sie sich die teuren Drogen kaufen können. Oftmals verfügen sie über keine andere Geldeinnahmequelle.

Risiken auf dem Drogenstrich
Frauen auf dem Drogenstrich sind vielfältigen Risiken ausgesetzt, auch in Bezug auf Infektionen mit HIV oder anderen sexuell übertragbaren Infektionen (STI).

Risiko Intravenöser Drogengebrauch
Jenseits der Prostitution sind drogenabhängige Frauen schon allein auf Grund ihrer Geschlechtszugehörigkeit in Bezug auf Infektionskrankheiten wie HIV und Hepatitis stärker gefährdet als drogenabhängige Männer. Frauen finden sich in der männerdominierten Drogenszene am unteren Ende der Szenehierarchie wieder.
Wenn keine sterilen Einwegspritzen zur Verfügung stehen und eine Spritze somit von mehreren Personen benutzt wird, kriegen Frauen das Injektionsbesteck deshalb oft erst ganz zum Schluss. Enthält diese Spritze HIV- oder Hepatitis-infiziertes Restblut von einem vorherigen Benutzer, so ist damit ein hohes Ansteckungsrisiko verbunden.

Risiko Gewalt
Drogenentzug + die Bedingungen des Straßenstrichs bergen ein erhöhtes Risiko, Opfer von Misshandlungen und sexueller Gewalt zu werden. Manche Freier nutzen die Notsituation der unter Beschaffungsdruck stehenden Frauen gezielt aus: Sie versuchen die Preise zu drücken, verlangen Sex ohne Kondom oder zahlen einen Aufpreis für den Sex ohne Kondom. Manche Freier demütigen die Frauen oder erwarten ungewöhnliche Sexualpraktiken. Und je einsamer die Gegend, desto gefährlicher ist die Arbeit für die Prostituierten.

Hinzu kommen repressive Maßnahmen der Ordnungsbehörden; die ständige Gefahr, gejagt und in Polizeigewahrsam genommen zu werden, trägt nicht unerheblich dazu bei, dass sich Prostituierte fortwährend in Stress und Angst befinden. All das sind denkbare ungünstige Voraussetzungen für die Durchsetzung von Safer Sex.

Risiko private Sexualkontakte
Eine Infektionsgefahr besteht aber auch bei sexuellen Kontakten im privaten Bereich. Da drogenabhängige Frauen oftmals Beziehungen innerhalb der Drogenszene haben, besteht für sie ein nicht zu unterschätzendes Risiko, sich über den Partner mit HIV und anderen Krankheitserregern anzustecken. Drogenabhängige Frauen wenden in ihren privaten Beziehungen oftmals keine Schutzmaßnahmen an. Der Gebrauch von Kondomen erinnert die Frauen an sexuelle Kontakte mit Freiern und ist für sie daher nicht mit privaten Liebesbeziehungen vereinbar. Oftmals fehlt es den Frauen auch an Strategien zur Durchsetzung schützender Verhaltensweisen innerhalb der Beziehung, zumal wenn der Partner gewalttätig ist.

Risiko Justizvollzugsanstalten
Frauen, die illegale Drogen konsumieren und die der illegalen Prostitution nachgehen, verstoßen gegen verschiedene Gesetze. Automatisch landen sie dadurch immer wieder im Gefängnis. Wird der intravenöse Drogenkonsum in der Haftanstalt fortgeführt, so geschieht dies unter katastrophalen hygienischen Bedingungen. Hier kommt noch hinzu, dass die HIV-Prävalenz in den Haftanstalten höher ist als außerhalb der Gefängnismauern.

Ausblick
Zum Schluss möchte ich noch ganz kurz auf den Titel dieser Fachtagung „Gemeinsam gegen Menschenhandel. Menschenhandel und HIV/STD“ eingehen.

Weltweit ist es so, dass HIV und AIDS besonders in den Ländern verbreitet sind,

  • wo die Armut besonders groß ist
  • wo den Frauen keine sexuelle Selbstbestimmung zugestanden wird
  • wo es viel Gewalt und Unterdrückung gibt

All diese Faktoren arbeiten aber auch den Menschenhändlern zu. Sie finden ihre Opfer genau dort, wo die soziale Not am größten ist, da wo die Perspektivlosigkeit die Menschen anfällig macht für fatale Versprechungen. Der Kampf gegen HIV und AIDS und damit für den Schutz der Gesundheit ist immer auch ein Kampf für eine sozial gerechtere Welt und für den Erhalt der Menschenrechte. Das geht tatsächlich nur durch Öffnung, Dialog, Austausch und Wissenstransfer, durch Problembewußtsein und Sensibilisierung. Voneinander lernen ist dabei ein wichtiges Stichwort.

Übertragungen der Konzepte und Erfahrungen sind natürlich nie 1:1 möglich, aber das Eine oder das Andere lässt sich gewiss unter Berücksichtigung des jeweiligen kulturellen Kontextes umsetzen.

Nur gemeinsam können wir uns auf die Suche nach Lösungen begeben.

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(1) Das European Center for Disease Control (ECDC) zählt die folgenden 23 Länder zu Westeuropa: Andorra, Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Island, Irland, Israel, Italien, Luxemburg, Malta, Monaco, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, San Marino, Spanien, Schweden, Schweiz.
 

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