Dokumentation

5 Jahre TAMAR Südwestfalen | 13.12.2019

Frauenhilfe berät und begleitet durch TAMAR Mädchen und Frauen in Südwestfalen, die in Clubs, Bars, Appartements, Wohnungen, Wohnwagen und Kneipen sexuelle Dienstleistungen anbieten.

Erika Denker

Grußwort
Erika Denker

Vorstand der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V.

„Wir geben die Hoffnung nicht auf und feiern trotzdem das fünfjährige Bestehen der Beratungsstelle TAMAR Südwestfalen“, so lesen Sie in der Einladung.
Wir freuen uns, dass Sie mit uns diese Hoffnung teilen und heute zum Geburtstagsfest nach Soest gekommen sind! Viele von Ihnen waren aktiv und engagiert an den vielen kleinen und großen Schritten beteiligt, die es bedurfte, um diesen 5. Geburtstag zu erreichen.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste, liebe Mitarbeiterinnen,

Hoffnungsvoll darf ich Ihnen heute herzliche Grüße vom Vorstand der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen überbringen. Unsere Vorsitzende Angelika Waldheuer ist leider verhindert, sie hat mir ebenfalls herzliche Grüße mitgegeben und ist heute in Gedanken dabei.

Am 01. Oktober 2014 nahm die Beratungsstelle TAMAR Südwestfalen ihre Arbeit auf. - Wie kam es dazu? - Welche Schritte gingen voraus?
Die langjährige Erfahrung der Frauenhilfe in den Beratungsstellen Nadeschda und Theodora in Ostwestfalen ließ vermuten, dass in Südwestfalen ein ähnlicher  Beratungsbedarf für Frauen, die in der Prostitution arbeiten, wie in Ostwestfalen besteht. Da lag es nahe, genauer hinzusehen und Zahlen zu ermitteln. Die Recherche zeigte schnell einen weißen Fleck bzgl. qualifizierter Beratung in Südwestfalen und dringenden Handlungsbedarf.
Mit einer überzeugenden Konzeption konnte Frau Reiche die Bewilligung für eine 3jährige Förderung durch „Aktion Mensch“ erreichen, so dass die Grundlage für den konkreten Aufbau einer Prostituierten- und Ausstiegsberatungsstelle gegeben war.
Im Juni 2014 fanden eine erste Pressekonferenz und ein Fachgespräch in Siegen statt. Der Titel: „Von der Dorfschänke zum Sexclub, Prostitution und Menschenhandel im ländlichen Raum“. Die Veranstaltung erfuhr großen Zuspruch in Fachkreisen und in der Öffentlichkeit.  
Zur Unterstützung bildete sich schnell ein „Regionaler AK Prostitution“ mit Vertreterinnen aus Frauenvereinen, Verbänden und Institutionen wie BZV der Frauenhilfen, CDU Frauenunion, Deutscher Frauenring Siegen, Gleichstellungsbeauftragten, Inner Wheel Club Siegen, KfD, und SkF. Einige Damen aus dem Arbeitskreis Prostitution sind heute auch hier, um mit uns die Hoffnung zu feiern.
Dank dieser geballten Frauenpower konnte in der Bevölkerung und vor allem in kommunalen Gremien das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Prostituiertenberatung im ländlichen Raum geweckt werden.

„So was gibt es bei uns nicht, Prostitution gibt’s in Dortmund, Köln, Berlin, aber doch nicht bei uns auf dem Land“, hörten wir immer wieder.

Es fanden viele Gespräche und Aktivitäten statt, manchmal gab es süffisante Bemerkungen bis hin zu verletzenden und beleidigenden Aussagen von Herren in politischen Gremien, so wurde mir berichtet.

Prostitution findet statt, - aber drüber sprechen, das gehört sich nicht. -  Ich durfte die Beratungsstelle TAMAR 2016 bei einem Essen der Lions vorstellen. Das Ergebnis waren interessierte Zuhörer (Herren) und 7.000 Euro Spende. Darüber sprechen lohnt sich eben doch, und bewirkt häufig eine veränderte Blickrichtung.
Auch der Soroptimist International Club Siegen unterstützte Tamar mit 6.000 Euro, zusätzlich halfen kleine und große Spenden und Kollekten, Stiftungsmittel und Bußgelder den Beratungsbus und die laufenden Kosten mit zu finanzieren.
Während der Förderung durch Aktion Mensch wurde von vielen Menschen aus Haupt- und Ehrenamt, aus Politik und Verbänden heftig daran gearbeitet, eine Anschlussfinanzierung zu erreichen. Im April 2018 kam die hoffnungsvolle Botschaft:
„Nach andauerndem politischem Druck auf unterschiedlichen Ebenen können Prostituierte in Südwestfalen und Hamm sich weiterhin an die Beratungsstelle TAMAR wenden. Die Finanzierung des Projektes ProBOA „Prostitution: Beratung, Orientierung, Ausstieg“ der Beratungsstelle TAMAR sichert den Fortbestand mit zwei Stellen für zwei Jahre“, so steht es in einem Pressebericht.
Das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen hat einer Förderung des durch den Europäischen Sozialfonds kofinanzierten Einzelprojektes ProBOA zugestimmt. Durch die Trägerin, die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V., und den Bezirksverband der Siegerländer Frauenhilfen e.V. konnte die 6monatige Finanzierungslücke zur Fortsetzung der Arbeit der Beratungsstelle aus Eigenmitteln bis einschließlich März 2018 geschlossen werden.

Jeder kleine Schritt macht Hoffnung. Es stecken unzählige Stunden Arbeit in der Mittel-Akquise, dafür ganz herzlichen Dank auch an Frau Reiche und alle beteiligten Mitarbeiterinnen.

Dank der Hartnäckigkeit engagierter Frauen in den Gremien und der überzeugenden Präsentation der Arbeit durch die Mitarbeiterinnen ist es 2019 gelungen eine Kooperationsvereinbarung mit dem Kreis Siegen-Wittgenstein zur finanziellen Beteiligung abzuschließen.
Leider bisher nur mit dem Kreis Siegen-Wittgenstein, - aber wir geben die Hoffnung nicht auf.
Es laufen weitere Gespräche.

Für mich ist das Projekt TAMAR ein wunderbares Beispiel, was gemeinsam bewirkt werden kann, wenn viele Menschen an unterschiedlichen Orten am gleichen Ziel arbeiten.

Im Namen des Vorstandes danke ich Ihnen allen für Ihr Engagement und Ihre Verbundenheit mit der Beratungsstelle TAMAR. Lassen Sie uns festhalten an der Hoffnung, dass es über April 2020 hinaus weiter gehen wird.

Und heute möchten wir fröhlich miteinander das Geburtstagsfest feiern.