Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitarbeiterinnen und
Kolleginnen von Tamar,
ich freue mich heute ein Grußwort sprechen zu können.
Dies halte ich in zweifacher Funktion: zum einen als eine der Vorstandsfrauen des bufas, unseres bundesweiten Dachverbandes der Fachberatungsstellen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, der inzwischen fast 30 Mitglieder zählt. Auch Tamar gehört dazu.
Zum anderen als Leiterin der Beratungsstelle Madonna e.V., die in Bochum ansässig ist und Unterstützung für Sexarbeiterinnen anbietet.
Tamar hat eine Zweigstelle im Münsterland bekommen.
Dies ist gut für diejenigen, die in der Sexarbeit arbeiten und Unterstützung benötigen.
Oftmals sind es die alltäglichen Dinge, die wichtig sind. Wie finde ich eine Wohnung, wo bekomme ich einen Kindergartenplatz für meine Kinder und Ähnliches.
Wir als Beratungsstellen versuchen zu helfen, zu unterstützen, solidarisch zu agieren.
Manchmal ist es der Druck aus der Sexarbeit, der die Menschen zu uns bringt. Doch noch viel häufiger ist es das gesellschaftliche Stigma.
Sexarbeiterinnen werden diskriminiert, in fast allen Lebensbereichen. Sie haben oft keinen vorzeigbaren Lebenslauf und können nicht offen über ihre Arbeit reden - obwohl sie Familien ernähren, wird ihre Arbeit unsichtbar gemacht.
Momentan haben Sexarbeiterinnen mit dem neuen, sogenannten Prostituiertenschutzgesetz, welches seit 01.07.2017 in Kraft ist, zu tun.
Sie müssen sich zwangsberaten lassen durch Behörden und bekommen danach einen sogenannten Hurenpass, den sie bei sich führen müssen. Sie können sich selber ausdenken, was dies heißen mag.
Im Vorfeld kritisierten viele große Verbände das Gesetz. Besonders aber die Sexarbeiterinnen selber kritisierten es. Weitestgehend ohne ihre Anhörung wurde es verabschiedet. In einer Branche, in welcher es keine Ausbildung oder gewerkschaftliche Vertretung gibt, welche aber trotzdem seit Jahrhunderten existiert, ist eine Regelung über die Köpfe der Beteiligten nicht möglich.
Menschen in der Prostitution benötigen etwas ganz anderes: Rechtssicherheit, Sicherheit darüber, daß sie in Deutschland leben und arbeiten dürfen. Ob in der Prostitution oder nicht entscheiden sie selber.
Auch die Diskussion darüber, ob hauptsächlich Migrantinnen in der Prostitution arbeiten, ist hier fehl am Platz. Oftmals kommen die Frauen aus dem EU-Ausland. Sie dürfen und sie wollen hier leben.
Doch Politik und Gesellschaft hätte sie gerne nicht hier, zumindest nicht als Sexarbeiterinnen. Gerne als Putzfrauen oder Au-Pair, als Kellnerinnen oder in anderen schlecht bezahlten Jobs. Aber als Prostituierte? Wo sie ihr eigenes Geld verdienen und selber ihr Leben gestalten? Das wird nicht gerne gesehen.
Viele Themen kommen hier zusammen: Moral, Ethik, Sexualität, Gesellschaft, die Frauenfrage und Vieles andere, was sich kaum aufzählen lässt.
Die Satzung unseres Dachverbands bufas gibt vor:
Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter verdienen Respekt und die Anerkennung ihrer Menschenrechte.
Das ist es, was uns als Beratungsstellen eint.
In unserer Beratungsarbeit geht es nicht darum, Menschen zu retten, weil wir ein bestimmtes Bild von Leben haben.
Es geht darum, Menschen zu unterstützen, weil sie ihr Bild von ihrem Leben umsetzen wollen.
Oft geschieht dies aus ökonomischen Gründen, doch darüber sollten wir uns bewusst sein, wenn wir in einem Gebilde wie der EU leben. Hier gibt es sehr große Unterschiede zwischen reich und arm. Und natürlich kommen Menschen aus anderen Ländern, um Geld zu verdienen. Sie wollen für sich und ihre Angehörigen ein besseres Leben. Dieses Recht haben sie und darin unterstützen wir sie.
Daher freue ich mich, daß auch hier in Münster eine Beratungsstelle entstanden ist.
Sicherlich gibt es unterschiedliche Ansätze in der Beratungsarbeit, da wir auch unterschiedliche Träger haben – manchmal kirchlich, manchmal freie Träger. Doch uns verbinden unsere Ziele: die dauerhafte Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Sexarbeiterinnen, die rechtliche und soziale Gleichstellung von ihnen.
Damit genug der politischen Ziele.
Ich wünsche der Beratungsstelle im Namen des bufas, unserer Dachorganisation, als auch im Namen der Beratungsstelle Madonna, den Mitarbeiterinnen und allen Mitstreiterinnen, dass wir gemeinsam miteinander arbeiten und ganz besonders, dass wir immer darauf hören, was diejenigen wollen, die zu uns kommen.
Dies ist ein hehres Ziel der sozialen Arbeit, welches wir nicht vergessen sollten.
Ich wünsche allen einen schönen Tag und Tamar einen guten Start.