Grußwort von Superintendent Michael Krause, Kirchenkreis Herford

Sehr geehrte Frau Reiche, sehr geehrte Frau Schmidt, sehr geehrte Frau Thomann-Stahl, sehr geehrte Frau Blatz, liebe Frauen von der westfälischen Frauenhilfe, liebe Mitarbeiterinnen von Nadeschda und Theodora, verehrte Gäste,

ich freue mich als Vertreter des Kirchenkreises Herford Theodora grüßen zu dürfen. Ich darf auch die Grüße der Superintendenten aus den Kirchenkreisen aus den Nachbarkirchenkreisen Lübbecke, Minden und Vlotho überbringen.

Mit Theodora ist nun eine schon länger gereifte Idee der westfälischen Frauenhilfe zur Realisation kommen. Theodora ist die jüngere Tochter, die sich jetzt mit ihrer älteren Schwester Nadeschda auf den Weg macht.

Ich bin dankbar, dass dies so werden konnte. Die Frauenhilfe ergänzt damit ihre Anti-Gewalt-Arbeit um einen wichtigen Bereich und setzt so ihr sozial-diakonisches Handeln auf überzeugende Weise fort.
Es mag dem einen oder der anderen so gehen, dass er oder sie über dieses Engagement der Frauenhilfe überrascht ist. Nicht allen ist nämlich vor Augen, dass die Frauenhilfe neben der biblisch gegründeten Spiritualität und der Einladung, Gemeinschaft in Gemeinden und anderen Zusammenhängen zu erfahren, einen Schwerpunkt in der sozialen Arbeit hat.

Ich bin kürzlich über einen Eintrag bei Wikipedia gestolpert, der mich zunächst etwas den Kopf schütteln ließ, den ich heute aber eher von der humorvollen Seite betrachten möchte. Da stand holzschnittartig zu lesen: „Die ursprünglich soziale und diakonische Ausrichtung der Frauenhilfsvereine, die tatsächlich Anderen Hilfe bot (z.B. durch das Engagement in Müttergenesungswerken für Frauen aus ärmeren Schichten), hat sich heute stark gewandelt. Das Problem der heutigen Frauenhilfsbewegung ist die Überalterung ihrer Mitglieder und der mangelnde Nachwuchs. Dennoch ist die Frauenhilfsarbeit ein Schwerpunkt der evangelischen Gemeindearbeit in Deutschland.“

Ein etwas sonderbares Bild wird hier gezeichnet. Das „Dennoch“ ist erstaunlich.
Warum soll ein Schwerpunkt kirchlicher Arbeit nicht auch da liegen, wo Menschen älter geworden sind?, könnte man zum einen fragen.
Zum anderen ist es wohl so, dass sich eine Frauenhilfsstunde, wie man sie - sagen wir - an einem Mittwochnachmittag in einer Gemeinde unseres Kirchenkreises erleben kann, durchaus von dem unterscheidet, wie es vor 100 Jahren war. Das bedeutet aber nicht, dass die Hilfe für andere heutzutage unterbelichtet wäre.

Die westfälische Frauenhilfe ist - seit es sie gibt - auf der sozial-diakonischen Spur geblieben.
Gab es während des ersten Weltkrieges die Eröffnung des Frauenheimes in Wengern für „gefährdete und verwahrloste Mädchen und Frauen“, so ist es Ende der 90er Jahre zur Gründung von Nadeschda gekommen und nun tritt Theodora hinzu. Diese Spur im Themenfeld Prostitution ist nur eine von vielen im Bereich der sozial-diakonischen Arbeit.

Und diese Arbeit wird unterstützt gerade auch von der klassischen Frauenhilfe am Mittwochnachmittag. Mit guten Gedanken, mit Spenden, mit Gebeten.
Die Frauen, die dort zusammenkommen, und die ein hohes Alter erreicht haben mögen, haben oftmals in ihrer Lebensgeschichte besonders in den Tagen des Krieges und er Flucht hautnah Gewalterfahrungen machen müssen.
Ich habe immer wieder viel Sympathie und Solidarität bei den Älteren gespürt für die Projekte die heute dran sind, wenn Frauen in Not geraten.
Und so ist es gut, dass Sie sich für Theodora auf den Weg gemacht haben.

Als Mitarbeitende von Nadeschda haben Sie auf den Bedarf hingewiesen, über die Beratungsarbeit für jene, die Opfer von Menschenhandel geworden sind , hinaus, generell jene zu unterstützen, die aus der Prostitution aussteigen wollen. Sie genießen ein hohes Vertrauen bei den Frauen und merken, wie ihr Dienst angenommen wird.

Als Verantwortliche in der westfälischen Frauenhilfe haben Sie finanzielle Möglichkeiten ausgelotet.
Das ist mühevoll, zum Glück gibt es großzügige Stiftungen und Spender. Dennoch bleibt auch ein Risiko. Mit Hochachtung können wir heute zur Kenntnis nehmen, dass Sie um der Sache willen das Risiko nicht scheuen. Es ist meine Hoffnung, dass für die überzeugende und gesellschaftlich relevante Aufgabe sich weitere Mittel finden werden.

Nun ist es durchaus an uns allen, das begonnene Netzwerk weiter zu knüpfen und nach unseren Kräften Unterstützung zu geben. Wenn für die Frauen der Ausstieg gelingen soll, dann müssen wir auch - aus einer gemeinsamen Verantwortung heraus - ihnen zeigen können, wohin es für sie gehen kann. Für die Perspektiven kann Theodora nicht allein sorgen.

Der Einsatz lohnt sich, die Arbeit wird den Frauen helfen.
Es ist schön, dass die Frauenhilfe diesen gleichermaßen überlegten wie mutigen Schritt unternimmt. Die Einrichtung wird sich als Gottesgeschenk erweisen - nichts anders bedeutet ja der Name Theodora dem Wortsinne nach. Und irgendwann wird bei Wikipedia dann auch ein anderer Text stehen.
Gott befohlen.