Dokumentation

5 Jahre TAMAR Südwestfalen | 13.12.2019

Frauenhilfe berät und begleitet durch TAMAR Mädchen und Frauen in Südwestfalen, die in Clubs, Bars, Appartements, Wohnungen, Wohnwagen und Kneipen sexuelle Dienstleistungen anbieten.

Johanna Thie

Grußwort
Josefine Paul

MdL, frauenpolitische Sprecherin die Grünen/Bündnis 90 NRW

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrtes Team der Beratungsstelle Tamar,

ich freue mich sehr über die Einladung zu Ihrem Jubiläum. Fünf Jahre Tamar, das ist ein Grund zu feiern, auch wenn die aktuelle Situation der Beratungsstelle keine ganz einfache ist.
Mit Ihrer Arbeit nehmen sie die Frauen in den Blick, die oftmals am Rand der Gesellschaft stehen und darüber hinaus oft von prekären Lebensverhältnissen betroffen sind. Die Etablierung einer Beratungsstelle wie Tamar war keine Selbstverständlichkeit, denn, wie sie selbst beschreiben, war die Reaktion auf eine Prostitutionsberatungsstelle in dieser Region oftmals: Das gibt es hier doch gar nicht.

Mit dem Prostitutionsgesetz aus dem Jahr 2001 ist seinerzeit Prostitution zwar legalisiert worden, aber bis heute nicht entstigmatisiert. Prostitution ist sicherlich kein Gewerbe, wie jedes andere oder ein Beruf, wie jeder andere, das entscheidende in Ihrer Arbeit aber ist, dass Sie immer von den Frauen ausgehen. Es geht um Menschen, die in der Prostitution arbeiten und um ihr Selbstbestimmungsrecht. Es geht um Bedingungen in der Sexarbeit und um Perspektiven in und jenseits der Prostitution. Aber vor allem geht es eben um Menschen.

Mit den Diskussionen um das Prostituiertenschutzgesetz waren seinerzeit die Hoffnungen verbunden, dass die Menschen in der Sexarbeit im Mittelpunkt stehen sollten. Doch nun zeigt sich, dass dies ein Trugschluss ist. Das Prostituiertenschutzgesetz stärkt eben gerade nicht die Prostituierten und setzt dort auf Repression, wo eine Stärkung der Beratungsinfrastruktur und der Selbstbestimmung der richtige Weg wären. Die Evaluation der Umsetzung in NRW im Auftrag des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung hat gezeigt, dass das Gesetz das Ziel der Verbesserung der Bedingungen und der Selbstbestimmung in der Prostitution verfehlt. Expert*innen hatten schon im Diskussionsprozess und Gesetzgebungsverfahren immer wieder darauf hingewiesen, dass dieses Gesetz Prostituierte weder stärkt noch schützt, sondern leider in einigen Bereichen sogar das Gegenteil erreicht. Insbesondere die Beratungsstellen hätten eine Stärkung durch das Gesetz erfahren müssen. So werden sie zwar im Gesetz erwähnt, ihre Arbeit wird allerdings nicht durch das Gesetz abgesichert.

Erschwerend kommt hinzu, dass in den letzten Wochen und Monaten ist das sog. Nordische Modell wieder verstärkt in die Diskussion geraten. Ich bin froh, dass viele Frauenverbände, unter ihnen auch der Deutsche Frauenrat, ein Verbot der Prostitution ablehnen. Denn ein solches Verbot schützt nicht Sexarbeiter*innen, sondern es schützt vor allem die Gesellschaft vor einer differenzierten Auseinandersetzung mit dem Thema Prostitution.

Zu einem Jubiläum bringt man üblicherweise Geschenke mit und sicherlich hätten Sie sich am meisten gewünscht, dass wir heute nicht nur fünf Jahre erfolgreiche Arbeit von Tamar feiern können, sondern auch die Perspektive auf die nächsten Jahre gesichert wäre. Ich weiß, dass Sie nie die Hoffnung aufgeben und mit großer Beharrlichkeit dieses wichtige Projekt und seinen Erhalt verfolgen. Dafür möchte ich dem ganzen Team von Tamar ganz herzlich danken!
Die Stärkung der Beratungsstrukturen in ganz NRW ist uns ein gemeinsames Anliegen. Daher hoffe ich, dass es uns gemeinsam gelingen wird, dieses Ziel zu erreichen.

Ich gratuliere Ihnen ganz herzlich zu Ihrem 5. Jubiläum und hoffe, dass wir auch gemeinsam weitere Jubiläen feiern werden.