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Grußwort Christel Bender
Stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Wetter

Es gilt das gesprochene Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Festgäste aus nah und fern,
liebe Bewohnerinnen und Bewohner,
liebe Mitarbeitende, Freunde und Förderer des Frauenheims in Wengern,

90 Jahre wird die älteste diakonische Einrichtung der westfälischen Frauenhilfe heute. Wie es sich gehört, hat diese 90-Jährige eine ganze Menge erlebt, eine ganze Menge Geschichte und Geschichten auf dem Buckel. Wichtiger ist aber anzumerken, dass die 90-Jährige zwar durchaus betagt, aber höchst vital und gut gerüstet für viele weitere Jahre und Jahrzehnte ist.

Ich möchte dem Frauenheim und allen dort Wirkenden deshalb meine herzlichen Glückwünsche zum runden Geburtstag aussprechen. Gerne überbringe ich auch die besten Wünsche von Rat und Verwaltung der Stadt Wetter (Ruhr).

Der Name „Frauenheim Wengern“, Einheimische sagen genauer „Frauenheim Esborn", ist so etwas wie ein Markenzeichen für die moderne Einrichtung mit dem Auftrag, behinderte Menschen zu betreuen und wiedereinzugliedern. So einem Markenzeichen darf man nicht plötzlich einen neuen Namen geben, obwohl sich Arbeit, Bedeutung und Auftrag des Frauenheims in seiner Geschichte deutlich gewandelt haben und zumal seit acht Jahren auch Männer aufgenommen werden, wie die meisten von Ihnen längst wissen werden.
„Beständig in Bewegung", so lautet das Motto für das Jubiläumsjahr, passt deshalb wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge.

Meine Damen und Herren, liebe Gäste,
aus Sicht der Stadt Wetter gratulieren wir heute einem der beiden großen medizinisch-sozialen Dienstleister und bedeutendem Arbeitgeber unserer Stadt. Beide Häuser, das Frauenheim wie die Evangelische Stiftung, sind deutschlandweit bekannte Namen in der sozialmedizinischen Dienstleistungsbranche, beide haben sich auf den Höhen niedergelassen, in Esborn bzw. Volmarstein, beide wirken aber keinesfalls hochherrschaftlich, sondern unterhalten zahlreiche Wohnungen und Einrichtungen im ganzen Stadtgebiet. Und obwohl beide nicht unbedingt kommunal, sehr wohl aber regional wirken, bin ich froh, dass sie sich auch immer wieder interessierten Bürgerinnen und Bürgern in Wetter öffnen. Sei es durch Veranstaltungen und Feste, durch Gemeindearbeit oder am Beispiel Frauenheim durch den Bioladen inmitten des Gebäudeensembles. Ich finde es wichtig, wenn unsere Bürgerinnen und Bürger wenigstens eine ungefähre Antwort auf die Frage haben: Was machen die da eigentlich in Esborn? Sie sind auch engagiert in der Kommunalpolitik durch Frau Spiegelberg, die die Verbindung von Einrichtung und Stadt (Integration in politisches Geschehen) als Vorsitzendes des Behindertenbeirates ganz dicht hält und pflegt.

Ich bin auch froh, dass die Verantwortung Tragenden offen und transparent mit der Geschichte des Hauses umgehen und zum Beispiel das Menschenbild der Mitarbeitenden in den ersten Jahren der Einrichtung hinterfragen oder die während des Nationalsozialismus begangene Straftat von 76 Zwangssterilisationen in Esborn nicht verkleistern, sondern dieses Ereignis als historische Tatsache benennen und auch heute um Entschuldigung und Vergebung bitten, wie im Gottesdienst vorhin geschehen. Ich mag den Begriff vom „Kind der Zeit" zu sprechen nicht sonderlich, jedoch müssen wir uns immer vor Augen halten, dass die Geschichte des Frauenheims auch ein Stück deutsche Sozialgeschichte mit allen bedeutenden Ausschlägen nach oben und unten ist.

In den vergangenen 90 Jahren ist die Arbeit im Frauenheim vielen Wandlungsprozessen unterworfen gewesen. Wir erinnern uns: 1917 ging es in den Jahren sozialer Verwerfungen und wirtschaftlicher Erschütterungen um die Betreuung „gefährdeter und verwahrloster Frauen und Mädchen". Der kleinste gemeinsame Nenner war und ist bis heute aber geblieben: Frauen mit Behinderungen Hilfe anzubieten.

Dieser Auftrag ist immer wieder anders oder neu formuliert worden. Heute lesen wir ihn so, dass Wohnen und Arbeiten mit Menschen mit Behinderungen Schwerpunkt der täglichen Arbeit geworden ist. Hauptziel der Hilfsbedarfplanung ist Selbstbestimmtheit und Eigenständigkeit der Menschen, wofür mit stationären und ambulanten Plätzen, Arbeits- und Ausbildungsangeboten, ambulanten Diensten und auch theologischen Angeboten eine Vielzahl von Instrumenten geschaffen und zur Verfügung stehen, die vor allem die Persönlichkeit der oder des Hilfesuchenden berücksichtigen.

Auf dem Wege der Gesetzgebung hat sich zum Wohle von behinderten und benachteiligten Menschen einiges gebessert. Das ist sicherlich nicht zu vergessen, wenn wir die vergangen 90 Jahre Revue passieren lassen und darauf achten, wie das Umfeld die Arbeit des Frauenheims beeinflusst hat. Ich erinnere zum Beispiel an das Benachteiligungsverbot, festgehalten in Artikel 3 des Grundgesetzes. Genau so wichtig wie der Gesetzestext ist allerdings die praktische Umsetzung. Und hier stimme ich Edelgard Spiegelberg zu, die seit über 15 Jahren das Frauenheim erfolgreich leitet, wenn sie sagt: „Wir müssen weiterhin dafür kämpfen, dass Menschen mit Behinderungen in ihrem Anderssein angenommen und respektiert werden, dass Teilhabe nicht von der Finanzierbarkeit abhängig ist.“

Diese Aussage, verehrte Frau Spiegelberg, dient mir als passendes Schlusswort und wichtiger Wunsch für die Zukunft. Schließlich wünsche ich dem Frauenheim für die nächsten Jahre vor allem eines: Das die Menschen, die dort leben und arbeiten, sich wohl fühlen. Denn nur das ist beste Bestätigung für die tägliche Arbeit.

Glück auf!
Christel Bender
 

Landesverband der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. Feldmühlenweg 19 59494 Soest
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